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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Autoren: Bernard Cornwell
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heißt Ball’s Bluff», sagte der Major, und das war noch weniger heroisch. Die Schlacht von Ball’s Bluff klang mehr nach einem Pokerspiel als nach dem Wendepunkt, mit dem die Nordstaaten ihren Triumph einleiten würden.
    Holmes wartete bei seiner Kompanie. Sie würden als Erste aus dem 20 th Massachusetts zum anderen Ufer hinüberfahren und wären damit auch die Ersten ihres Regiments, die an einem Kampf teilnehmen würden, falls das 15 th die Eroberung der Rebellenstellung nicht schon abgeschlossen hatte. Die Möglichkeit einer bevorstehenden Schlacht machte die Männer nervös. Keiner von ihnen hatte schon einmal im Krieg gekämpft, wenn auch alle die Geschichten von der Schlacht beim Bull Run drei Monate zuvor gehört hatten, und davon, wie es den dilettantischen grau uniformierten Rebellen dort irgendwie gelungen war, lange genug die Stellung zu halten, um die größere Unionsarmee schließlich in einen panikartigen Rückzug zu treiben. Aber niemand im 20 th Massachusetts glaubte, dass ihnen solch ein Schicksal bevorstand. Sie waren hervorragend ausgerüstet, gut ausgebildet, standen unter der Führung eines Berufssoldaten und glaubten zuversichtlich, jeden Rebellen auf Gottes Erdboden bezwingen zu können. Es würde gefährlich werden, das schon – sie erwarteten und wünschten sich sogar ein wenig Gefahr –, aber die Anstrengungen dieser Nacht würde ein Sieg krönen.
    Eines der Boote, das von Harrison’s Island zurückfuhr, brachte einen Captain vom 15 th Massachusetts mit, der mit den ersten Truppen übergesetzt hatte und nun zur Berichterstattung an die Kommandooffiziere der wartenden Regimenter zurückkehrte. Der Captain rutschte aus, als er vom Bug sprang, und wäre gefallen, wenn ihm Lieutenant Holmes nicht die Hand hingestreckt hätte, um ihn zu stützen. «Alles ruhig auf dem Potomac?», fragte Holmes scherzhaft.
    «Alles ruhig, Wendell.» Der Captain klang enttäuscht. «Zu ruhig. Da oben gibt es überhaupt kein gegnerisches Lager.»
    «Keine Zelte?», fragte Lieutenant Holmes überrascht. «Tatsächlich?» Und er hoffte, dass seine Stimme wirklich enttäuscht klang, wie es sich gehörte für einen Krieger, dem die Gelegenheit zur Bewährung in der Schlacht genommen wurde, und ein wenig war er auch enttäuscht, weil er sich auf die Aufregung gefreut hatte, aber er war sich auch einer beschämenden Erleichterung darüber bewusst, dass auf dem jenseitigen Steilufer womöglich gar kein Feind wartete.
    Der Captain zog seinen Uniformrock glatt. «Gott weiß, was diese Patrouille gestern Abend gesehen haben will, wir jedenfalls können nichts entdecken.» Er ging mit seinen Neuigkeiten weiter, während Lieutenant Holmes die Nachricht seiner Kompanie verkündete. Jenseits des Flusses wartete kein Feind, was bedeutete, dass die Truppen höchstwahrscheinlich zur Besetzung Leesburgs ziehen würden. Ein Sergeant wollte wissen, ob in Leesburg Rebellenverbände stationiert waren, und Holmes musste zugeben, dass er es nicht wusste, aber der Major, der das Gespräch mit angehört hatte, warf ein, in Leesburg seien bestenfalls eine Handvoll Milizionäre aus Virginia zu erwarten, deren Ausrüstung vermutlich aus den Waffen bestand, mit denen schon ihre Großväter gegen die Briten gekämpft hatten. Der Major führte weiter aus, dass ihre neue Aufgabe darin bestünde, die Ernte zu requirieren, die frisch in die Scheunen und Lagerhäuser von Leesburg eingebracht worden war, und dass solche Vorräte legitime Beute waren, während anderes Privateigentum respektiert werden solle. «Wir sind nicht hier, um Krieg gegen Frauen und Kinder zu führen», sagte der Major ernst. «Wir müssen den Sezessionisten zeigen, dass die Nordstaatentruppen ihre Freunde sind.»
    «Amen», sagte der Sergeant. Er war ein Laienprediger, der versuchte, dem Regiment die Sünden des Kartenspiels, des Alkohols und der Frauengeschichten auszutreiben.
    Die letzten Männer des 15 th Massachusetts setzten auf die Insel über, und Holmes’ graugekleidete Soldaten schlurften ans Ufer hinunter und warteten darauf, dass sie an der Reihe waren, in die Boote zu steigen. Unter den Männern hatte sich Enttäuschung breitgemacht. Sie hatten sich eine wilde Jagd durch den Wald erhofft, doch nun sah es so aus, als würden sie in eine Stadt marschieren, um alten Männern die Musketen abzunehmen.
    In den Schatten des zu Virginia gehörenden Ufers schlug ein Fuchs zu, und ein Kaninchen starb. Der Schrei des Tieres stieg unvermittelt und schrill auf, war so
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