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Stark im Job

Stark im Job

Titel: Stark im Job
Autoren: Anne Katrin Matyssek
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Sie sehen werden, liegt in diesem Erklärungsmuster eine große Chance für Betroffene wie für Betriebe.
    „Ich habe einen Burnout“ dient als gesellschaftlich akzeptierte Begründung dafür, dass man eine Auszeit braucht. Der Mensch ist nun einmal nicht endlos belastbar. Niemand ist das, aber dank „Burnout“ kann man endlich auch öffentlich dazu stehen. Und man kann sogar zugeben, dass man psychische Probleme hat. Die Schamgefühle, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, fallen ebenfalls weg.
Keine richtige Diagnose
    Burnout ist keine medizinische Diagnose im eigentlichen Sinne. In der Internationen Klassifikation von Krankheiten (ICD), die von der Weltgesundheitsorganisation herausgegeben wird, kommt er als eigenes Krankheitsbild gar nicht vor.
    Mit Burnout bezeichnet man weniger einen Zustand als vielmehr einen Prozess, der im Endstadium einer Depression gleicht. Zu diesem Prozess gehören Symptome wie anhaltende Erschöpfung, Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung sowie Arbeitsüberdruss bis hin zum Zynismus.
    Berufliche Überlastung steht am Anfang einer Entwicklung, die nicht zwangsläufig im Burnout enden muss! Sie kann auch einen anderen Verlauf nehmen – und dazu will das Buch beitragen, indem es Ihnen Tipps gibt für einen veränderten, gesünderen Umgang mit den beruflichen Belastungen.
Der Charme der sogenannten „Burnout-Diagnose“
    Der Begriff „Burnout“ hat durchaus sein Gutes: Er hat nämlich das Thema Psyche salonfähig gemacht! Endlich ist es möglich geworden, auch am Arbeitsplatz über psychische Auffälligkeiten zu sprechen, ohne sich der Gefahr der Stigmatisierung auszusetzen. Man tut sich leichter, der Führungskraft mitzuteilen, dass man einen Burnout hat, als dass man an einer depressiven Episode leidet. Genau darin liegt die Chance der aktuellen Diskussion! Endlich redet man über psychische Gesundheit und sucht gemeinsam Wege zu einem Abbau von Überforderung.
    Der Vollständigkeit halber sei angemerkt: Eine Reihe von Wissenschaftlern und Therapeuten findet, dass leider genau darin auch eine Gefahr liegt. Sie befürchten, dass echte Depressionen zu spät erkannt werden und die falschen Maßnahmen ergriffen werden. Während zum Beispiel bei Burnout ein langer Urlaub als Auszeit vom Job Sinn macht, ist diese Empfehlung bei einer Depression genau kontraindiziert. Meine persönliche Meinung dazu lautet, dass Führungskräfte oder Kollegen im Betrieb ohnehin nicht als Diagnostiker oder gar Therapeuten fungieren sollten. Die Grenzen ihrer Unterstützungsmöglichkeiten sind schnell erreicht, und sie sollten bei auffälligen Veränderungen von Beschäftigten rasch professionelle Unterstützung empfehlen, zum Beispiel den Besuch bei einer Sozialberatung.
    Dass Burnout als Siegel für Einsatzbereitschaft begriffen wird, kann also nur hilfreich sein. Lassen Sie es dabei! Es geht nicht darum, dass Sie in Ihrem Betrieb aufräumen mit dem diagnostischen Chaos, das den Begriff umgibt. Nutzen Sie stattdessen einfach seine positive Besetzung, um sich für die Interessen der überlasteten Kolleginnen und Kollegen einzusetzen – und vielleicht auch für sich selbst.
Burnout als Trojanisches Pferd
    Unter dem Tarnnamen „Burnout“ lässt sich also das Thema „psychische Überlastung“ prima in Unternehmen hineinschmuggeln. Und was den „Etikettenschwindel“ betrifft, so lassen Sie es uns halten mit Abt Notker Wolf vom Orden der Benediktiner. Der sagt: „Wenn einer einen gefühlten Burnout hat, dann ist er krank. Egal wie man das nennt.“
    Sie, die Leserinnen und Leser dieses Buchs, sind keine Therapeuten. Sie müssen keine exakte Diagnose kennen. Wenn Sie oder jemand anders sich durch die Arbeit überlastet fühlt, ist es Zeit, etwas dagegen zu tun. Einen ersten Schritt haben Sie schon getan …
    Das Fazit dieses Unterkapitels lautet:
    Wenn sich jemand überlastet fühlt, muss man das ernst nehmen. Egal, wie man es nennt.
1.3 Die Sache mit der Diagnose ... ist eigentlich unwichtig
    Etiketten schwindeln
    Der Benediktinerabt hat Recht: Man braucht kein Etikett, um zu erkennen, dass man die eigene Psyche vor Überlastung schützen sollte. Das spürt man. Und der Verstand sagt es auch. Das Bedürfnis nach einem Etikett rührt aus dem Wunsch nach Kontrolle. Was wir einordnen können, erscheint uns nicht mehr so bedrohlich. Es wird in seinem Schrecken begrenzt.
    Im Grunde sind alle Diagnosen nur ein Hilfsmittel für den Geist. Die Gewissheit, „dass es kein Einzelfall ist“,
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