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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel
Autoren: Lotte Kinskofer
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auf der Straße? Auf Partys nippte sie manchmal an einem Glas Bier oder Wein, aber so richtig toll fand sie das nicht. Es schmeckte ihr nicht.
    Ob Champagner anders war? Besser? Prickelnder?
    »Weißt du überhaupt, was du verpasst?«, fragte Yoyo und nahm nun selber einen Schluck.
    Jamina sah sich unbehaglich um, sie spürte Yoyos Blick auf sich ruhen.
    »Wenn der Champagner echt ist … der kostet doch total viel.«
    »Du denkst, ich hab geklaut.«
    Jamina wich dem Blick aus. Yoyo wühlte in ihrer Hosentasche und zog drei 50-Euro-Scheine hervor.
    »Ich hab Geld. Und wenn ich will, zahle ich auch. Aber nur dann. Verstanden?«
    Die gute Stimmung war dahin. Sie standen sich schweigend gegenüber. Jamina überlegte fieberhaft, was sie sagen könnte, um die Spannung rauszunehmen. Yoyo trank wieder, rülpste leise.
    »Tut mir leid«, sagte Jamina.
    »Was genau?«
    »Dass ich gedacht habe, du klaust. Dass ich keine Lust habe zu trinken. Dass ich keine Zeit mehr habe …«
    »Dir tut ganz schön viel leid.«
    Jamina lächelte: »Ich bin bekannt dafür, dass ich mich andauernd entschuldige.«
    »Lass es bei mir sein. Sag, was du willst. Und alles ist gut.«
    »Ich muss nach Hause. Wegen meinem kleinen Bruder.«
    »Willst du oder musst du?«
    »Beides.«
    Yoyo nickte nur und packte nun noch eine Coladose aus.
    »Okay, Cola für dich und Schampus für mich. Und nix Englischer Garten. Man kann sich's ja überall schön machen.«
    Damit setzte sie sich an den Straßenrand, öffnete die Coladose und reichte sie Jamina.
    »Komm schon, danach kannst du gehen.«
    »Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder …«
    »Klar, wenn du das willst …«
    Ist doch okay, dass du nach Hause musst. Ist schön, dass jemand auf dich wartet. Weißt du, auf mich wartet niemand, kein Schwein. Ob ich jetzt komme oder um Mitternacht, alles egal.
    Wie Eltern? Ich wohn nicht bei denen. Erzähl ich dir ein andermal, warum. Ist total blöd, wenn du für dich selbst sorgen musst, weil's sonst keiner tut. Aber ist auch 'ne Menge Freiheit drin, weißt du. Ob ich zur Schule gehe oder nicht, ob ich so rumlaufe oder ganz schick oder halb nackt, egal. Manchmal übernachte ich auch im Freien, wenn schönes Wetter ist. Oder irgendwo in einem Keller. Deshalb der Seesack. Da ist alles drin, was ich brauche. Ich kann aus meinem Leben machen, was ich will. Und das mach ich auch. Verlass dich drauf.

2. Kapitel
    Als sie an der Münchner Freiheit wieder die Treppe zur U-Bahn hinunterging, fühlte Jamina sich, als hätte sie doch einen Schluck aus der Champagnerflasche genommen. Leicht beschwingt, irgendwie frei, gelöst, locker. Sie lächelte vor sich hin. Als wäre eine Last von ihr abgefallen. Musste sie das tun, was sie tat, oder wollte sie es? Yoyos Frage ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Ja, sie wollte sich um Rafik kümmern. Sie musste es nicht nur. Das fühlte sich doch schon viel besser an.
    Musste sie sich eine Fahrkarte kaufen oder wollte sie es? Für einen Moment war die Versuchung da, noch einmal schwarzzufahren. Es bewusst zu tun, es zu riskieren. Aber dieses Mal würde Yoyo ihr nicht zu Hilfe kommen. Die saß nun mit ihrer Flasche Champagner auf irgendeiner Bank im Englischen Garten und aß Chips dazu.
    Yoyos Worte begleiteten sie beim Umsteigen am Scheidplatz, beim Aussteigen in Milbertshofen, den kurzen Weg zum Mietshaus in der Keferloher Straße. In der Familie war man nicht allein, dafür war Yoyo frei. Was war besser? Wenn sie jetzt auch einfach irgendwo herumhocken könnte, weil es egal war, ob sie nach Hause ging oder nicht: Würde ihr das gefallen? Jamina wusste es nicht. Ihr Leben war nie so gewesen. Ihren Eltern warimmer wichtig, wann sie nach Hause kam. Nicht nur wegen Rafik. Auch weil sie sich dafür interessierten, was Jamina machte, wer ihre Freunde waren, was sie bekümmerte, was sie freute.
    Von Weitem sah sie den Vater kommen, der schon zur Arbeit ging. Sie lächelte ihm entgegen.
    »Rafik ist bei Herrn Kamke, er wollte nicht alleine in der Wohnung bleiben.«
    »Ist das nicht zu anstrengend für Opa Kamke?«
    »Sein Enkel ist da. Er hat angeboten, dass er Rafik übernimmt, bis du da bist.«
    »Na, dann werde ich Alexander mal erlösen«, sagte Jamina, lächelte ihrem Vater noch zu und ging weiter.
    Ich kann aus meinem Leben machen, was ich will. Das hatte Yoyo gesagt. Aber das konnte sie, Jamina, doch auch! Trotz Familie und gerade weil sie diese Familie hatte.
    Konnte sie wirklich? Gab es da nicht diese kleinen und größeren Zwänge? Nur
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