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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Autoren: Bernard Cornwell
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verdammten, und deshalb wurde die Brigade geschwächt. Die Legion würde nach Centreville gehen, wo das größte Kontingent der konföderierten Armee die wichtigste Straßenverbindung von Washington in die Rebellenhauptstadt verteidigte. Drei Monate zuvor hatte die Legion Faulconer auf ebendieser Straße bei Manassas geholfen, den Nordstaatlern bei ihrem ersten Einmarsch eine blutige Nase zu verpassen. Und jetzt, sofern die Gerüchte stimmten, könnte die Legion angefordert werden, um das Gleiche noch einmal zu tun.
    «Es wird aber nicht das Gleiche sein.» Truslow nahm den unausgesprochenen Gedanken auf. «Ich habe gehört, dass in Centreville den ganzen Tag lang nur noch Erde aufgeschüttet wird. Wenn die Yankees kommen, dann stoppen wir die Bastarde von guten, massiven Wällen aus.» Er hielt inne, denn Starbuck war eingeschlafen. Sein Mund stand offen, den Kaffee hatte er verschüttet. «Verdammter Hundesohn», knurrte Truslow, jedoch mit hörbarer Zuneigung, denn Starbuck hatte sich trotz all der Katzenmusik eines Predigersohns als bemerkenswerter Offizier erwiesen. Truslow hatte die Kompanie K mit einer Mischung aus erbarmungslosem Drill und einfallsreicher Ausbildung zur besten der ganzen Legion gemacht. Aber es war Starbuck gewesen, der – nachdem man ihm das Schwarzpulver und die Kugeln verweigert hatte, die seine Männer brauchten, um ihre Treffsicherheit zu vervollkommnen – eine Patrouille über den Fluss geführt hatte, um vor Poolesville ein Versorgungsfuhrwerk der Union zu erbeuten. Er war in dieser Nacht mit dreitausend Patronen zurückgekommen, und eine Woche später war er noch einmal losgeritten und hatte zehn Säcke guten Nordstaatenkaffee mit zurückgebracht. Truslow, der etwas vom Kriegshandwerk verstand, erkannte, dass Starbuck ein natürliches Talent dafür besaß. Er war ein findiger Kämpfer, erahnte die Absichten des Gegners, und die Männer der Kompanie K, von denen die meisten eher noch Jungen waren, schienen diese Fähigkeiten ebenfalls zu erkennen. Starbuck, das wusste Truslow, war gut.
    Flügelschläge ließen Truslow aufblicken, und er sah den gedrungenen Umriss einer Eule vor dem Mond vorüberziehen. Truslow vermutete, dass der Vogel in den offenen Feldern nahe der Stadt gejagt hatte und nun zu seinem Schlafplatz im dichten Wald auf dem Ball’s Bluff oberhalb des Flusses zurückkehrte.
    Ein Trompeter blies einen falschen Ton, holte erneut Luft und schreckte die Nacht mit seinem Signal auf. Starbuck erwachte mit einem Ruck und fluchte, weil er sich mit dem verschütteten Kaffee das Hosenbein durchnässt hatte, dann gähnte er vor lauter Müdigkeit. Es war immer noch stockfinster, aber die Legion musste sich regen, sich zum Abmarsch von ihrer ruhigen Flusswache bereitmachen und in den Krieg ziehen.
     
    «War das eine Trompete?», fragte Lieutenant Wendell Holmes seinen frommen Sergeant.
    «Ich weiß nicht recht, Sir.» Der Sergeant stieg schwer atmend den Ball’s Bluff hinauf und trug seinen neuen grauen Mantel offen, sodass man das elegante, scharlachrote Futter sah. Die Mäntel waren ein Geschenk des Gouverneurs von Massachusetts, der beschlossen hatte, dass die Bay-States-Regimenter zu den bestausgerüsteten der Unionsarmee gehören sollten. «Wahrscheinlich war es einer von unseren eigenen Trompetern», vermutete der Sergeant. «Wird vielleicht ein Vorauskommando losgeschickt?»
    Holmes ging davon aus, dass der Sergeant recht hatte. Die beiden Männer kämpften sich den abschüssigen und gewundenen Pfad hinauf, der zur Kuppe des Steilufers führte, wo das 15 th Massachusetts auf sie wartete. Der Hang stieg so jäh an, dass ein Mann gerade noch hinaufsteigen konnte, ohne die Hände zu Hilfe zu nehmen, allerdings machte in der Dunkelheit manch einer einen falschen Schritt, glitt aus und schlitterte abwärts, bis er schmerzhaft von einem Baumstamm aufgehalten wurde. Der Fluss unter ihnen war immer noch mit Nebel verhangen, in dem sich dunkel die lange Form von Harrison’s Island abzeichnete. Auf der Insel drängten sich die Männer, die darauf warteten, von den zwei kleinen Booten über den letzten Abschnitt des Flusses gebracht zu werden. Lieutenant Holmes war von der Strömungsgeschwindigkeit überrascht gewesen, die das Boot erfasst und es flussab in Richtung des fernen Washingtons gezogen hatte. Die Ruderleute hatten gekeucht vor Anstrengung, als sie gegen die Kraft des Flusses kämpften, und hatten das kleine Boot dann hart auf das schlammige Ufer auflaufen
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