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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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Curran schlug die Lanze beiseite, schlug nach dem Bein des Upirs, verfehlte es aber, absichtlich zu langsam. Die Lanze flog in hohem Bogen und landete wieder in Bonos Hand. Er stach zu. Die rasiermesserscharfe Spitze drang in Currans Bauch, trat ihm zum Rücken wieder heraus und spießte ihn auf dem Boden fest. Doch Bono hatte sich vorgebeugt und seine ganze Kraft in diesen Stoß gelegt. Und nun packten ihn Currans Pranken bei den Schultern. Riesige Muskeln ballten sich. Ein fürchterliches Knurren drang aus Currans Maul. Knochen brachen, Muskeln rissen, und ich sah Licht durch Bonos Brust scheinen, während Curran seinen Oberkörper entzweiriss. Einen Moment lang standen die beiden Hälften noch aufrecht da, und Kopf und Hals der linken Hälfte bildeten einen seltsamen Winkel, dann verlor der Upir das Gleichgewicht und kippte um.
    Curran sank auf die Lanze. Blut ergoss sich aus seinem Maul, und sein Gesicht regte sich nicht mehr. »Nein«, hörte ich mich murmeln. »Bitte nicht.«
    Der Leib des Upirs zuckte. Seine zerfetzte Brust bebte, und langsam hob er sich auf die Knie. Er hielt sich einen Moment lang aufrecht, kippte dann wieder um und robbte schließlich über den rußigen Boden auf mich zu.
    Ich sah ihn auf mich zukriechen, sein Körper war damit beschäftigt, sich selbst wieder zusammenzuflicken. Dann war sein Kopf bei mir angelangt. Ich konnte sein rotes Herz in der aufklaffenden Brust, inmitten der zerfetzten Lungen schlagen sehen.
    »Netter Kampf«, sagte er mit blutigen Lippen. Sein rechtes Auge blinzelte ununterbrochen. »Und nun freue ich mich auf unsere Flitterwochen.«
    Da stieß ich ihm die Knochenklinge ins Herz.
    Bono schrie. Sein schauerliches Gebrüll ließ das Gefängnisgemäuer erbeben und die Fenster zerbersten. Seine Hände fuchtelten, versuchten den Dolch, den er dort vermutete, zu greifen, fanden aber die kleine Klinge nicht. Er grub seine Krallen in meinen Nacken, aber ich spürte es nicht, und es war mir auch egal. Dieser letzte Stoß hatte mich den allerletzten Rest meiner Kraft gekostet.
    Nun blieb mir weiter nichts, als dort liegen zu bleiben. Ich würde ihn sterben sehen, ehe ich selbst starb. Das würde mir genügen.
    Bono lag nun auf dem Rücken. »Ich will nicht sterben«, murmelte er zwischen flachen, heiseren Atemstößen. »Ich will nicht sterbe n … «
    Dann begann sein Körper zu rauchen. Erst bedeckte ein zarter, indigoblauer Nebelschleier seine Haut, dann hob er sich, und Rauch stieg zum Abendhimmel auf.
    »Meine Mach t … entschwindet«, krächzte Bono. Der Rauch wurde dichter, und der Upir begann nun in der Sprache der Macht zu murmeln. Ich verstand kein Wort. Er redete fieberhaft, klammerte sich krampfhaft ans Leben oder betete lediglich – ich wusste es nicht.
    Dann lief ein Schaudern durch den todgeweihten Leib. Er verstummte. Seine Fersen gruben sich in den Boden. Der blaue Rauch verschwand wie eine ausgeblasene Kerzenflamme. Und die reglosen Augen des Upirs starrten in die Nacht. Es war vorbei.
    Ich wäre gern zu Curran hinübergerobbt. Wenn wir gemeinsam abtraten, hatte ich im Leben nach dem Tod wenigstens jemanden, gegen den ich kämpfen konnte.
    Es war schon ein verdammt toller Kus s …
    Dann wurde alles schwarz.

Epilog
    I n der Hölle sah es ganz ähnlich aus wie bei mir zu Hause.
    Ich lag unter etwas, das eine meiner Decken zu sein schien, und auf etwas, das sich wie mein Bett anfühlte. Und ein dumpfer Schmerz nagte an meinen Rippen. Spürte man im Leben nach dem Tod noch Schmerzen?
    Auf dem Nachttisch stand ein Glas Wasser. Mit einem Mal war ich sehr durstig. Ich griff nach dem Glas und musste feststellen, dass meine Hände dick bandagiert waren. Ich starrte erst die Verbände, dann das Glas an.
    Eine Hand, die einen abgeschnittenen Handschuh trug, nahm das Glas und hielt es mir hin.
    »Einen Moment lang dachte ich doch tatsächlich, ich wäre noch am Leben«, sagte ich und sah in Nicks unrasiertes Gesicht. »Jetzt weiß ich, dass ich in der Hölle bin, und du bist mein Kindermädchen.«
    »Du bist längst nicht so witzig, wie du glaubst«, erwidert er. »Trink das Wasser.«
    Das tat ich. Das Schlucken tat mir weh. Er nahm mir das Glas wieder ab und stand auf, und sein Trenchcoat strich über den Rand meiner Bettdecke.
    »Vorsicht, die Bazillen«, sagte ich.
    »Meine Bazillen sind jetzt deine kleinste Sorge«, erwiderte er. Er streckte eine Hand aus, fuhr mit den Fingern über meinen Arm und betrachtete das Leuchten.
    »Normalerweise ist es nicht so hell.
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