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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung
Autoren: Kat Martin
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Feuerball. Lieber
Gott, bitte gib, daß er nicht vor mir zu Hause ist.
    Doch ihre
Chancen standen nicht gut, das wußte sie. In ihrer zerlumpten, schmutzigen
Kleidung, mit dem verschwitzten blonden Haar, das ihr an der Stirn klebte, sah
sie sicher entsetzlich aus. Sie betete, daß das Glück ihr hold war, daß Jimmy
ihr sofort das Pferd abnehmen würde, während sie unauffällig über die
Hintertreppe in ihr Zimmer schlich.
    Jessie
lächelte. Wenigstens hatte Anne das Baby gesund zur Welt bringen können, ein
kleines Mädchen, dem sie den Namen Fora gegeben hatte. Als Jessie angekommen
war, hatte Anne vor Angst geschluchzt, sie war sicher gewesen, daß sie das Kind
verlieren würde. Der Schmerz hatte sie beinahe zerrissen, und Jessie hatte
nicht nur um das Leben des Kindes gezittert.
    Gerade, als
es den Anschein hatte, daß Anne an der Geburt sterben würde, war der Arzt
eingetroffen. Das Baby lag falsch, hatte er festgestellt. Es war ihm
schließlich gelungen, es in die richtige Lage zu bringen, und das Kind war zur
Welt gekommen. Als Jessie ging, waren Mutter und Kind außer Gefahr. Tränen
der Rührung standen in Jessies Augen, als sie erneut an das Wunder dieses neuen
Lebens dachte.
    Sie keuchte
entsetzt auf, als das Pferd in eine tiefe Pfütze trat und sie damit aus ihren
Gedanken riß. Gefährlich rutschte Jessie im Sattel seitwärts. Das Pferd strauchelte
kurz, fing sich aber wieder und galoppierte weiter.
    Sie
näherten sich jetzt der Buchsbaumhecke hinter dem Stall, fast waren sie zu
Hause. Jimmie winkte ihr schon aus der hinteren Stalltür zu. Jetzt brauchte
sie nur noch über die Hecke zu setzen.
    Jessie
beugte sich tief über den Hals des Pferdes, mit Leichtigkeit flogen sie über
die Hecke – die Landung allerdings verlief nicht so glücklich. Eine große
Pfütze, die sie nicht vorhergesehen hatte, machte den Boden glitschig und es
der Stute fast unmöglich, Fuß zu fassen. In dem Moment trat ein Mann aus dem
Schatten und lenkte das Pferd zusätzlich ab. Die Stute versuchte
auszuweichen. Der Sattel rutschte zur einen und Jessie zur anderen Seite. Sie
fiel vom Pferd und landete mit einem heftigen Aufplatschen genau in der
Pfütze.
    »Verdammte
Hölle!« Pitschnaß saß sie mitten in der Bodenkuhle und spuckte. Ihren Hut
hatte sie verloren, ihr blondes Haar war voller Erde und klebte ihr in
traurigen Strähnen am Kopf. Hals und Gesicht waren gesprenkelt mit Schlamm, ihr
Hemd war vom Wasser durchweicht, und ihre Hose war sowieso naß.
    Sie blickte
zu dem Kerl auf, der der Grund dafür gewesen war, daß das Pferd gescheut hatte.
Zuerst sah sie ein paar hohe schwarze Schaftstiefel. Eine enge braune Hose
umschloß lange schlanke Beine und schmale Hüften. Mit wachsendem Entsetzen
wanderte ihr Blick weiter über einen muskulösen Oberkörper, über breite
Schultern – zum harten, kantigen Gesicht des riesigen Mannes.
    Kapitän
Matthew Seaton, Graf von Strickland. Ihr blieb wirklich nichts erspart.
    Bis auf
ihre Begegnung mit Papa Reggie hatte Jessie Fox in ihrem Leben kein großes
Glück gehabt.
    »Ts, ts,
ist das nicht die berüchtigte Miss Fox?« Voller Sarkasmus troffen die Worte
über seine wohlgeformten Lippen. Augen, so dunkelblau, wie Jessie sie noch nie
gesehen hatte, musterten sie von Kopf bis Fuß ohne einen Anflug von Überraschung.
Genau das, was er da vor sich sah, hatte er erwartet.
    Jessie
fühlte sich ganz elend. Sie hatte ihn beeindrucken wollen, der Marquis hatte
stolz auf sie sein sollen. Statt dessen wirkte sie jetzt wie ein völliger
Dummkopf. Sie zwang sich mit letzter Kraft, das Kinn zu heben. »Ich ... ich
fürchte, ich muß mich schnell umziehen.« Sie rappelte sich hoch und wandte sich
ab. Das Gesicht des Grafen zeigte keinerlei Reaktion.
    »Ich finde,
das ist eine hervorragende Idee. Warum gehen wir nicht beide zusammen ins Haus?
Ihr könntet auf dem Weg zu Eurem Zimmer kurz bei meinem Vater hereinschauen und
ihm zeigen, was für eine Lady aus Euch geworden ist.«
    Jessies
Hals war wie ausgedörrt. Sie hielt den Kopf hoch er hoben, obwohl sich ihr
Inneres aufzulösen schien. »Euer Vater weiß besser als alle anderen Menschen
auf der Welt, wie ich bin. Im Gegensatz zu Euch würde er besorgt sein, wenn er
mitangesehen hätte, wie ich vom Pferd gestürzt bin. Wenn Ihr mich jetzt bitte
entschuldigen würdet ...«
    Sie wandte
sich ab und ging davon. Ihr Kopf dröhnte, sie konnte nur qualvoll atmen. Durch
ihren Knöchel zuckte ein sengender Schmerz. Sie hatte gar nicht registriert,
daß
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