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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel
Autoren: Lotte Kinskofer
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am liebsten auf die Zunge gebissen. Das Wort ›eine‹ war nicht notwendig. Aber nach Yoyos Diskussion mit dem Mann war es ihr eben so rausgerutscht.
    Der Eisverkäufer wandte sich an Yoyo, skeptisch-abwartend. Die setzte ihr schönstes Lächeln auf.
    »Einmal Schoko in der Waffel, bitte.«
    Der Eisverkäufer seufzte, nahm die Waffel und kratzte Eis aus der Dose.
    »Warum nimmst du jetzt nur eine Kugel?«, fragte Jamina. Yoyo grinste nur, sagte aber nichts.
    »Kennen noch nicht so lange, eh?«, fragte der Eisverkäufer, als Jamina ihm das Geld gab. »Aber ich kenne!«
    Jamina beobachtete Yoyo, wie sie einmal an ihrem Eis leckte, genießerisch die Augen verdrehte. Dann reichte sie es Jamina, die schon weggehen wollte.
    »Halt mal.« Yoyo wandte sich noch einmal an den Mann am Eisstand, dessen Schnurrbartspitzen wieder bedenklich zitterten. Er wusste wohl, was nun kam, er hatte bereits eine neue Waffel in der Hand.
    »Einmal Himbeer in der Waffel, bitte.«
    »Aber gerne, Signorina.« Er wirkte so, als wollte er brüllen.
    Jamina wäre am liebsten im Boden versunken. Aber sie nahm ihre Waffel und die von Yoyo in eine Hand und kramte in ihrer Jackentasche nach Geld.
    »Lass nur«, meinte Yoyo und reichte dem Eisverkäufer einen Euro.
    »Soll ich noch machen Erdbeer und Stracciatella?«, fragte er aus zusammengepressten Lippen.
    »Nur Erdbeer, bitte. Die andere Waffel hole ich später«, flötete Yoyo und strahlte ihn freundlich an.
    Der Mann reichte ihr auch das dritte Eis.
    »Kostet nix, wenn heute nicht wiederkommen.«
    »Danke.«
    Endlich konnten sie gehen. Der Mann zischte einen italienischen Fluch hinter ihnen her.
    »Ochetta.«
    Yoyo wandte sich um und lachte ihn an.
    »Das habe ich verstanden, Federico. Für die dumme Gans wirst du in der Hölle schmoren!«
    »Porca vacca!«
    »Für die Kuh erst recht, figlio de puttana!«
    Der Eisverkäufer sah aus, als wollte er seinen Stand im Stich lassen und hinter ihnen herlaufen. Aber dann überlegte er es sich doch anders.
    »Strega! Che cazzo voi, eh?«
    Yoyo fluchte zurück und lachte dann über das Feuerwerk an italienischen Beschimpfungen, das sie noch eine Weile auf ihrem Weg begleitete.»Warum machst du das mit den Waffeln?«, fragte Jamina, als sie zurück zu ihrem Platz am Eisbach gingen.
    »Weil ich Waffeln mag«, antwortete Yoyo und biss genüsslich in eine.
    »Deshalb musst du ihn doch nicht provozieren.«
    »Ich hab schon oft Eis dort gekauft und fand Federico immer total nett. Aber vor zwei Wochen hat er ein paar Kinder weggescheucht, weil sie eine zweite Waffel wollten. Da hab ich ihm einen super Auftritt hingelegt. Die Spaziergänger sind stehen geblieben und haben uns beobachtet. Einer wollte schon die Polizei rufen, weil er dachte, wir gehen aufeinander los.«
    »Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie das abgelaufen ist.«
    »Du wärst auf der Stelle abgehauen oder hättest so getan, als ob du mich nicht kennst.«
    Vermutlich hatte Yoyo recht. Aber das wollte Jamina natürlich nicht zugeben. Also schwieg sie.
    »Seitdem mache ich das jedes Mal, wenn ich hier in der Nähe bin.«
    »Aber er müsste dir doch die Waffeln nicht geben, er könnte dich ignorieren.«
    »Es ist ein Spiel, Jamina. Und bestimmt macht es ihm fast so viel Spaß wie mir.«
    »Glaub ich nicht. Der war doch stinksauer.«
    »Er konnte endlich mal wieder so richtig auf Italienisch schimpfen und streiten. Das war's ihm vielleicht wert.«
    »Niemand streitet gern.«
    Yoyo sah sie direkt an: »Doch. Ich. Und wenn du dich öfter mit mir treffen willst, dann solltest du es lernen.«
    Yoyo aß ihre Waffel und stand auf. »Holen wir uns noch ein Eis?«
    Jamina zuckte zusammen, damit hatte sie nicht gerechnet. Doch als sie Yoyos auffordernden Blick sah, da spürte sie so etwas wie Spaß an der Sache. Warum nicht? Es war ein Spiel …
    »Ich hab mir Italienisch selbst beigebracht«, erzählte Yoyo, als sie sich mit ihrem neuen Eis am Ufer hinsetzten und die Füße ins Wasser hielten. Federico hatte dieses Mal gar nichts gesagt, einfach nur die Waffeln mit jeweils einer Kugel herausgerückt und sich dann anderen Kunden zugewandt.
    »Zumindest das, was man braucht, wenn man mit den Leuten reden will.«
    »Du meinst: Schimpfwörter?«
    »Nein, ich kann auch noch ein paar andere Sachen.«
    »Warum Italienisch?«
    »Weil meine Mutter aus Neapel war. Deshalb.«
    »Wieso: war?«, fragte Jamina. Sie hatte eine leise Ahnung.
    »Sie ist bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.«
    Jamina rutschte das Eis
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