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Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten

Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten

Titel: Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten
Autoren: N. Schwalbe
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mit einer riesigen Transportbox, die überall mit Löchern versehen war. Was war denn das? 
    „Guten Tag, sind Sie Marten van der Benke?“
    „Ja.“ Wer sonst? Fragend lächelte ich ihn an.
    „Diese Sendung hier ist für Sie. Und sagen Sie mir bitte nicht, dass Sie sie nicht annehmen. Es ist eine Expresslieferung und lebendig noch dazu. Lebendversand gehört eigentlich nicht zu meinen Aufgaben. War ’ne Ausnahme, dass ich für den Kollegen eingesprungen bin.“
    „Dann geben Sie’s mal her!“, forderte ich ihn auf. Er hievte das Paket hoch und drückte es mir in den Arm.
    Guter Gott, war das schwer! Mit Mühe und Not platzierte ich es im Hausflur. Dann bekam ich noch eine zweite Transportbox und ein Paket. Kaum war der Postbote weg, wieherte es in der großen Transportbox. Ich riss den Deckel ab und staunte nicht schlecht. John hatte uns doch tatsächlich Lucy mitgeschickt, das klitzekleine Minipony, das mir gerade mal bis zum Knie reichte. In der zweiten Box hüpften zwei Löwenkopfhäschen herum und im Paket fand ich den Sattel und das Zaumzeug für Lucy. Mit dem Hasenkarton und dem Pony bewaffnet lief ich durchs Wohnzimmer auf die Terrasse und rief nach Stevie. Neugierig drehte er den Kopf und strahlte bis über beide Ohren, als er sein Pony erkannte. Aufgeregt kam er angetapst. Lucy sprang übermütig auf ihn zu und schleckte ihm die Patschehändchen ab.
    Es klingelte erneut. Ich schaute zu Jürgen und Klaus rüber, aber keiner von beiden saß noch im Garten. Ich hatte keine Lust, hinzugehen. Ich wollte schmollen. Und am liebsten wäre ich wieder in den Flieger gestiegen und nach Australien zurückgeflogen. Das Land, das Klima und Johns Gesellschaft hatten mir sehr gefallen und ich konnte all meine Sorgen für eine Zeitlang vergessen. Jetzt, wo ich wieder hier war und das Haus aussah wie ein Schweinestall, wäre ich am liebsten geflüchtet - eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.
    Es klingelte erneut, dieses Mal Sturm. Stevie zeigte auf die Terrassentür, doch ich winkte ab und lief mit ihm in den hinteren Teil des Gartens, in dem wir ganz versteckt hinter ein paar Büschen spielen konnten. Hier hatte Thorsten auch bereits eine Sandkiste hingebaut und Sandspielzeug gekauft.
    Ich entfernte die Plane und fing an, mit Stevie zu buddeln. Irgendwann hatte er Hunger und Durst und ich lief zu meiner Reisetasche, um seine Flasche und ein paar Kekse zu holen. Erst als die Sonne tiefer stand, gingen wir zum Haus zurück. Da ich noch keinen Stall für die Tiere hatte und für die Nacht mildes, trockenes Wetter angekündigt war, band ich Lucy auf der Terrasse fest und baute ihr einen kleinen Schutz aus Stühlen. Die Hasen nahm ich mit ins Wohnzimmer. Stevie natürlich auch.
    Ich ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Gähnende Leere. Na, toll. Jetzt musste ich auch noch einkaufen gehen und Thorstens Auto stand nicht in der Auffahrt. Ich schaute an die Pinnwand auf seinen Dienstplan, doch er hatte heute keinen Dienst. Wo steckte der Kerl bloß? 
    Im Schrank fand ich noch ein paar Nudeln, die ich schnell kochte und Stevie auftischte. Dann brachte ich ihn nach oben ins Schlafzimmer. Während ich Thorstens Klamotten wegräumte, sprang der Kleine übermütig auf dem Bett herum. Als der Raum wieder einigermaßen wohnlich aussah, legte ich Stevie auf meine Betthälfte, guckte mit ihm ein Buch an, das John uns mitgegeben hatte und wartete, bis er eingeschlafen war.
    Um zweiundzwanzig Uhr hörte ich den Schlüssel in der Tür. Ich vernahm das Poltern von Thorstens Schuhen und seine Schritte auf der Treppe. Mir klopfte das Herz bis zum Hals. Als er im Türrahmen vom Schlafzimmer stand, blieb mir fast die Luft weg. Er sah aus wie ein Schatten seiner selbst. Sein blasses Gesicht war eingefallen, unter den Augen hatte er tiefbraune Ringe und seine Klamotten hatten sicherlich schon sauberere Tage gesehen.
    „Hi“, sagte er abgekämpft, als hätte er einen Marathonlauf hinter sich.
    „Hi.“
    „Wie war die Reise?“
    „Gut. Und was wolltest du mir sagen?“, fiel ich gleich mit der Tür ins Haus.
    Thorsten strich sich über das unrasierte Kinn. „Also,... Maria will die Kinder behalten und nach Amerika gehen. Das Geld kann sie uns nicht zurückgeben. Damit hat sie bereits die Universität in den Staaten bezahlt.“
    „Und wie will sie mit zwei Babys studieren? So alleine, meine ich?“
    „Ähm ... nun ... also ...“
    Okay, mehr brauchte er mir nicht zu sagen. Er wollte sie begleiten. Mein angeknackstes Herz
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