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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin
Autoren: Sandra Melli
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urteilen, handelte es sich um ein weibliches Wesen, das sich auf wunderbare Weise von den Menschen unterschied. Die Frau wirkte so warm und stark, dass Laisa unwillkürlich zu schnurren begann.
    Dieses Geräusch hoch über ihren Köpfen erschreckte die Handelsherren und ihre Untergebenen, und sie wichen ein Stück zurück. Grom hob beschwichtigend seine Rechte, deren Krallen zum Zeichen der Friedfertigkeit eingezogen waren. »Habt keine Angst! Da oben hockt nur ein ungezogener Katling!«
    Angesichts von Laisas Größe waren Groms Worte jedoch nicht geeignet, die Besorgnis der Besucher zu beschwichtigen. Vor allem ihr Anführer, der reichste Kaufherr der nahe gelegenen Stadt, hatte nicht vergessen, dass ausgerechnet dieser stahlgraue Wildling ihm vor ein paar Jahren einen teuren Umhang zerfetzt hatte. Als er nach oben blickte, schluckte er. Laisas Fänge sahen nun so aus, als könnte sie ihm mit einem Biss das Genick brechen. Vorsichtshalber trat er noch ein paar Schritte zurück und betete, dass die Katze auf ihrem Ast blieb.
    Grom, der im Namen der Dorfbewohner mit ihm verhandelte, kam dadurch so aus dem Konzept, dass er Teile seiner wohlvorbereiteten Rede vergaß und zu stottern begann. Daraufhin winkte der Handelsherr heftig ab. »Ist ja schon gut! Ich nehme fünfzig von Euch, darunter ein Drittel Neulinge.«
    »Müssen es wirklich so viele sein, Vater? Meiner Ansicht nach ist schon die Hälfte mehr als genug«, wandte ein junger Mann ein, der wie eine dünnere Ausgabe des Kaufmanns wirkte.
    Dieser warf seinem Sohn einen strafenden Blick zu. »Willst du das Gesindel der Wälder verlocken, unseren Wagenzug zu überfallen, oder jeden kleinen Fürsten animieren, unverschämten Zoll zu verlangen? Da sind die Katzenleute allemal billiger. An fünfzig von denen wagt sich keine Räuberbande heran, und die Zolleintreiber überlegen es sich dreimal, ob sie mehr als den vorgeschriebenen Satz verlangen sollen.«
    Damit wandte er sich wieder dem Häuptling der Katzenleute zu, um den Vertrag mit ihm zu schließen.
    Grom grinste zufrieden. Wenn schon der erste Handelsmann so viele seiner Leute anheuerte, würde er auch den Rest verdingen können. Das verhieß ein weiteres Jahr Wohlstand für das Dorf. Mit einem leisen Schnurren rief er nacheinander seine besten Leute nach vorne. Die meisten Männer hatten schon mehrere Handelszüge begleitet und besaßen genügend Erfahrung, und diejenigen, die ihre Ausbildung gerade abgeschlossen hatten, würden auf dieser Reise weiter lernen. Es waren auch etliche junge Katzenfrauen dabei, doch diese zogen in der Regel nur zwei- oder dreimal mit einer Handelskarawane, dann blieben sie zu Hause und zogen ihre Katlinge auf.
    Während des Gesprächs hatte Grom Laisa ganz vergessen und verhandelte so, wie es einem mit allen Wassern gewaschenen Anführer zukam. Die Händler zahlten gut, und sie wollten so viele seiner Leute, dass er ihnen zuletzt sogar ein paar kräftige Burschen des nächsten Jahrgangs mitgeben musste.
    Der Kaufmann, der als Erster Katzenmenschen angeworben hatte, stritt immer noch mit seinem Sohn, dem die Ausgabe für fünfzig Karawanenwächter zu hoch erschien. Da trat auf einmal jene Frau neben sie, die Laisa vor einer Weile entdeckt hatte. Zwar wurde ihr Gesicht immer noch von der Kapuze verdeckt, doch ihr Umhang klaffte ein wenig auseinander, und man konnte ein weißes, handtellergroßes Schmuckstück in Form eines Sternes erkennen, das an einer dünnen Kette befestigt war.
    Plötzlich zitterte Laisa vor Gier, dieses Schmuckstück zu berühren. Sie überlegte schon, wie sie es am besten stehlen konnte, als ein Blick aus goldenen Augen sie traf und sie stumm vor dem Versuch warnte. Daher blieb sie schnurrend auf dem Baum liegen, während die Fremde sich an den Kaufherrn wandte.
    Eine schmale Hand, deren Haut in einem leichten Goldton schimmerte, schob sich aus dem Umhang und hielt dem Kaufmann einen Beutel hin, in dem Münzen klirrten.
    »Nehmt das Katzenmädchen noch hinzu, das da oben auf dem Baum hockt!« Die Frau mit dem goldenen Haar sprach leise, aber in ihrer Stimme lag eine seltsame Macht, die Laisa deutlich spürte.
    Während der Kaufherr sich wie ein Katling schüttelte, der in den Regen geraten war, griff sein Sohn hastig nach dem Beutel, öffnete ihn und zählte die silbernen Münzen. »Das ist mehr als die Hälfte dessen, was diese unnützen Fresser uns kosten!«
    Auch sein Vater vermochte sich dem lockenden Glanz des Silbers nicht zu entziehen. »Was wollt Ihr
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