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Splitternest

Titel: Splitternest
Autoren: Markolf Hoffmann
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niemals wie die anderen Logen an ein einzelnes Reich gebunden, sondern diente immer mehreren Herren – den Königen von Gyr und Candacar, den magischen Universitäten Kathygas, den Ritterorden des Kaiserreichs. Ein Mönch der Solcata ist es gewohnt, sich anzupassen.«
    »Und warum gingst du nach Aroc?«
    »Ich glaubte mich hier in Sicherheit. Auf Bilmephal habe ich die Goldéi aus nächster Nähe gesehen. Sie gleichen Reptilien, mit ihrer Schuppenhaut und den hässlichen Schwänzen. Deshalb hoffte ich, sie würden Arocs Kälte meiden, wie candacarische Leguane, die sich im Winter in warmen Tümpeln verkriechen.« Gubyr klopfte verbittert den Schnee von seinen Ärmeln. »Damals wusste ich noch nicht, dass ihre Echsengestalt nur ein Trugbild ist. Es gibt keinen Ort, an dem man vor den Goldéi sicher ist … noch nicht!«
    Talomar runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
    »Dass man uns Menschen belogen hat. Die Zauberer wussten schon immer, welche Gefahr von den Quellen ausgeht. Sie hätten sie verschließen sollen, anstatt sie auszubeuten. Und ich war ein Teil dieses Irrsinns! Ich habe an die Heldengeschichten um Durta Slargin geglaubt, an die Pflicht der Logen, sein Erbe zu hüten und die Sphäre zu beherrschen. Nun ist Gharax dem Untergang nahe.« Gubyrs Blick verfinsterte sich. »Die Erkenntnis, sein Leben einer Lüge geweiht zu haben, ist bitter. Aber das kannst du nicht verstehen.«
    »Vielleicht doch«, sagte Talomar. »Auch ich habe lange an eine Lüge geglaubt und dafür gebüßt.« Er starrte auf den eingestickten Krebs auf seinem Handschuh.
    Gubyr beobachtete ihn aufmerksam. »Hast du deshalb deine Heimat verlassen – um Buße zu tun? Lass mich raten. Ging es um einen Familienstreit? Um einen Bruderzwist? Um eine Frau?«
    Talomars Mundwinkel zuckten. Gubyr lachte auf.
    »Um eine Frau also. Hat sie dich verlassen? Oder kamst du nach Aroc, um sie zu vergessen?«
    »Vielleicht«, sagte Talomar unwirsch. »Ich will nicht davon sprechen.«
    »Nun zier dich nicht. Vermutlich finden wir beide hier oben den Tod. Es wäre schade, wenn du stirbst, ohne ein letztes Mal an dein Liebchen gedacht zu haben.«
    »Ich denke jeden Tag an sie«, entfuhr es Talomar. »Hast du denn nie geliebt, Gubyr? Hast du nie an einer Frau gelitten?« Er wartete nicht auf eine Antwort. »Ich wollte sie seit meiner Kindheit. Sie war meine erste und einzige Liebe, und doch habe ich sie verloren. Bist du nun zufrieden?«
    Der Candacarer grinste. »Nein. Erzähle mehr von ihr. Wer war sie?«
    Talomar senkte den Blick. »Die Tochter meines Lehnsherrn, des Grafen von Bolmar. Mein Vater war ein Vogt im Dienst des Grafen, und ich wuchs in seiner Burg auf … dort lernte ich sie kennen. Wir spielten zusammen, wir wurden von denselben Lehrern unterrichtet, wir erkundeten die Burg und lernten das Leben kennen. Sie war schon als Kind eine Schönheit und äußerst klug, und ich Narr war hoffnungslos in sie verliebt, all die Jahre lang …«
    »Erwiderte sie denn deine Liebe?«
    »Das glaubte ich lange Zeit. Einmal küssten wir uns am Ufer eines Flusses, und als meine Familie mich auf die Handelsschule in Gehani schickte, schrieb sie mir törichte Briefe. Ich … fühlte mich ihrer sicher. Hätte ich damals um ihre Hand angehalten, so hätte ihr Vater sie mir gegeben. Aber ich kam zu spät.« Talomars Finger gruben sich in den Schnee. »Sie heiratete einen anderen. Einen Mann, der reicher und bedeutsamer war als ich. Jundala hat sich schon immer von Einfluss und Macht beeindrucken lassen, vielleicht, weil sie wusste, dass ihre Brüder den Titel von Bolmar erben würden und nicht sie. Einfluss und Macht … er konnte ihr dies alles geben, und so habe ich sie an ihn verloren … erst ihre Hand, dann ihr Herz.«
    »Du hast sie einfach aufgegeben?« fragte Gubyr entrüstet. »Dein Nebenbuhler muss ein wichtiger Mann gewesen sein.«
    »Es war der Fürst von Ganata«, presste Talomar hervor. »Baniter Geneder. Die Ehe war Teil eines Pakts. Er heiratete Jundala, um den südganatischen Adel auf seine Seite zu ziehen, und sie zögerte keinen Augenblick. Als ich sie bat, ihn zurückzuweisen, lachte sie mich aus … den Spott in ihrem Gesicht werde ich nie vergessen.«
    »Und doch konntest du nicht von ihr lassen«, folgerte Gubyr. »Du bist in ihrer Nähe geblieben.«
    Talomar nickte. »Ja … sie wollte es so. Wir sahen uns selten, aber wenn, dann war es wie in alten Zeiten. Zwar ließ sie mich spüren, wie sehr sie ihren Mann liebte, aber unsere
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