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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
Autoren: Franziska Steinhauer
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zum Beispiel. Und einmal hat jemand d’ Freundin im Sitzpolster des Autos rausg’schmuggelt. Darüber isch sogar ein Bericht in de 20 Uhr Nachrichte’ g’sendet worre.«
    »Roland Keiser war ein junger Mann. Es war durchaus nicht ungewöhnlich, dass junge Leute davon träumten, ausreisen zu können – um jeden Preis. Sturm und Drang.«
    »Wir müssen den ganzen Fall neu aufrollen«, stöhnte Skorubski. »Was soll dabei rauskommen? Wer weiß, ob Freunde und Bekannte von damals überhaupt noch hier wohnen?«
    Nachtigall zog die linke Augenbraue hoch und stellte nüchtern fest: »Nun, sein Mörder scheint noch in der näheren Umgebung zu leben.«
    »Michael, wir brauchen die Adresse der Eltern«, mahnte Skorubski an. »Das wird ein seltsames Gespräch werden«, prophezeite er düster. »Anders als sonst. Sie haben ihn ja im Grunde nicht mehr »vermisst«, glaubten sicher zu wissen, dass er im Westen lebt.«
    »Ich frage mich immer noch, wie der Täter das Opfer aufs Feld transportiert hat. Er muss den Toten irgendwo aufgeladen haben, vielleicht wohnt er einsam und konnte es deshalb unbemerkt bewerkstelligen«, überlegte Nachtigall laut.
    »Fest steht nach wie vor, dass er ein Auto benutzt haben muss, das groß genug für solch eine grausige Fracht ist. Einen Kleintransporter vielleicht oder, wie gesagt, einen Pick-up mit Plane oder Deckel«, ergänzte Skorubski.
    »Bei den Temperaturen?«, blieb Nachtigall skeptisch. »Da verwest der Körper zu schnell. Denk dran, er wurde aufgetaut.«
    Albrecht Skorubski schauderte.
    »Wissen wir jetzt, wo seine Eltern wohnen?«
    »Ja. Renate und Vincent Keiser. Hegelstraße 9.«
    »Gut. Wir fahren hin.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Skorubski.
    »Nein?« Nachtigall, der schon aufgesprungen war, drehte sich verblüfft um.
    »Die Häuser gibt es nicht mehr. Du erinnerst dich, das Gelände um das ehemalige Heinrich-Heine-Gymnasium ist jetzt Grünfläche. Die Häuser wurden alle abgerissen.«
    »Komplett? Eine ganze Straße?«, fragte Wiener ungläubig.
    »Ja. Mehrere Straßen, nicht nur diese eine. Bloß der Sportplatz ist noch da.«
    Peter Nachtigall hob die Arme in die Luft.
    »Das ist offensichtlich die letzte Adresse, unter der sie registriert sind. Also werden wir hinfahren und versuchen, jemanden zu finden, der uns weiterhelfen kann.«
    »Warum haben die sich denn nicht umgemeldet? Was wird mit Zeitung und Post, wenn du deine Adressenänderung nicht bekannt gibst? Da kommt doch nichts mehr an!« Wiener schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Ach, so dramatisch ist das gar nicht. Du musst ja nur ein paar wichtigen Leuten deine neue Adresse mitteilen. Ein paar Freunden, der Versicherung, der Zeitung, falls du eine abonniert hast …das reicht. Dass die Polizei nicht weiß, wo du wohnst, ist nicht allen wirklich unangenehm«, parierte Nachtigall.
    »Mag sein«, räumte Skorubski ein, »aber es gibt Gesetze! Und wenn rauskommt, dass du dich nicht umgemeldet hast, musst du Strafe zahlen. Einmal mit dem Auto zu schnell den Bahnhofsberg raufgerast – und der Bußgeldbescheid kann nicht zugestellt werden. Die Behörde wird versuchen, die neue Adresse zu ermitteln – und schon gibt es mächtigen Ärger!« Er rappelte sich auf und griff nach seinem Basecap, verbarg mit einer schwungvolle Geste die Glatze und meinte: »Dann wollen wir mal.«
     
    »Kocht deine Frau nicht mehr für dich?«, neckte Nachtigall den Freund, als er sich auf den Beifahrersitz fallen ließ. »Du hast abgenommen. Etwas, das mir beim besten Willen nicht gelingt!«
    »Stimmt. Sechs Kilo.« Stolz, aber auch leichte Besorgnis waren aus seinem Ton zu hören. »Ganz ohne eigenes Zutun.«
    »Wie? Keine Diät?«
    »Nein. Im Grunde habe ich gar nichts verändert. Ich esse regelmäßig. Trotzdem sind in letzter Zeit – schwuppdiwupp – die Kilos gepurzelt.«
    »Warst du mal deswegen beim Arzt?«, fragte Nachtigall und runzelte besorgt die Stirn. »Du weißt, dass hinter so einer Gewichtsabnahme auch was Ernstes stecken kann!«
    »Na, was glaubst du wohl? Meine Frau hat so lange gemahnt, bis ich einen Termin bei unserem Hausarzt ausgemacht habe. Du kennst sie doch! Blut ist ›unauffällig‹ – tolles Wort, nicht? Es bedeutet nicht, dass alles in Ordnung wäre, aber die Abweichungen sind nicht dramatisch! Ha! Danach war ich beim Röntgen. Heute Morgen zum CT. Gesagt hat mir noch keiner was – am Ende wird sich ohnehin rausstellen, dass ich zu meinem Besten einfach ein bisschen abgenommen habe.«
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