Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel
Autoren: Lotte Kinskofer
Vom Netzwerk:
viele Jungs hast du am Strand stehen lassen, um jetzt zu telefonieren?«
    »Egal, die warten. Was ist passiert?«
    Jamina erzählte zum ersten Mal zusammenhängend und ohne Beschönigung, wie sie die letzten Tage erlebt hatte. Sophia unterbrach sie kein einziges Mal.
    »So, und jetzt kannst du mir sagen, dass du Yoyo immer für eine blöde Kuh gehalten hast und …«
    »Das ist doch jetzt nicht wichtig.«
    Jamina war überrascht.
    »Du klingst wirklich ziemlich fertig, Jamina.«
    »Bin ich auch.«
    »Mehr wegen Alexander oder mehr wegen Yoyo oder wegen deiner Eltern?«
    »Keine Ahnung, das kann ich noch nicht so ganz sortieren.«
    »Wahnsinn, dass diese Nele alle Leute so um den Finger gewickelt hat, sogar deine Mutter.«
    Zum ersten Mal musste Jamina lachen. »Bei dir hat das ja nicht so geklappt.«
    »Ich bin immun gegen diesen Charme«, behauptete Sophia. »Aber auch bloß, weil ich total eifersüchtig auf diese dumme Tusse war.«
    Sie schwiegen einen Moment, aber Jamina spürte, dass Sophia für sie da war, am anderen Ende der Leitung, weit, weit weg, aber näher als in den letzten Wochen. Sie hörte die Geräusche von lachenden Menschen.
    »Du bist wirklich am Strand.«
    »Hm.«
    »Wieder verliebt.«
    »Und wie.«
    »Nichts mehr mit Merlin?«
    »Du kannst ihn haben, er steht doch sowieso auf dich. Und anscheinend ist er auch netter als dieser Alexander.«
    »Weißt du, was mein Problem ist? Alexander kann ich aus dem Weg gehen und Yoyo auch. Aber diese Eiszeit mit meiner Mutter, das schafft mich echt.«
    »Kenn ich gut. Eltern können das überhaupt nicht haben, wenn ihre Kinder erwachsen werden. Wenn sie ihnen nicht mehr alles erzählen. Da reagieren die total beleidigt.«
    »Und was soll ich tun?«
    »Warte, bis die Synapsen im Hirn sich neu sortiert haben. Bis sie endlich umgestöpselt sind von ›Meine Tochter ist klein und hilfsbedürftig‹ auf ›Meine Tochter ist erwachsen und braucht meinen Rat nicht mehr‹.«
    »Ich dachte, in der Pubertät werden die Hirnsynapsen neu sortiert.«
    »Das erzählen dir die Erwachsenen. In Wirklichkeit haben sie das Problem.«
    Jamina lachte endlich einmal wieder aus vollem Herzen.
    Lange konnte sie nicht einschlafen. Hannah fiel ihr ein.
    Sie hat mir mein Leben weggenommen.
    Ja, Hannah war zwar auf eine andere Verrückte hereingefallen, aber die Parallelen zu Yoyo waren deutlich.
    Doch wenn sie die Augen schloss, erinnerte sie sich auch an die schönen Momente mit Yoyo. Eis am Eisbach, Kanapees bei der Vernissage, der Bungee-Sprung. Lachen, Lebenslust, Fantasie, Wünsche ausleben, Träume aussprechen bei den gemeinsamen Abenden in diesem Zimmer.
    Jamina machte das Licht wieder an. Ihr Blick fiel auf die Anlage, die Yoyo ihr geschenkt oder geliehen hatte. Sie wollte doch alles wegräumen, was sie an Yoyo erinnerte. Wie konnte sie dabei ausgerechnet die Anlage übersehen?
    Sie stellte die Musik an. Die CD von Amy Winehouse. Hatte sie je eine andere in diesem CD-Player gehört?
    I cheated myself,
    Like I knew I would.
    I told you I was trouble.
    You know that I'm no good.
    Yoyos Lieblingslied. Jamina hörte zu, sah sich in ihrem Zimmer um. Es wirkte auf einmal so klein. Als wäre sie rausgewachsen. Als bräuchte sie mehr Luft und mehr Raum. Als würde draußen etwas Neues auf sie warten. Sie brauchte Yoyo nicht mehr, um sich etwas zu trauen, um ein Risiko einzugehen. Das schaffte sie jetzt auch alleine.

33. Kapitel
    Das Leben war kein ruhiger Fluss mehr, sondern ein reißender Strom. Mit tückischen Wellen, die einen in die Tiefe zogen, aber auch mit Wellen, die einen mitnahmen und trugen oder mit einem Schwung weit, weit nach vorne warfen.
    Der erste Schultag nach den Pfingstferien fühlte sich noch völlig normal an. Merlin, Mac, Sven … sie waren alle wieder da. Sie hatten alle eine Menge erlebt im Urlaub, waren gebräunt und erholt, erzählten von Flirts und Begegnungen, aber sie waren dieselben geblieben.
    Niemand fragte an diesem Tag nach Yoyo, alle schienen noch zu sehr mit ihren Ferien, mit ihren eigenen Geschichten, mit ihren Gedanken beschäftigt. Alle wollten erzählen, niemand mochte zuhören, und alle wollten sich gegenseitig übertreffen.
    Nur mit Sophia war es anders. Sie und Jamina lächelten sich vertraut an, als sie sich nebeneinander setzten. Sie hatten noch ein paarmal telefoniert in den Ferien, und als Jamina ihre Freundin darauf aufmerksam gemacht hatte, wie teuer das aus dem Ausland war, da lachte Sophia nur: »Das bist du mir wert.« Jamina hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher