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Splitter im Auge - Kriminalroman

Titel: Splitter im Auge - Kriminalroman
Autoren: PeP eBooks
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vernehmen, und in dieser Stille hörte Steiger ein Geräusch, das neu war. Es klang wie ein Wimmern, das von irgendwo außerhalb kam. Da weinte jemand, glaubte er. Es war zwar leise und schien weit weg, aber es hörte sich wie Weinen an. Die Stimme war hell, kindlich oder weiblich. Er legte sich auf die Seite und schob sich mit den Füßen zur Tür. Durch den dünnen Spalt war es etwas deutlicher zu hören. Dort weinte jemand, vermutlich in einem anderen Raum. Er überlegte, ob es ein Fehler sein konnte, Kontakt aufzunehmen, denn er wusste nicht, ob noch jemand anderes draußen war. Aber es hatte sich seit Stunden nichts getan, und außerdem hatte er nichts mehr zu verlieren.
    »Hallo!«, rief er und dann noch einmal etwas lauter: »Hallo, ist da noch jemand?«
    Das Wimmen hörte auf, die Frau schien ihn gehört zu haben.
    »Hallo, ich bin Thomas Adam. Wenn du mich hören kannst, sag etwas!«
    Er drehte seinen Kopf wieder so, dass das Ohr am Spalt lag, aber es war nichts zu hören. Er versuchte es noch einmal.
    »Hallo, mein Name ist Thomas Adam. Ich bin von der Polizei und in einem Raum neben dir, kannst du mich hören?«
    Wieder drehte er den Kopf, aber es blieb still. Er blieb auf der Seite liegen und überlegte, was er sagen könnte, um die Person zu ermutigen.
    »Ich bin Nadine.«
    Er hörte es ganz schwach, drehte seinen Kopf sofort wieder so, dass er durch den Spalt reden konnte, als er ein anderes Geräusch hörte. Eine Tür wurde entriegelt und geöffnet. Es kam jemand.
    Er hatte die Orientierung in dem Raum verloren, versuchte aber, sich an die Stelle zu legen, an der er aufgewacht war. Er hatte nur diese eine kleine Chance, wenn es denn überhaupt eine war. Sie sollten denken, dass er noch bewusstlos war. Das Licht fiel ihm ein, das Licht konnte ein Problem sein. Er hatte jetzt mehrere Stunden in Dunkelheit verbracht, und seine Augen würden im ersten Moment geblendet sein.
    Er hörte Schritte, die näher kamen und vor der Tür stoppten.
    Er konnte kaum einen Gedanken festhalten, zwang sich aber dazu. Im Liegen war seine Position alles andere als günstig, aber ihm fiel ein Wurf ein, den sie vor zweiunddreißig Jahren in der Ausbildung gelernt hatten. Fast hätte er innerlich gelacht, weil die SV-Ausbildung, so nannten sie ihre Selbstverteidigungsstunden, bei allen unbeliebt war. In kalten Räumen mit nackten, kalten Füßen auf kalten Matten zu stehen, hatte keinen Spaß gemacht. Ihm jedenfalls nicht. Und jetzt fiel ihm das in einer Situation ein, in der es wahrscheinlich um sein Leben ging.
    Das Licht ging an, und der Schmerz in den Augen war nicht so schlimm, wie Steiger befürchtet hatte. Es dauerte eine Zeit, bis die Tür sich öffnete, aber auch dann tat sich zunächst nichts. Er hielt die Augen geschlossen und hörte leise Schritte in den Raum kommen. Es schien tatsächlich nur eine Person zu sein. Steiger hörte leises Fluchen. Der Mann blieb neben ihm stehen und beugte sich hinunter, so hörte es sich an. In dem Moment gab der andere Laute von sich. Die Schritte bewegten sich von Steiger weg, und er hörte ein metallisches Klappern. Die Stangen, die bei dem Sturz umgefallen waren, wurden aufgehoben.
    Ganz vorsichtig wagte Steiger zu blinzeln und sah auf die Beine eines relativ großen Mannes, der helle Haare hatte. Der Blonde stand mit dem Rücken zu ihm und hantierte tatsächlich mit einem Tropf, wie er ihn von Krankenbesuchen kannte. Seine Füße waren neben Steigers Füßen, die Distanz war also okay, der Mann musste sich nur noch umdrehen. Steiger senkte ganz langsam das Gesicht so weit zum Boden, dass er die Beine des Mannes im Blick behielt, der aber seine Augen nicht sehen konnte. Sonst war immer noch niemand zu hören, er war tatsächlich allein gekommen.
    Der Mann versuchte nun, die Stange in den stählernen Rollfuß zu stecken, und drehte sich dazu fast völlig um.
    Das ist der Moment, dachte Steiger. Er hakte seinen linken Fuß hinter die Achillessehne des Blonden und trat im nächsten Moment mit aller Kraft, die ihm im rechten Bein geblieben war, gegen das Knie des anderen Beins. Steiger hörte einen Schrei, dann sah er, wie die Gestalt stürzte und sich danach nur noch langsam bewegte. Steiger stand auf, so schnell er konnte, und rannte nach draußen, wo er sich auf einem Gang wiederfand, an dessen Ende eine Treppe nach oben führte. Seine Beine waren wackeliger, als er gefürchtet hatte, aber er erreichte die Tür oberhalb der Treppe. Sie war mit einem großen Metallhebel
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