Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spitfire: Kühler Tod

Spitfire: Kühler Tod

Titel: Spitfire: Kühler Tod
Autoren: Annette Sandoval
Vom Netzwerk:
Hauch von bronzefarbenem Lippenstift, der die Kupferfunken in meinen Augen zur Geltung bringt. Ich fühle mich wie Effie Perine aus den Sam-Spade-Romanen oder wie Mike Hammers Velda Wie-hieß-sie-noch-mal – welche auch immer die heißere ist. Velda, wenn man mich fragt.
    Weil ich nicht will, dass meine Nachfolgerin die Feuerprobe durchlaufen muss, die Doris als Training bezeichnet – was bedeutet, dass sie dem neuen Mädchen das Telefonhandbuch auf den Tisch knallt und geht –, habe ich angeboten, sie selbst einzuarbeiten.
    Als ich beim Büro ankomme, steht Bertha »Nenn mich einfach Boots« Cruz schon vor der Tür und wartet auf mich. Meine Nachfolgerin ist ein nettes, molliges Mädchen von den Philippinen. Sie trägt eine Retrobrille, die sie sich, wie ich vermute, ganz ohne ironischen Hintergedanken zugelegt hat. Ihr Spitzname ist vermutlich das Interessanteste an ihr.
    Während ich die Eingangstür aufschließe, erzählt sie mir, dass sie zwanzig Jahre alt ist und mit ihrer Familie im Sunset District lebt.Sie hat irgendeine Sekretärinnenschule besucht, wo sie gelernt hat, wie man schriftlich und wie man persönlich kommuniziert, außerdem ist sie gut in Zeitmanagement und kann stenografieren und noch jede Menge anderen Schrott, den sie hier niemals brauchen wird. Das hier ist ihr erster »richtiger Job« und sie ist »super nervös«. Außerdem ist Boots anscheinend ein richtiges Plappermaul.
    Wir nehmen den Fahrstuhl in den dritten Stock. Während wir die Post verteilen, erkläre ich ihr, wer wo sitzt und – was noch wichtiger ist – wer nett und wer ein Arschloch ist. Ich zeige ihr, wo der Lichtschalter in der Küche ist und wie man Kaffee kocht. Hey, immerhin bin ich die Neue auf diesem Stockwerk und ich will das nicht selbst tun müssen!
    Nachdem der Rundgang beendet ist und Boots sich mit dem Telefonsystem auskennt, übernimmt Doris das Training. Ich genieße das Gefühl, nicht mehr an meinen Sitz gekettet zu sein, und schlendere gemächlich zu meinem neuen Büro. Es grenzt an das von Scott und hat die Größe eines Wandschranks. Nach allem, was ich weiß, war es auch einmal ein Wandschrank. Es ist winzig, fensterlos und es gehört mir! Ich stelle mir gerade vor, was ich an die in sanftem Weiß gestrichenen Wände hängen werde, als Sam hereinkommt. Sie trägt eine große Porzellanschale voller Wasser, in der Jasminblüten treiben.
    »Willkommen, Miststück«, flötet sie.
    Ich erinnere mich an meinen ersten Tag als Rezeptionistin. Doris hatte mir gerade das Telefonhandbuch auf den Tisch geknallt, irgendwas von Feuer gemurmelt und war dann davongestakst. Zufälligerweise war Sam gerade in der Lobby gewesen und hatte mir die Grundlagen des Telefonsystems erklärt. Mit unterschiedlichen Telefonsystemen ist es im Grunde das Gleiche wie mit Fernbedienungen von verschiedenen Herstellern: Sie sehen zwar alle irgendwie gleich aus, aber jede funktioniert nach ihrer ganz eigenen verqueren Logik.
    Sofort erfüllt der vertraute buttrige Duft warmer Kindheitssommernächte mein Büro. »Danke, Kumpel«, sage ich.
    »Ist für den Fall, dass du mal einen fahren lässt«, erklärt sie.
    Sams Büro ist ungefähr genauso groß wie meines, aber sie hat ein Oberlicht, das vermutlich jeden Pups noch lange warm in der Luft hängen lässt. »Du musst es ja wissen«, gebe ich zurück.
    Das Telefon klingelt und ich lächle. »Mein erster offizieller Anruf.«
    Während ich zum Hörer greife, dreht sich Sam zum Gehen und ruft mir noch ein »Ich riech dich später« zu.
    Mit meiner besten DJ-Stimme flöte ich »Scott Martins Büro« in den Hörer.
    »Hi. Mein Name ist Tucker. Wie geht es Ihnen heute?«
    Ich habe lange genug am Empfang gearbeitet, um einen Telefonverkäufer zu erkennen, wenn ich einen höre. Da solche Anrufe für mich immer eine angenehme Ablenkung waren, schlüpfe ich sofort in meine Rolle. »Um ehrlich zu sein, Tucker, nicht besonders.«
    Kurze Pause. Dann: »Oh, das ist sehr schade.«
    Bevor er sich erholen und seine Einleitung fortführen kann, schnaube ich vernehmlich in den Hörer. »Wem sagen Sie das. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Okay. Zuerst einmal, ich wohne immer noch bei meinen Eltern.«
    »Ich auch«, erklärt Tucker.
    »Wirklich?«, rufe ich ermutigt. »Es ist ja auch sinnvoll, noch zu Hause zu wohnen, richtig? Ich meine, ich habe zwar einen Job, wie Sie ja wissen, aber die Mieten sind so furchtbar hoch!«
    »Ich weiß genau, was Sie meinen«, bekräftigt er.
    Ich kichere und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher