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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss
Autoren: Generation Doof
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sich so tatsächlich zugetragen haben und die jedem aus dem eigenen Leben vertraut sind.
    Damit keine Missverständnisse aufkommen: Wir selbst zählen uns zur Generation Doof. Deshalb darf die eine oder andere kleine Anekdote aus unserem eigenen Leben nicht fehlen.
    Also: Wie blöd sind wir wirklich?
    What You See Is What You Get –
Was doof aussieht, da ist auch doof drin
    Morgens, 08:30 Uhr in Deutschland. Wir haben schon die halbe Strecke zur Arbeit geschafft. Auf dem Weg vom Bahnhof zum Büro machen wir noch kurz am Ki-osk Halt, damit der Tag nicht ohne Kalorien beginnt. Der Kiosk, der den bezeichnenden Namen Quickie-Shop trägt, hat sich ver-kaufstechnisch geschickt neben einer Berufsschule positioniert. Dort ist wie immer eine Schlange schlaksiger Schüler und Schü- lerinnen mit abenteuerlichem Outfit aufgereiht. Wir stellen uns an.
    Vor uns versucht ein junger Mann, beim Verkäufer einige Back-waren zu ordern, deren nähere Bezeichnung ihm sichtlich Schwierigkeiten bereitet. Einen Anhaltspunkt hat der liebe Gott ihm dann doch mit auf den Weg gegeben: die Nationalität der begehrten Nahrung.
    »Isch krisch zwei von den Franzosendingan da«, sagt der junge Mann und deutet ungeduldig auf das Brotregal.
Dem Verkäufer bereitet die textimmanente Interpretation der Bestellung Probleme. »Zwei Baguettes?«, fragt er nach.
»Nee, von den krisch isch Durschfall.« Der Typ und seine Posse gackern.
»Wollen Sie stattdessen Quiche? Die ist heute im Angebot.«
»Was? Ej, quischst gleich eins in die Fresse. Zwei von die krum me Dinga da, meinisch.« Noch lacht er.
»Alles klar, zwei Croissants.« Der Verkäufer ist sichtlich erleichtert, und wir rücken schon mal vorsichtshalber ein wenig auf. Aber in diesem Fall gibt es noch kein Happyend.
»Was jetzt? Cross was?! Du Opfer! Gib mia endlisch zwei von den verkackten Franzosenteilen!«
Zwischen dem Verkäufer und dem jungen Mann entbrennt eine lautstarke Diskussion über den angemessenen Umgangston. Es ist Viertel vor neun. Wir beschließen, unseren Weg dann lieber doch ohne Brötchen fortzusetzen.
    09:00 Uhr, ein moderner Büropark. Auf der Straße vor dem Bürogebäude spricht uns eine gut aussehende junge Frau an.
»Wisst ihr, wo Harald-Schmidt-Straße hier?«, erkundigt sie sich nicht allzu freundlich.
»Die Filmstudios sind in Hürth.«
»Äh, ja.« Sie guckt ratlos. Dann holt sie einen Zettel aus der Tasche. Darauf steht »Helmut-Schmidt-Straße«. Kennen wir nicht. Man kann ja nicht alles kennen.
»Wo müssen Sie denn da hin?«, fragen wir sie.
Die junge Frau nickt begeistert. »Muss isch Bewerbungsgespräch.«
»Aber wo?«
»Bei Helmut-Schmidt-Straße.«
»Ja, ja, schon klar. Bei welcher Firma denn?«
»Name weiß isch nich. Die haben nur gesagt, isch soll bei Ha-rald-Schmidt-Straße kommen.«
Da wir ihr offenbar nicht weiterhelfen können, zieht sie von dannen. Im Gehen räuspert sie sich noch mal kurz und spuckt vol le Kanne direkt aufs Trottoir. Wir wundern uns nicht über den geschmacklosen Abschied – wir kennen gepflegtes Danebenbeneh-men aus eigener Erfahrung in noch schlimmerer Ausprägung.
    Anne erzählt: Meinem früheren Nachbarn Sven mangelte es in Sachen Benimm und Charakter an allen Ecken und Enden. Bei ihm vereinte sich umfassende Nichtbildung mit ultraschlechtem Geschmack.
    Sven rülpste seinem Gastgeber offen ins Gesicht, wenn ihm das Essen gut schmeckte, kratzte sich in aller Öffentlichkeit an Bauch und Gekröse und konnte mit Kunst allenfalls im Zusammenhang mit Kamasutra etwas anfangen. Niki de Saint Phalle hielt er für einen flauschigen französischen Peniswärmer und ließ gerne ohne Scham verlauten, dass er nicht wähle, nicht wisse, über wie viele Bundesländer die Republik verfüge, und keinen blassen Schimmer habe, wie deren Ministerpräsidenten heißen. Lesen hielt er – au ßer im Playboy – für die reinste Zeitverschwendung, genau wie die Nettigkeit »bitte« und ihre Verbalschwestern »danke« und »‘tschuldigung«.
    Kurz, er benahm sich auf alle erdenklichen Weisen daneben. Das schockierende Ergebnis: Es hat ihm nicht geschadet. Heute ist Sven ein erfolgreicher Internet-Werbefuzzi und hat immer noch keine Ahnung, wie er sich bei offiziellen Anlässen benehmen muss, aber es ist ihm auch scheißegal. Er hat genügend Auftraggeber, und schließlich wollen die ja was von ihm und nicht umgekehrt. So viel unbändige Freude am eigenen Fehlverhalten hinterließ blei benden Eindruck. Sven ist jedoch kein Ausnahmefall. Wir von der
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