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Spion der Liebe

Spion der Liebe

Titel: Spion der Liebe
Autoren: Susan Johnson
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hinüber. Der sichtlich betrunkene blonde Gentleman streifte das Kleid von den Schultern seiner Gefährtin, vermutlich in der Absicht, seine amourösen Aktivitäten zu intensivieren.
    »Falls du nicht in exhibitionistischer Stimmung bist, solltest du die Tür schließen, Charlie«, schlug Beau in mildem Ton vor.
    »Laß mich doch in Ruhe«, lallte Albington.
    »Charlie!« mahnte Lizzie. Aber ihr Protest ging in ein atemloses Kichern über, als die Lippen des Marquis zwischen ihre Brüste glitten. Dann stöhnte sie leise, umfaßte seinen Kopf und überließ sich den betörenden Gefühlen, die seine spielerische Zunge erzeugte.
    »Eigentlich sollten wir unterhalten werden«, bemerkte Beau und brachte die vollen Gläser in Sicherheit.
    »Weckt den Richter!« Nur undeutlich drang der Schrei von der Straße herein. Ein paar Sekunden später flog die Tür des Pelican auf, und ein völlig durchnässter Mann stürmte über die Schwelle. »Weckt den Richter!« Wie Donnerhall dröhnte seine Stimme durch den kleinen, von Kerzen erhellten Raum. »Fanny, wo zum Teufel steckst du?« Aufgeregt rannte er zu den hinteren Räumen des Gasthofs. »Fanny, Captain Darby wurde getötet!«
    Innerhalb weniger Minuten verwandelte sich der Pelican in ein Tollhaus. Mehrere Männer drängten sich in den Salon. Während alle auf den Richter warteten, der ein Zimmer im Oberstock bewohnte, wurde der Tote hereingetragen und auf einen langen Tisch bei der Tür gelegt. Sogar im schwachen Licht sah man die Spuren des brutalen Angriffs. Das blutige Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, eine Masse aus Fleisch und Knochen.
    »Sicher war’s Horton, sein Erster Maat«, bemerkte einer der Männer und starrte die Leiche an. »Der stand schon seit Jahren mit Darby auf Kriegsfuß.«
    »Den ganzen Tag hat sich Horton im Bird’s Nest betrunken«, warf eine andere Stimme ein.
    »Dabei schwor er, der Captain würde für die Peitschenhiebe büßen, die er ihm letztes Jahr verpaßt hat«, ergänzte ein dritter.
    »Ja, wahrscheinlich ist er der Mörder, nachdem er heute nacht ohne den Captain losgesegelt ist.«
    »Jemand muß Crawford verständigen.«
    »Und Darbys Witwe.«
    Plötzliche Stille erfüllte den Raum. Dann meinte jemand: »Fanny soll’s ihr sagen, die beiden sind befreundet.«
    »Kann Horton eingeholt und zurückgebracht werden?«
    »Nein, so wie der das Meer kennt! Seit seinem zehnten Lebensjahr fährt er zur See.«
    »Vielleicht verkauft er die Betty Lee in irgend einem fremden Hafen und verbringt den Rest seines Lebens im Luxus.«
    »Er war schon immer gewalttätig …«
    Aber Serena hörte nicht mehr zu. Die Betty Lee – das Schiff, das sie nach Italien bringen sollte? Verschwunden, mitsamt ihrem Gepäck und den Ersparnissen? Ihr Atem stockte. Mühsam kämpfte sie mit den Tränen und sagte sich, daß sie wenigstens noch lebte, während man den Captain brutal ermordet hatte. Angesichts des Todes war jeder noch so schlimme Schicksalsschlag erträglich. Denk nach, ermahnte sie ihr benommenes Gehirn. Doch sie vermochte keinen klaren Gedanken zu fassen, vom wachsenden Lärm des Stimmengewirrs umgeben.
    Endlich trat der Richter ein, hob eine Hand und brachte die Menge zum Schweigen. Der elegante schwarzhaarige Gentleman erhob sich.
    »Vielleicht kann ich Ihnen helfen, Sir.« Nichts in seinem Verhalten wies auf den Champagner hin, den er so reichlich konsumiert hatte. »Morgen früh läuft mein Schiff aus. Wenn Sie einen Haftbefehl ausstellen, ergänzt mit Zeugenaussagen, die Hortons Verbrechen bestätigen, werde ich die Behörden in verschiedenen Häfen auf die mögliche Ankunft des Mannes hinweisen.«
    Alle Blicke richteten sich auf den hochgewachsenen, exquisit gekleideten Londoner Aristokraten. Lässig stand er da, als wäre er an die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Umgebung gewöhnt.
    »Großartig!« rief der Richter. »Crawford’s Shipping ist Ihnen zu tiefem Dank verpflichtet. Wohin segeln Sie?«
    »Nach Neapel – zu Ihren Diensten, Sir.«
    »Nun, dann kommen Sie, mein Lieber. Und Sie auch, Camden. Wir müssen die Zeugen verhören und ihre Aussagen zu Protokoll nehmen.«
    Neapel, dachte Serena, und der schwarze Abgrund, der vor ihr klaffte, schien sich zu schließen. Sollte sie’s wagen? Der Inhalt ihrer Börse reichte nicht für eine weitere Schiffsfahrkarte. In vierzehn Tagen würde sie keinen Penny mehr besitzen.
    Natürlich konnte sie sich in London nicht mehr um einen Gouvernantenposten bewerben. Mrs. Totham würde sie überall
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