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Stark im Job

Stark im Job

Titel: Stark im Job
Autoren: Anne Katrin Matyssek
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anderen ausnutzen und den überforderten Kollegen ins Karriereabseits drängen, sich über ihn lustig machen oder Ähnliches. Anstatt sich deswegen sofort beim Betriebsrat oder der Führungskraft zu beschweren, sollten Sie in so einem Fall bei dem Anschwärzer um Verständnis werben.
    Das klingt zunächst unterwürfig, ist es aber nicht. Es geht darum, quasi Beschützerinstinkte im Kollegen zu wecken, indem Sie bewusst auf die eigene Schwäche hinweisen – in der Hoffnung, dass er sich dadurch stärker fühlt und vielleicht sogar mitfühlt oder Trost spendet. Mit dem Gefühl, in der schwächeren Position zu sein, müssen Sie dann eben leben. Sie sind in diesem Fall ja tatsächlich schwach bzw. offensichtlich schwächer als andere, die ihre Überlastung (noch) gut wegstecken – das ist kein Grund sich zu schämen. Es gehört Stärke dazu, eine Schwäche zuzugeben!
    Es kann den Beginn eines Kulturwandels einläuten, wenn plötzlich ein Mensch aus dem Betrieb aufsteht und bekennt: „Ich habe einen Burnout, und ich werde demnächst für einige Wochen ausfallen.“ Unten können Sie lesen, wie Sie in Ihrem Betrieb für mehr psychische Gesundheit und Offenheit sorgen können – und so den Weg ebnen für ein gesünderes Klima. Wer weiß, vielleicht werden genau Sie der Wegbereiter einer neuen Unternehmenskultur (ich weiß, das ist nicht Ihr Ziel, aber vielleicht kann es Ihnen trotzdem Mut machen).
Kein öffentliches Anprangern
    Man sollte niemals vor versammelter Mannschaft gegenüber der Führungskraft Sätze äußern wie: „Das Arbeitsumfeld hier macht krank“. Eine solche Anklage wird nie, aber wirklich nie positive Konsequenzen haben. Die Führungskraft würde sich am Pranger fühlen; sie hätte das Bedürfnis, sich selbst bzw. die Arbeitsbedingungen zu rechtfertigen. Wer am Pranger steht, hat kein offenes Ohr. Verständnis oder echte Kommunikation sind dann unmöglich und Verbesserungen werden daraufhin garantiert nicht eingeleitet.
    Es kann ja sein, dass die Arbeitsbedingungen tatsächlich katastrophal sind oder sogar gegen die Vorschriften der Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse verstoßen. Aber selbst dann wäre es „billig“, den Betrieb hinterrücks bei der Gewerbeaufsicht oder bei technischen Aufsichtspersonen anzuschwärzen. Dieser Weg ist einer für Feiglinge. Und zu denen gehören Sie bestimmt nicht.
    In der Praxis ist es sehr schwer nachzuweisen, ob tatsächlich eine bestimmte Arbeitssituation die Ursache für eine Erkrankung darstellt. Bei physikalischen oder chemischen Schadreizen mag das noch möglich sein, aber bei stressbedingten Überlastungen spielen potenziell so viele unterschiedliche Faktoren (bis zum Privatleben!) eine Rolle, dass eindeutige Ursache-Wirkungs-Verhältnisse unmöglich sind. Ich wäre daher sehr vorsichtig mit Schuldvorwürfen gegenüber dem Arbeitgeber oder der Führungskraft („Der ganze Stress hier ist schuld daran“).
Fair = unter vier Augen
    Die einzig faire Maßnahme ist – zumindest im ersten Schritt – das Gespräch unter vier Augen. Klären Sie vorab für sich: Wollen Sie Ihren Gesprächspartner auf Missstände im Betrieb aufmerksam machen und für Maßnahmen zum Gesundheitsschutz für alle Beschäftigten plädieren? Oder wollen Sie um Verständnis für Ihre persönliche Überlastungssituation bitten sowie um Lösungen, die eine Entlastung für Sie bedeuten? Je nachdem, was Ihre Hauptmotivation ist, werden Sie ganz unterschiedlich in das Gespräch gehen. Auf offenere Ohren werden Sie vermutlich stoßen, wenn es Ihnen um Ihren Selbstschutz geht. Es ist wichtig und sinnvoll, Gesundheitsschutz und -förderung für alle Beschäftigten zu erreichen, aber das ist jetzt nicht Ihre primäre Aufgabe. Dafür gibt es andere Menschen oder Arbeitskreise in Ihrem Betrieb. Im Augenblick geht es nur um Ihre eigene Gesundheit und die Frage, wie Sie sie schützen können.
    Sprechen Sie zunächst mit der direkten Führungskraft, um eine Entlastung zu erwirken. Und wenn das nichts bringt, mit der nächsthöheren Führungskraft; und wenn das nicht hilft, mit dem Betriebsrat. Und im Idealfall setzen Sie sich danach zu dritt mit Ihrem Chef und dem Betriebsrat zusammen, vielleicht kommt auch noch ein Sozialberater dazu. Und gemeinsam erarbeiten Sie dann eine Lösung. Das ist ein faires Vorgehen – transparent nach allen Seiten.
    Das Fazit dieses Unterkapitels lautet:
    Bleiben Sie fair – und bauen Sie darauf, dass die anderen es auch Ihnen gegenüber sind!
11.2 Wie man dem Chef
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