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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss
Autoren: Generation Doof
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wie der Autorin Claudia Rusch: »Ich will fünf Kinder! Und ich hätte so gern eine Familie. Aber ich kann mich nicht entscheiden. Bevor es ernst wurde, bin ich regelmäßig getürmt.«
Sie ist nur eine von vielen, die sich nicht trauen. Dafür treffen wir täglich alle möglichen kleinen Entscheidungen zu unserem Nachteil, die man als dumm bezeichnen kann: Choose doof. Choose Massen-E-Mail-Versand, weil du glaubst, dass du dann ein Handy von Nokia umsonst bekommst. Choose Alcopops und Fertigfraß, choose Rechtschreibkorrekturprogramme und Bildungsshows mit Jörg Pilawa im Fernsehen. Choose Geschmacksverirrung bei der Kleiderwahl und bauchfrei trotz Rettungsring, choose Arschgeweih (und sei es nur als Aufnäher auf der Jeans, wenn du dich nicht traust, ein richtiges Tattoo machen zu lassen), choose Marketingsprache, obwohl dich dann keiner mehr versteht. Choose schlecht gemachte Sketchsendungen und Der Schuh des Manitu. Oder choose Dieter Bohlen statt Thomas Mann.
    * choose, engl. Verb für: auswählen, aussuchen Was soll aus Deutschland werden, mit einer Generation von Schü lern und Studenten, die der deutschen Muttersprache nicht mehr mächtig sind? Wer die Eine-Million-Euro-Frage bei Günther Jauch beantwortet, gilt heute schon als neuer Einstein. »Pimp my car? JA! Pimp my brain? NEIN!«, könnte eine Schülerparole auf Neudeutsch lauten. Werden die, denen heute eine Karriere als Popstar vielversprechender erscheint als eine solide Ausbildung, unsere nächsten Bundeskanzler? Werden immer mehr Nepper, Schlepper oder Bauernfänger sich junger Familien bemächtigen wie in Kons-tanz, wo ein Wahrsager einer Familie erfolgreich einredete, ihr Ver mögen sei mit einem Fluch belegt und er könne sie davon befreien, indem sie ihm ihre Wertsachen vermachten? Ist wirklich eine ganze Generation verloren, und treibt sie haltlos einem ungewissen Ende entgegen?
    Nein. Denn die Gegenbewegung ist schon unterwegs, um sich ihre Trophäen in der Arbeitswelt zu holen. Diese Schüler pfeifen auf den Rat ihrer Eltern und holen sich noch während der Schulzeit professionellen Rat bei einem Karriereplaner. Sie stecken voller Ideen, sind pfiffig, gründen Unternehmen, melden Patente an oder entwickeln komplexe Softwareprogramme. Kurz, sie tun das, wo ran viele ihrer Altersgenossen scheitern: Sie benutzen ihren Kopf.
    Die Schere zwischen Clever und Doof geht immer weiter auf. Denn je dümmer die einen sich benehmen, desto mehr planen und entwickeln die anderen. Es gibt sie, die siebenundzwanzigjährigen promovierten Mehrfach-Praktikanten mit Auslandsaufenthalt und sprachlicher Zusatzqualifikation. Sie sind unsere Hoffnung. Müs sen wir sie deshalb mögen? Nein.
    Vielleicht können die Schlaumeier die tumbe Masse vor einem harten Aufprall bewahren. Aber möglicherweise sind wir gar nicht so blöd, wie es aussieht … oder etwa doch?
    KAPITEL 1
     
    Alles Freizeit, oder was?
Ein Streifzug durch einen normalen Tag der Generation Doof »Ach ich weiß ja auch nicht, das Leben, das ist fiese jeden Tag das Gleiche,
    ich glaub’, ich krieg’ ‘ne Krise.«
    Die Doofen
    Wir warten am Kölner Hauptbahnhof auf einen Zug. Das ist eigentlich nicht besonders ungewöhnlich. Doch wir sind auf einer Mission.
    Es ist kurz vor sechs am Abend, und um uns herum haben die Menschen nichts anderes zu tun, als von der Arbeit nach Hause zu hetzen, von A nach B. Wir haben jedoch etwas Besseres vor; wir wissen, wozu Züge wirklich gut sind: Man kann grandiose Partys darin feiern.
    Gastgeber ist heute unser Freund Armin. Die Tour de Force geht von Köln nach Gummersbach und zurück, und zwar so lange, bis alle blau sind.
    Die Bahn ist überraschenderweise pünktlich. Wir steigen in Wagen elf ein, den Ort des Geschehens. Als sich die Türen öffnen, kommt uns trotz Rauchverbot ein Luftgemisch aus Gras-und Zi-garettenqualm entgegen – eine großzügige Spende an den Schaff ner hat diese Extravaganz ermöglicht. Die anderen feiern schon seit einer Stunde, und die kleine Reisegruppe ist bester Stimmung. Aus dem Ghettoblaster, der auf einer Bierkastenpyramide thront, dröhnt Mickie Krauses Evergreen Zeig doch mal die Möpse. Ein paar der anwesenden Damen rücken zur Veranschaulichung des Liedtextes ihre beiden besten Argumente in Positur, was die anwe senden Herren zu anerkennenden Ausrufen veranlasst. Ein anderer weiblicher Partygast macht seinem Sweatshirt mit der Aufschrift »Bitch« alle Ehre und zieht gleich komplett blank. Schaut her, ich bin ein Luder.
    Als
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