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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen
Autoren: David Ambrose
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kauerte sich in der beengten Dunkelheit zusammen.
    In der Klappe befanden sich feine Lüftungsschlitze, die ihr einen begrenzten, zerstückelten Überblick über das Zimmer ermöglichten. Kaum hatte sie sich versteckt, als die Tür aufging und zwei Männer eintraten. Sie suchten den Raum kurz ab, sahen hinter Möbeln, Vorhängen und der Verbindungstür nach und verschwanden wieder. Sie merkte, dass sie, unbequem zusammengekauert, die Luft angehalten hatte. Dankbar atmete sie aus und versuchte, eine etwas bequemere Stellung einzunehmen. Dabei überlegte sie, ob sie in ihrem Versteck bleiben oder weiterrennen sollte. Noch ehe sie zu einem Entschluss kam, flog die Tür wieder auf.
    »Scheiße! Das hat uns gerade noch gefehlt.« Sie erkannte den Mann, den sie gebissen hatte. Auf seiner Hand klebte jetzt ein Pflaster, aber er rieb ständig daran herum, als schmerze ihn die Verletzung noch immer. »Die blöde Ziege hat mir fast die Hand abgebissen.«
    »Alles in Ordnung, Al?« Die Frage kam von einem jüngeren Mann, der ihm auf dem Fuß folgte. Nach Stimme und Gehabe zu schließen, handelte es sich um eine Art Laufbursche.
    »Mir geht’s gut. Du kannst rausgehen und suchen helfen.«
    »Merrill fragt, ob Sie mit dem Kunden reden wollen. Er ist ziemlich verärgert.«
    »Mach ich. Könntest du ihn bitten herzukommen?«
    Der Laufbursche ging. Sie sah zu, wie der Mann namens Al, der Mann, den sie gebissen hatte, besorgt durch das Zimmer streifte. Einmal blieb er genau vor dem staubigen Schlupfloch stehen, in dem sie sich verbarg. Sie hielt den Atem an, bis sie fürchtete, platzen zu müssen und sich zu verraten; doch in diesem Moment näherten sich Schritte im Flur, und Al ging zur Tür. Der Laufbursche komplimentierte den Mann ins Zimmer, den sie für Jack gehalten hatte, und ließ die beiden allein.
    »Die Sache tut mir unendlich Leid, Sir«, begann Al. Er bemühte sich, so zu klingen, als hätte er alles unter Kontrolle. Kurz zuvor hatte er diesen Eindruck noch nicht gemacht. »Ich möchte mich dafür entschuldigen. Wir bemühen uns, alles so schnell wie möglich wieder ins Lot zu bringen.«
    »Was zum Teufel ist denn schief gelaufen?«, fragte Jack. Aus irgendeinem Grund nannte sie ihn noch immer Jack, obwohl er es ganz offensichtlich nicht war. Nichts an ihm stimmte, angefangen bei der kampfeslustigen Stimme bis hin zu seinem geduckten, stämmigen Äußeren. Sie musste einen Anfall von Ekel niederkämpfen, als sie daran dachte, was sie mit diesem hässlichen, kleinen Mann getan hatte.
    »Wir müssen uns vor Augen führen«, sagte Al gerade, »dass wir es hier mit etwas Organischem zu tun haben, das per definitionem nicht vollständig berechenbar ist. Denken Sie nur an den Vorgang …«
    »Ich weiß alles, was ich über den blöden Vorgang wissen muss«, schnappte Jack. »Ich habe den Film als Kind tausendmal gesehen – ich meine den, wo Dinosaurier aus ihrer eigenen DNA geklont werden. Mist! Wenn sie es doch damals schon konnten, warum schafft ihr es heute nicht?«
    »Sie konnten es damals gar nicht. Es handelte sich um reine Fiktion. Heutzutage allerdings …«
    Jack unterbrach ihn erneut mit einer Bewegung seiner gedrungenen Hand. »Hören Sie, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit. Warum holt ihr nicht einfach eine andere her? Ihr habt doch andere, oder etwa nicht?«
    »Ich fürchte, im Augenblick ist keine andere verfügbar. Zumindest keine, die für unser Szenario infrage käme. Nicht in der kurzen Zeit.«
    »Und was zum Teufel schlagen Sie jetzt vor?«
    »Sobald wir sie finden, wird alles in kürzester Zeit wieder in normalen Bahnen laufen. Alles, was wir tun müssen, ist …«
    Jack winkte wieder ab. Die Einzelheiten langweilten ihn. Er nahm eine Zigarre aus dem Kästchen in seiner Tasche und beschnitt sie mit einem silbernen Cutter, während er weitersprach.
    »Ich werde Ihnen sagen, was ich zu tun gedenke«, erklärte er. »Ich werde mir jetzt ein wenig die Füße vertreten und mir ein paar der Ausstellungsstücke ansehen, die Sie hier haben. Wenn Sie die Sache innerhalb einer Stunde geregelt haben, lassen Sie es mich wissen. Ansonsten steige ich aus.« Er zündete die Zigarre an.
    »Ich bin sicher, dass wir keine Probleme haben werden, Sir. Machen Sie es sich bequem. Selbstverständlich steht Ihnen unser Gästehaus in jeder Weise zur Verfügung.«
    »Finden Sie sie, und halten Sie sie fest …« Jack inhalierte den Zigarrenrauch, hüllte sich in eine blaue Wolke und bedachte Al mit einem schmierigen, schmutzigen
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