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Stadt der Masken strava1

Stadt der Masken strava1

Titel: Stadt der Masken strava1
Autoren: hoffman
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der Vermählung mit dem Meer.«
    Und als Lucien kein Anzeichen des Verstehens verriet, fuhr sie fort: »Von der Vermählung mit dem Meer hast du doch schon gehört, oder?«
    »Geh einfach mal davon aus, dass ich über gar nichts Bescheid weiß«, sagte Lucien. »Das macht die Sache leichter.« Er wollte Zeit gewinnen, um zu verstehen, was hier los war, oder zumindest, was mit Arianna los war.
    »An diesem Tag«, erklärte sie ihm, »immer im Mai, begeht die Duchessa das Fest der Vermählung mit dem Meer. Sie wird ins Wasser getaucht, und wenn es um ihre Hüften reicht, wird die Ehe als vollzogen angesehen und das Wohlergehen der Stadt ist für ein weiteres Jahr garantiert. Ich weiß, das ist verrückt, aber daran glauben die Lagunenbewohner. Am folgenden Tag kann sich jeder, der den Beruf des Mandolier erlernen will, in der Scuola bewerben. So will es die Tradition.«
    »Einen Moment«, unterbrach sie Lucien. »Was ist ein Mandolier?«
    »Jemand, der eine Mandola lenkt, natürlich«, sagte das Mädchen ungeduldig.
    »Die Duchessa wählt die hübschesten Männer aus und damit haben sie ihr Glück gemacht. Und jeder weiß auch, was sie mit dem Allerschönsten macht.«
    Sie sah ihn erwartungsvoll an. Lucien hatte – wie schon von Beginn ihres Zusammentreffens an – das Gefühl, dass er überhaupt nicht verstand, was sie ihm sagen wollte.
    »Und wie passt du in die Geschichte?«, fragte er vorsichtig.
    »Jedermann kann sich anmelden«, sagte sie betont. »Alle Mandoliers sind Männer. Findest du das nicht ungerecht? Ich bin genauso groß und kräftig wie die Jungen meines Alters, sogar kräftiger, wenn sie wie du sind.« Dabei warf sie einen abschätzigen Blick auf Luciens Gestalt. »Und auch gut aussehend, wenn das zählt.«
    Sie machte wieder eine Pause und diesmal fehlten ihm nicht die Worte. »Du siehst wirklich gut aus«, sagte er.
    Arianna fuhr eilig fort, ohne das Kompliment zu würdigen, als ob sie nur eine Tatsache hatte feststellen wollen. »Ich meine, die Stadt wird von einer Frau regiert.«
    »Von der Duchessa«, sagte er, froh darüber, endlich mal etwas begriffen zu haben.
    »Genau, von la Duchessa«, bestätigte Arianna ungeduldig. »Das Schlimme ist nur, sie setzt alle Regeln fest. Wenn sie also gut aussehende männliche Mandoliers will, bekommt sie sie auch.«
    »Aber was würde mit dir passieren, wenn man es herausfinden würde?«, wollte Lucien wissen.
    »Du meinst, was wäre passiert«, erwiderte Arianna bitter und zerkrümelte ihr Gebäckstück. »Jetzt kann ich mich nämlich nicht mehr melden, in Mädchenkleidern, nicht wahr? Ich habe Glück, wenn sie mich nicht erwischen und hinrichten.
    Und du ebenfalls. Wir können nur hoffen, dass hier niemand weiß, dass wir keine Bellezzaner sind«, setzte sie flüsternd hinzu.

    Lucien konzentrierte sich darauf, sein Gebäck zu essen, denn das war etwas, womit er zurechtkam. Er schloss die Augen und ließ die Mandeln und den Zucker auf seiner Zunge zergehen. Seit langem hatte ihm nichts mehr so köstlich geschmeckt.
    »Nimm mein Stück auch, wenn du so hungrig bist«, sagte Arianna und schob ihm ihren Teller zu.
    »Danke. Hör mal, es tut mir Leid, dass ich deinen Plan verdorben habe. Aber wie du schon sagtest, ich hatte keine Ahnung. Und vielen Dank, dass du mich gerettet hast, wenn das tatsächlich stimmt.«
    »Da gibt’s kein ›wenn‹. Jetzt erzähl du aber, was du hier machst, damit ich weiß, ob es die Sache wert war.«
    Es dauerte lange, bis Lucien antwortete. Er konnte keine Erklärung anbieten. Alles um ihn herum war fremd: die Menschen, die Sprache, die sie verwendeten und von der er mit ziemlicher Sicherheit annahm, dass es Italienisch war. Und doch verstand er sie! Das finster entschlossene, schöne Mädchen, das ihm gegenübersaß und auch Italienerin zu sein schien und das ihn dennoch verstehen konnte. Die Frauen, die in das Lokal kamen und die alle Masken trugen. Es war absonderlich.
    Doch nichts war mit dem seltsamen Gefühl zu vergleichen, das er im Inneren spürte. Er war gesund und kräftig, egal, was Arianna von ihm hielt. Er hatte das Gefühl, einen Berg hinaufrennen oder quer über die Lagune schwimmen zu können, und andererseits – er konnte nicht erklären, warum er hier in dieser schönen, seltsamen Stadt war und nicht in seinem Bett in London.
    Wenn er sich in einem Traum befand, war es egal, was er sagte. Aber so einen Traum hatte er noch nie erlebt. Schließlich erzählte er ihr einfach die Wahrheit.
    »Ich kann nicht
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