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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman
Autoren: dtv
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Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen, die Haare gekämmt, seine Kleider in Ordnung gebracht; in seine Wangen war etwas Farbe zurückgekehrt. Er hatte gefragt, ob er sich einen Anwalt nehmen müsse, und die Antwort erhalten, das sei in diesem Stadium vermutlich nicht nötig. Es handele sich um wenig mehr als ein Gespräch, das ein paar Hintergrundinformationen liefern solle, ganz informell. Er tue ihnen einen Gefallen – darauf wies Will ausdrücklich hin – und helfe der Polizei bei ihrer Ermittlung. Wann immer ihm der Sinn danach stehe, könne er aufstehen und gehen.
    Aber irgendwie fühlte es sich nicht ganz so an, nicht für McKusick, und das war auch in gewisser Weise beabsichtigt.
    »Wie ist es passiert?«, sagte er, sobald Will und Helen den Raum betraten. »Was mit Stephen passiert ist, war es   … ich meine, wer immer es getan hat, war der eingebrochen? War es ein Einbruch?«
    »Alles zu seiner Zeit«, erwiderte Will.
    »Ich möchte Stephen sehen«, sagte McKusick plötzlich. »Ich möchte ihn sehen.«
    »Ich fürchte, das ist im Augenblick nicht möglich.«
    »Ich habe das Recht   …«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber Sie verstehen doch, wie wichtig es für uns ist   … wir müssen Ihnen einige Fragen stellen.«
    McKusick atmete langsam aus. »Gut.«
    »Nach dem, was Sie gesagt haben, war Ihre Beziehung zu Stephen Bryan von längerer Dauer.«
    »Unsere Beziehung? Ich sehe nicht, was das mit der Sache zu tun hat   …«
    »Bitte beantworten Sie einfach die Frage. Ihre Beziehung war von längerer Dauer?«
    »Ja.«
    |31| »Ernsthaft?«
    »Ja. Aber ich sehe immer noch nicht   …?«
    »Haben Sie einen Vertrag unterschrieben? Sind Sie eine Lebenspartnerschaft eingegangen?«
    »Nein, das nicht.«
    »Aber Sie lebten zusammen.«
    »Nicht direkt.«
    Will lehnte sich zurück.
    »Sehen Sie«, sagte McKusick, der es für notwendig hielt, etwas zu erklären. »Wir haben fast unsere gesamte Freizeit miteinander verbracht. Die Abende, Wochenenden, Ferien. Wir haben nur nicht   … also, wir haben nicht zusammengelebt, das ist alles.«
    »Und Sie waren damit zufrieden?«, fragte Helen.
    McKusick war von der Frage überrascht. »Stephen wollte das so.«
    »Sie nicht?«
    Er sah sie an und zögerte. »Es war nicht meine Entscheidung, nein.«
    »Aber Sie haben sie akzeptiert?«
    »Ja, natürlich.« Er versuchte zu lächeln, was nicht ganz gelang. »Ein Kompromiss, wissen Sie.«
    So ein Schwachsinn, dachte Helen. »Und war das der Grund, aus dem Sie sich getrennt haben?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Nein?«
    »Sehen Sie   …« McKusick biss sich auf die Unterlippe. »So einfach ist das nie.«
    »Also, was ist passiert?«, fragte Will. »Sie hatten einen Streit oder was?«
    »Eigentlich nicht, nein.«
    »Aber doch eine Art Meinungsverschiedenheit?«
    »Wenn Sie so wollen.«
    |32| »Knatsch?«
    »Ja, vermutlich   …«
    »Ein Zerwürfnis?«
    McKusick schüttelte den Kopf. »Es war nichts Ernstes, wenn Sie das meinen. Meinen Sie das? Es ist so, wie ich schon sagte. Wir haben einfach beschlossen, uns eine Zeitlang weniger oft zu sehen, das ist alles. Eine Art Auszeit.«
    »Und das war einvernehmlich?«, fragte Helen.
    »Ja.«
    »Einvernehmlich«, sagte Helen mit einem leichten Nicken, als spräche sie zu sich selbst.
    Beide sahen sie McKusick an und warteten.
    »Na ja«, sagte McKusick schließlich, »ich denke, es war eher seine Idee als meine. Er musste so viel unterrichten, mehr als sonst. Seit er in Cambridge war. Mehr Studenten. Neue Kurse. Und dann das Buch, an dem er gearbeitet hat. Das hat auch eine Menge Zeit gekostet. Es war wirklich wichtig, jedenfalls für ihn. Er wollte etwas mehr Raum haben, mehr Zeit. Ich meine, für mich ist es einfach, wenn die Arbeit vorbei ist, ist sie vorbei, verstehen Sie? Das heißt nicht, dass sie mich nicht interessiert, natürlich tut sie das, ich mag meine Arbeit, aber am Ende des Tages   … also   …« Er machte eine erklärende Geste. »Aber für Stephen ist sie sein Leben. Filme, Schreiben, Unterrichten, das ist alles eins. Da bleibt nicht mehr viel Platz für   … na ja, für irgendwas anderes. Für irgendjemand anderen.«
    Er schniefte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als wollte er eine Träne wegwischen, und Will fragte sich, ob auch das Schauspielerei war. Vorausgesetzt, Helen hatte recht, und er hatte ihnen schon zuvor etwas vorgemacht.
    »Wie lange waren Sie zusammen?«, fragte Helen und bemühte sich um einen verständnisvollen Tonfall.
    |33| »Drei
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