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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun?
Autoren: Kera Jung
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während ihre Schläfe genial gegen den derben Beton kracht, denkt sie sich, dass das ja mal wirklich echt Scheiße ist.
    Aber wenigstens hat dieses widerliche TRÖÖÖÖT endlich aufgehört.
    * * *
    Sie muss wohl kurz weg gewesen sein, denn als sie wieder etwas wahrnimmt, brüllt irgendwer wüst herum. Dieser Umstand an sich wäre kein Problem, wenn der Kerl das nicht genau vor ihrem Ohr tun würde.
    »WHAT A FUCKING, STUPID BITCH! CAN YOU NICHT AUFPASSEN? DAMN IT! MAN SOLLTE EUCH EVERY FAHRZEUG VERBIETEN, THAT`S KEIN BOBBYCAR!«
    Schlagartig ist Lisa sogar hellwach.
    Meint der etwa sie?
    * * *

3. Ein Macho, wie er im Buche steht
    »Lass los!«
    Der Typ rüttelt an ihren Armen, als wäre er nicht ganz dicht! Ach so, das ist ja schon beschlossene Sache. Lisa, gerade bemüht, die Augen zu öffnen, nuschelt. »Hau ab!«
    HA! Erfolg auf gesamter Linie, das Rütteln hört auf und die groben Hände verschwinden.
    »I´ll be damned!«, knurrt er stattdessen. Nach wie vor ist die Stimme ihr ziemlich nah und dann brüllt er plötzlich wieder los. »YEAH! MOVE ON! FAHRT! IHR SEHT ES DOCH SELBST!«
    Erst jetzt nimmt sie es wahr: Das TRÖT-TRÖÖÖT ist zurück, und diesmal mehrstimmig. Keine Halluzination, sondern grausame Realität – da ärgert sich wohl jemand, weil er nicht vorwärtskommt. So ein Pech! Sofort ist Lisa wieder total auf der Höhe und grinst – leider unsichtbar unter ihrer Atemschutzmaske.
    Und nun geht ihr auch endlich auf, dass sie den verdammten Laternenmast umarmt, und der ist leider nicht halb so kuschelig wie Robert. Dazu noch dieses verdammte Hupen der verdammten Verkehrsrowdys, und als würde das nicht bereits genügen, das Geknurre des Oberidioten.
    Genial!
    Letzterer zetert übrigens unermüdlich weiter. »Hast du dein bisschen Grips bei der letzten Schuhlieferung in den Hausflur gebrüllt?«
    Dieser Beitrag funktioniert hervorragend als Liderheber. Im darauffolgenden Moment starrt Lisa den nervenden Heini an.
    »HA!« Sie wusste ja schon immer, dass sie gut prophezeien kann, doch das ist bisher ihr ungeschlagener Knüller. Volltreffer! Hundert Punkte, Ball versenkt: Vor ihr steht die ultimative Ausgabe eines BMW-Fahrers.
    Leichtes Hemd (es ist Ende November und schweinekalt), vier Knöpfe stehen offen, darunter erspäht sie das Goldkettchen – die teure Variante. Der Typ besitzt eine tiefe Solariumbräune, weshalb seine weißen Zähne Lisa trotz der Dunkelheit übel blenden. Neben dem Zuhälterschmuck machen sich noch jede Menge schwarze Brusthaare bemerkbar; sein kurzes Haupthaar ist identisch pechschwarz und beiläufig unordentlich, die Augen schimmern eisig blau, der Bart exakt drei Tage alt, und wenn sie nicht alles täuscht, dann verstecken sich unter dem weißen Stoff etliche, gut ausgeprägte Muskeln.
    Perfekt wird die Angelegenheit allerdings erst durch den Scheiß, den der Penner von sich gibt. Der scheint nämlich gar nicht begeistert und verkündet das lauthals in einem seltsamen Kauderwelsch aus Deutsch und einem fiesen südamerikanischen Englisch – neuer Gettoslang?: »Two hours in this fucking town und schon ist mir wieder eingefallen, warum ich diesen Bullshit hasse!«
    Ehe sie reagieren kann, hat er ihre Mütze heruntergewischt.
    »What the heck! Ist das gefärbt?« Fassungslos deutet er auf ihr dunkles Haar. »Ich hätte geschworen, platinblond zu finden ... Listen, Honey ...«
    Damit baut er sich vor ihr auf und Lisa sondiert eilig die allgemeine Lage, bevor sie zum Gegenangriff übergeht:
    In Schräglage unter ihr klebt das Rad, der Kopf lehnt nach wie vor am Laternenmast, welchen sie in leidenschaftlicher Umarmung hält, und nebenbei dröhnt ihr der Schädel. Die Autos hupen immer noch, aber die Ersten haben kapiert, dass der BMW – er ist es echt, HA! – auf absehbare Zeit die Spur blockiert und schälen sich behäbig um ihn herum, um weiterfahren zu können.
    Langsam!
    Schließlich ist sich im Berliner Verkehr jeder selbst der Nächste. Wahrscheinlich gratulieren sich die Residenten der mittleren und linken Fahrspur gerade gegenseitig, sich nicht in die rechte eingeordnet zu haben. Doch die anderen einfach mal hineinlassen? Niemals!
    Übrigens auch so ein Grund, weshalb Autofahrer, Lisas unbescheidener Ansicht nach, nicht wirklich zur menschlichen Rasse gehören. Radfahrer sind eine geschlossene Gruppe: Man trifft sich, klingelt freundlich und freut sich.
    Lenker eines stinkenden, mit Benzin betriebenen Vehikels führen gegeneinander einen brutalen Vernichtungskrieg.
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