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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne
Autoren: Nicole C. Vosseler
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errichtet worden, wo sie auf ihrem Lager aus Dutzenden von Polstern und Kissen die langen Stunden zwischen dem frühen Morgen und dem späten Abend zubrachte und darauf wartete, dass jemand vorbeikam, der ihr die Zeit vertrieb.
    Salimas Jubellaune fiel in sich zusammen, und etwas begann hässlich in der Gegend ihres Brustbeins an ihr zu nagen. Metle war immer so selbstlos, stets darauf bedacht, anderen Gutes zu tun, von Natur aus fügsam und vernünftig. Nicht so wie ich …
    »Aber du kommst doch mit?«, wandte sich Salima an Ralub, beinahe bittend.
    Den Kopf gesenkt, kämpfte er mit sich, fuhr mit dem großen Zeh über die festgetretene Erde. Es war ihm anzusehen, wie gern er sich Majid und Salima angeschlossen hätte. Doch weil Ralub und Metle unzertrennlich waren wie Zwillinge und er stets dem Beispiel seiner großen Schwester folgte, straffte er sich schließlich tapfer und schüttelte den Kopf. »Ich gehe mit Metle.«
    Salima verspürte den brennenden Wunsch, es den beiden gleichzutun und großmütig auf den Ausritt zu verzichten.Nicht um der Gesellschaft der beiden willen, nicht deshalb, weil sich die Mutter von Metle und Ralub gewiss auch über einen Besuch Salimas gefreut hätte, sondern einzig und allein, um ein gutes Mädchen zu sein. Nur ein Mal – ein einziges Mal …
    Traurig blickte sie Majid nach, der in Richtung der Stallungen vorausgegangen war, und das Sehnen nach dem Meer, dessen Salz sie schon auf der Zunge zu schmecken glaubte, wurde zu einem Schmerz in ihrem schmalen Leib.
    Morgen – morgen kann ich auch noch ein gutes Mädchen sein, durchfuhr es sie, und morgen werd ich’s auch sein! Aber heute – heute muss ich …
    »Grüßt eure Mutter lieb von mir!«, rief sie Metle und Ralub über die Schulter hinweg zu, während sie in großen Sprüngen Majid hinterhersetzte, plötzlich wieder ein Jauchzen in ihrer Brust verspürend.

    »Ich will auch so ein Pferd«, murmelte Salima hingerissen, nachdem einer der Stallknechte sie in den Sattel gehoben hatte. Behutsam legte sie die Arme um den starken Hals der Stute und drückte ihr Gesicht in das braune Fell, das warm war und auch genauso warm roch.
    Majid lachte, als er sich hinter ihr aufschwang und einem zweiten Knecht die Zügel abnahm. »Du hast doch eben erst einen schönen Muskatesel bekommen!«
    Wiegenden Schrittes setzte sich das Reittier in Bewegung, und Salima richtete sich wieder auf.
    »Ich will aber lieber ein richtiges großes Pferd haben«, beharrte sie, auch wenn sie sich dabei ein bisschen undankbar vorkam. Hatte sie vor zwei Jahren ihre Reitstunden wie alle Kinder des Palastes auf einem Pferd begonnen, das vom Reitlehrer am Zaumzeug im Kreis herumgeführt wurde, hatte sie schon bald allein auf einem lammfrommen, weil fortwährendschläfrigen Esel gesessen und dann auf einem schokoladenfarbenen langbeinigen Muskatesel. Bis ihr Vater ihr vor Kurzem einen makellos milchweißen Muskatesel geschenkt hatte, eine edle Züchtung, die mitsamt dem kostbaren Geschirr ebenso teuer kam wie ein Vollblutaraber.
    »Deine Beine sind doch noch viel zu kurz«, neckte Majid sie und zwickte sie leicht in den Oberschenkel, sodass sie aufquietschte. »Wenn du noch ein Stück gewachsen und groß genug bist, schenke ich dir eine von meinen Stuten.«
    Salima hielt den Atem an. »Versprochen?«
    »Versprochen! Welche Farbe darf es denn für die hochwohlgeborene Sayyida Salima sein?«
    »Schwarz«, kam es, ohne zu zögern, genüsslich von ihr. »Schwarz und nichts anderes.«
    »Sehr wohl, schwarz also«, gab Majid lachend zurück. »Nie das, was alle anderen Mädchen hübsch finden. Für dich muss es immer etwas ganz Besonderes sein, nicht wahr, Salima?«
    Weil Salima nicht wusste, ob das in Majids Augen nun etwas Gutes oder etwas Schlechtes war, zog sie nur verlegen eine Schulter hoch, zwirbelte die Mähne der Stute zwischen den Fingern und blieb für eine Weile still.
    Im Schritttempo zogen die Gebäude des Palastes von Beit il Mtoni vorüber: teils noch neu, teils schon in einem mehr oder minder fortgeschrittenen Stadium des Verwitterns begriffen, geweißelt, hellgelb bemalt, noch oder schon wieder in ihrem ursprünglichen, rosig und bläulich überhauchten grauen Stein. Umso üppiger wirkte all das Grün, das die Mauern umwucherte: ausladende Bananenstauden und Tamarinden mit ihrem fedrigen Laub und den wächsernen rotgeäderten Blüten in Hellgelb. Hoch, so hoch wuchs der Hibiskus und stellte seine zarten Blütenteller in Scharlach, Pomeranze und Weiß
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