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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung
Autoren: F Henz
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der durchschnittlichen Grillstuben beschränkte sich auf Steak mit Fritten, gebratene Würste-, Bohnen-, Linsen- oder Rote Beete-Eintöpfe. Hin und wieder gab es eine Pizzeria oder einen Bäcker, der auch warme Snacks anbot.
    Tessa rechnete daher nicht mit einem kulinarischen Höhepunkt, was das Abendessen betraf, aber ihr Tag war lang gewesen, das Mittagessen ausgefallen, also würde sie die übliche Steak-Fritten-Kombination dankbar akzeptieren.
    In der Grillstube, vor der Berit den Jeep schließlich parkte, lehnten zwei Männer an der Bar, die Resopalplatten der Tische im Schankraum waren zwar sauber, aber niemand saß dort.
    Tessa ließ sich auf den erstbesten Sessel fallen, während Berit zum Tresen ging und dem Gläser trocknenden Kellner Anweisung gab, drei Tische zusammenzuschieben. Mit sichtlichem Widerwillen schlurfte er näher und wischte sich dabei die Hände an einer langen, vor Wochen wohl weiß gewesenen Schürze ab. Noch während er damit beschäftigt war, betraten die Männer vom Bergungstrupp mit fröhlichem Gelächter den Raum. Tessa fing Hendriks Blick auf, versuchte vergebens, nicht rot zu werden und stöhnte innerlich, als er sich auf die Bank ihr gegenübersetzte.
    „So sieht man sich wieder.“ Er grinste und streifte seine abgewetzte Lederjacke ab.
    „Dass du dich nur nicht erkältest.“ Berit war an den Tisch getreten und betrachtete mit verkniffener Miene das eng sitzende T-Shirt. Oder die Muskeln darunter. Was praktisch dasselbe war.
    „Eine von euch wird mich schon pflegen“, entgegnete Hendrik unbekümmert.
    „Täusch dich nicht“, sagte Berit spitz. „Rutsch rein, deine Kumpels haben alle Sessel belegt.“
    „Aber gerne doch.“
    Der Kellner verteilte abgegriffene laminierte Karten, auf denen sich das triste Angebot von Speisen und Getränken versammelte. Die Auswahl bestätigte Tessas Erwartungen. Sie entschied sich wie Berit für gegrillte Hühnerbrust mit Pommes Frites und orderte ein Bier dazu.
    „Du sprichst Norwegisch beinahe ohne Akzent.“ In Hendriks Stimme lag unverhohlene Bewunderung. „Ich bin froh, wenn ich ein paar Brocken Englisch zusammenbekomme.“
    „Danke. Ich habe zwei Jahre in Oslo studiert.’“, antwortete Tessa und beschloss, das ungefährliche Thema zu vertiefen. „Bist du von hier oder vom Festland?“
    „Ich hab eine Bergungsfirma in Stavanger. Wir arbeiten in ganz Skandinavien. Abgestürzte Flugzeuge und Hubschrauber, beschädigte Bohrinseln oder ganz banale Autounfälle. Wenn’s sein muss, auch Lawinen und Moränenabgänge.“ Er griff nach dem Bier, das ihm der Kellner reichte.
    „Skål“, sagte Tessa und hob die Flasche. Nach Gläsern zu verlangen, erübrigte sich wohl. „Auf unser Projekt und gute Teamarbeit.“
    Sie stießen reihum mit den Flaschen an. Mittlerweile hatte sich die Gaststätte mit hungrigen Wanderern gefüllt, die ihre Rücksäcke neben den Tischen stapelten. Einer von ihnen ging zu der Musikbox und fütterte sie mit Münzen, was zur Folge hatte, dass der Raum kurz darauf von fidelem Countrysound erschüttert wurde.
    Tessa beugte sich über den Tisch, um den Geräuschpegel zu übertönen. „Hast du schon einen Plan, wie das Schiff geborgen werden soll? Der Großteil ist ja noch immer im Eis eingeschlossen.“
    „Wir warten die Untersuchungsergebnisse des Geologen und des Statikers ab, die zu Beginn der Woche hier waren. Am einfachsten wäre es, das Eis abzuschmelzen mit Wärmestrahlern, aber ohne Bodenbefund ist das zu riskant. Nicht nur für das Schiff, auch für meine Männer.“
    „Und wann werden die Ergebnisse vorliegen?“
    Hendrik zuckte die Schultern. „Sie wollten uns die Ergebnisse faxen.“
    „Und wohin?“
    „Nick hat uns sein Faxgerät zur Verfügung gestellt“, mischte sich Berit ein. „Nick gehört das Torget Sjøhus, die Pension, in der wir untergebracht sind. Vielleicht liegen die Ergebnisse schon vor, wenn wir heimkehren.“
    „Wie ich ihn einschätze, hat er bestimmt sein Büro abgesperrt“, meinte Hendrik trocken. „Sonst müsste er womöglich auf uns warten und eine Stunde seines Schönheitsschlafes canceln. Was sich auf sein Äußeres sicher verheerend auswirken würde.“
    Berit lachte. „Und auf seine kommunikativen Fähigkeiten. Du hast Recht, das will ich mir gar nicht vorstellen.“
    Tessa zuckte zusammen, als der Kellner ohne Vorwarnung von hinten den Teller vor sie hinknallte. Automatisch legte sie die auf den Tisch abgestürzten Fritten wieder zurück zu ihren Kameraden. „Wenn
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