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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun?
Autoren: Kera Jung
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…?
    Spätestens als die nächste, ziemlich aufdringliche und unangenehme Frage in ihrem Kopf eintrifft, wird Lisa tatsächlich übel: Was will er denn?
    Während diese überhaupt nicht witzigen Tatsachen durch ihr Hirn tosen, nimmt er nicht den Blick von ihr und amüsiert sich scheinbar prächtig, denn sein Mund verzieht sich zu einem immer breiteren Lächeln, auch wenn das nicht unbedingt seine argwöhnischen Pupillen erreicht. Lisa würde ihn sehr gern für seine Dämlichkeit anfauchen, wenigstens das! Doch seine Provokationen – die doch nicht einmal sehr ehrlich sind – treffen heute auf keinen fruchtbaren Boden. Der afrikanische Tanz in ihrem Kopf wird immer besessener, treibt sie in eine Art Trance, und die Übelkeit verstärkt sich zusehends. Möglicherweise wegen des stampfenden Rhythmus´ geht es am Ende fast schief; als ihr nämlich klar wird, dass ihr halbes Pseudobrötchen den Rückweg antritt, ist es fast zu spät.
    Sie reißt die Augen auf, wirft gleichzeitig eine Hand vor den Mund, stürzt in das Luxusbad und übergibt sich geräuschvoll in die Luxustoilette.
    Scheiße!
    * * *
    Selbst als ihr Magen bereits alles von sich gegeben hat, was von sich zu geben ist, bleibt Lisa noch vor der Edelporzellanschüssel knien. Die Lider geschlossen, der Atem geht schnell und hektisch, und kalter Schweiß hat sich auf ihrer Stirn gebildet.
    Was soll sie nur tun? Was? Gehen? Bleiben? Reden? Schweigen? Heulen? Lachen? Okay, die letzten beiden Optionen sind dämlich und der Situation so gar nicht angepasst, doch sie weiß es wirklich nicht.
    Noch nie – ehrlich noch nie zuvor – hat sie sich so ratlos gefühlt.
    Diese Entscheidung, offenbar die ultimative ihres Lebens, raubt ihr das letzte bisschen Courage, das sie glaubte, zu besitzen.
    Der pelzige und vor allem saure Geschmack auf ihrer Zunge nervt sie zunehmend. Vor allem droht er, den nächsten Würgereiz auszulösen, weshalb sie sich erst einmal in aller Seelenruhe an Chris` Zahnpflegeutensilien bedient und ausgiebig Mund und Beißerchen reinigt.
    Dann sinkt sie wieder zu Boden - noch nicht einen Deut schlauer als zuvor.
    Lisa wäre nicht Lisa, würde sie ihm gönnen, sie in diesem absoluten Ausnahmezustand zu sehen. Nein! Sie kann erst zu ihm gehen, wenn sie wenigstens annähernd weiß, was sie überhaupt will, und wieder zu ihrem üblichen Selbst zurückgefunden hat. Egal, wie die Antwort auf den Teil der Frage, die auf ihn bezogen ist, ausfällt.
    Nach zehn Minuten (geschätzt, sie trägt keine Uhr) lehnt sie sich seufzend zurück.
    Okay, das kann dauern …
    Der Macho ...
    Dass Frauen äußerst seltsame Wesen sind, ist Chris bereits seit Längerem bekannt.
    Bisher ist es ihm nie gelungen, deren Verhalten in Gänze zu verstehen, weshalb er bereits vor etlichen Jahren den Versuch auch ein für alle Mal aufgab. Und das, bevor er Lisa Radtke kennenlernte – die stellt für ihn nämlich mit Abstand das dickste weibliche Buch mit sieben Siegeln dar.
    Er kann sie nicht einordnen. Immer, wenn er glaubt, wenigstens annähernd zu verstehen, was hinter ihrer berüchtigten Stirn so vor sich geht, überrascht sie ihn wieder und verhält sich auf eine Art, die er nie und nimmer erwarten würde.
    Der Morgen hat sich bisher leicht gewöhnungsbedürftig, jedoch keineswegs unangenehm angelassen. Er glaubt bei Phyllis, der er am Telefon mitteilte, dass sie mindestens heute nicht mit seinem Erscheinen zu rechnen brauche, offenkundige Erleichterung herausgehört zu haben. Eine bodenlose Frechheit, aber durchaus passend und möglicherweise auch angebracht.
    Bisher weist er jeden Gedanken an sein abartiges Verhalten am gestrigen Tag weit von sich. Mit diesen Nebensächlichkeiten wird er sich befassen, wenn er die anderen – wichtigen – Dinge geklärt hat. Hörerreaktionen interessieren ihn momentan nicht. Er liebt seinen Job – ja, doch das ist in Chris´ Leben nie alles gewesen.
    Entnervt blickt er wieder zur Tür, durch die Lisa soeben geflüchtet ist. Noch kann er mit der Situation nicht wirklich umgehen, weiß nicht, was er denken will, versucht sogar, seinen Zorn noch etwas länger zu hegen und zu pflegen. Nur, um sich noch ein wenig vor den eigentlichen Problemen zu bewahren. Denn die kommen jetzt – zwangsläufig. Nichts ist klar, und wenn er ehrlich ist, weiß er nicht einmal, was er von ihrem Erscheinen halten soll. Sie spricht ja nicht mit ihm. Auch seltsam: Eine Person, deren Mund für keine Sekunde stillstehen kann – jedenfalls hätte er das bis vor wenigen
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