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Stark im Job

Stark im Job

Titel: Stark im Job
Autoren: Anne Katrin Matyssek
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kümmern, wer Ihre Arbeit übernehmen könnte. Wenn Sie so lange warten, bis Sie nur noch ein Häuflein Elend sind, können Sie keinen Nachfolger mehr einarbeiten, und Ihre Führungskraft erlebt Ihre Erkrankung als böse Überraschung. Auch das sollten Sie vermeiden.
    Eine langfristige Erkrankung eines Mitarbeiters wie aus dem Nichts trägt wiederum zur Überforderung der Führungskraft bei. Sie gerät ins Rotieren, weil sie auf die Schnelle einen Ersatz finden muss, um die Produktivität weiterhin zu gewährleisten. In so einer Situation wird es ihr schwerfallen, einfühlsam auf Ihre Ausführungen einzugehen. Sie ist ja damit beschäftigt, ihre eigene Haut zu retten. Es ist daher nicht nur in Ihrem Sinne, sondern auch im Sinne Ihrer Führungskraft, wenn Sie frühzeitig äußern, dass Sie sich überfordert fühlen oder an einer psychischen Erkrankung leiden.
Es den Kollegen mitteilen
    Wenn man sich überlastet fühlt oder an einer psychischen Erkrankung leidet, ist das nicht nur eine Frage zwischen einem selbst und der Führungskraft. Auch die Kolleginnen und Kollegen sind in gewisser Hinsicht betroffen: Sie müssen Mehrarbeit erledigen, bei Ausfällen einspringen, Vertretungsarbeiten übernehmen. Es wäre also angemessen, diese ebenfalls in Kenntnis zu setzen über den Gesundheitszustand oder die Überforderungsgefühle.
    Eine hundertprozentige Garantie, dass Ihre Kolleginnen oder Kollegen es nicht ausnutzen, wenn sie davon erfahren, kann ich Ihnen natürlich nicht geben. Ich kenne ja Ihre Kollegen nicht. Aber nach meiner Erfahrung reagieren die meisten Menschen mit Respekt, Verständnis und Mitgefühl, sobald sich jemand outet. Viele öffnen sich daraufhin ihrerseits und berichten von eigenen Überforderungssymptomen; sie sind regelrecht erleichtert, dass jemand mal den Mut aufbringt, hierüber zu sprechen („Bin ich froh, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht!“).
    Beginnen Sie am besten mit jemandem, der Ihnen vertraut ist, den Sie schon lange kennen. Dieser Mensch kann Ihnen vielleicht auch raten, ob und wie Sie andere Kollegen informieren. In den meisten Fällen werden die Kollegen ohnehin schon gemerkt haben, dass etwas nicht stimmt – es fehlt nur noch die Erklärung dafür.
Den Kollegen einen Vertrauensvorschuss schenken?
    Wenn das Klima in Ihrer Abteilung wenig offen ist und außer Ihnen noch niemals jemand über seine Überlastung oder über arbeitsbedingte Gesundheitsbeschwerden gesprochen hat, dann wäre ich an Ihrer Stelle vermutlich auch vorsichtig damit. Am besten informiert man die Kollegen, solange man sich noch einigermaßen bei Kräften fühlt: „Ihr habt’s ja vielleicht mitbekommen: Mir geht’s gerade nicht so gut; ich habe eine Kur beantragt und hoffe, dass ihr mich ein bisschen mittragt, bis die bewilligt ist.“ So oder ähnlich könnten Sie es vielleicht formulieren. Das ist nicht zu intim, und dennoch spielen Sie mit offenen Karten. Und wenn Sie Glück haben, werden die Kollegen vielleicht tatsächlich für eine bestimmte Zeit Ihre Minderleistungen freiwillig kompensieren.
    Meine Empfehlung lautet: Gehen Sie im Zweifelsfall davon aus, dass die Kolleginnen und Kollegen es gut mit Ihnen meinen. Schenken Sie ihnen quasi einen Vertrauensvorschuss. Bauen Sie darauf, dass die anderen ihr Wissen nicht gegen Sie verwenden werden. Das wäre einfach schweinisch. Es gibt solche Menschen, aber man sollte nicht davon ausgehen, dass alle so sind. Die meisten haben noch ein Gewissen und einen moralischen Anspruch.
    Und da Schweigen und Verheimlichen von Überlastungssymptomen oder psychischen Erkrankungen sowieso keine Dauerlösung darstellen (die Überlastung verschwindet ja nicht von selbst), riskieren Sie im Grunde gar nicht so viel, wenn Sie den Kollegen einen Vertrauensvorschuss gewähren. Irgendwann würden die anderen ja ohnehin mitbekommen, dass Sie angeschlagen sind. Also besser jetzt schon, wo es Ihnen vielleicht (hoffentlich) noch einigermaßen gut geht.
Einer muss den Anfang machen
    Den Kollegen so etwas mitzuteilen, dazu gehört ganz sicher Mut, und das Herz wird einem dabei bis zum Hals schlagen. Aber was wäre die Alternative? Einfach weniger leisten als früher, ohne Kommentar? Damit macht man sich schnell unbeliebt. Nach meiner Erfahrung sind Kollegen immer dann fair zu einem, wenn man von sich aus eine Schwäche zugibt und sich idealerweise sogar bei ihnen für die Unterstützung bedankt.
    Natürlich kann es passieren, dass einzelne Kollegen ihr Wissen um die Schwäche des
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