Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
Vom Netzwerk:
Zamira
Bardhyl gewesen, eine bildschöne, dunkelhäutige Albanerin. Doch in dem
Augenblick, als Maria Schwarz die Tür zu Smisseks Büro öffnete, hatte Zamira
keine Chance mehr. Smissek war aufgesprungen, hatte Maria mit Blicken umfangen
und gebellt: »O verdammt, der Uly hat recht. Du bist’s!«
    Um der Entscheidung einen korrekten Anstrich zu geben, musste auch
Maria Schwarz vor die Jury. Chefin der Jury war die Programmdirektorin des
Bayerischen Fernsehens. Sie sah gut aus und trug trendige Kleidung.
    »Hallo, Maria! Ich bin Lola Herrenhaus. Dies sind meine Kolleginnen
und Kollegen …« Es waren zwei weitere Frauen und zwei Männer, deren Urteil
bereits feststand. Maria musste sich in drei verschiedenen Kleidungsstücken
zeigen, Kleid, Hosenanzug, Bikini, ein paar Fragen aus dem Lesebuch für
Grundschüler der dritten Klasse beantworten und vier einfache Sätze nachsprechen.
Als Siegerin verließ sie den Raum.
    »Du brauchst einen Künstlernamen. ›Maria Schwarz‹, wie klingt das!«,
riet ihr Lola Herrenhaus dringend. »Überleg und such dir einen aus!«
    Maria schlief zwei Nächte darüber, besuchte den elterlichen Hof,
redete mit den Kühen und den Schafen, mit ihrem Vater sprach sie kaum.
    »Clara Gray!«, rief sie Dieter Smissek am folgenden Montag in seinem
Büro entgegen.
    »Okay, klingt gut. Wie bist du drauf gekommen?«
    »Clara hieß meine verstorbene Mutter, und ›Gray‹ – na, Gray wie
Schwarz!«
    »Alles klar, Clara Gray.«
    Dass sie sich für die amerikanische Schreibweise für »grau«
entschieden hatte, war weder Smissek noch Maria bewusst. Beide waren des
Englischen nicht mächtig.
    Und dass sich die Albanerin Zamira Bardhyl mir nichts, dir nichts einer
dahergelaufenen Deutschen geschlagen geben würde, entsprach weder ihrem
Naturell noch dem ihrer Familie.
    * * *
    Die Strafe war auf Bewährung ausgesetzt worden. Gottfried Dandlberg
war zum ersten Mal beim Grapschen erwischt worden. Grapschen hatten seine
Verteidigerin und er es genannt. Einfach in der Disco ein bisschen hingelangt,
oben und hinten. Mehr nicht. Das Gericht hatte es als sexuelle Nötigung
ausgelegt. Eine Albanerin, Zamira, schöner Name, schönes Girl. Gut ausgesehen,
das Chick. Dunkler Teint, langes schwarzes Haar, Augen wie leuchtender
Bernstein. Gebaut wie eine Sanduhr. Mordshupen. Jedenfalls geile Schlampe, das
Kind.
    Die Verteidigerin hatte ihn über die Möglichkeiten informiert,
möglichst gut wieder aus der Sache rauszukommen. Gottfried legte ein Geständnis
ab, entschuldigte sich bei Zamira und ihrer Familie und spielte allen
Beteiligten Reue vor. Ein Jahr Gefängnis auf Bewährung. Das Beste, was erzielt
werden konnte.
    Das zweite Treffen Gottfried Dandlbergs mit der Bewährungshelferin
war angesetzt, verschoben und schließlich auf siebzehn Uhr am Mittwoch, dem 9.
Februar, gelegt worden. Die Bewährungshelferin hieß Lisbeth Gruber. Sie wirkte,
als hätte sie schon Feierabend gemacht, und roch nach frischem Bier. Sie winkte
Gottfried herein und ließ ihn auf dem Besucherstuhl vor ihrem Schreibtisch
Platz nehmen. Wie geistesabwesend blätterte sie in einem Ordner hin und her.
    Warten war etwas, was Gottfried konnte. Es war für ihn kein Stress
wie für viele andere. Tagsüber wartete er in seinem mobilen Hendlstand auf
Kunden. Mittags zwischen halb zwölf und eins standen sie Schlange, am
Nachmittag war er froh über sechs oder sieben Portionen in der Stunde. Wenn
einer sein Hendl eingepackt hatte, vielleicht noch eine Semmel und einen
Krautsalat dazu, wartete Gottfried auf den Nächsten. Und in dieser Zeit des
Wartens gingen ihm allerlei Gedanken durch den Kopf. So auch hier vor der
Gruberin, während er mit übereinandergeschlagenen Beinen wartete.
    Schnell wurde ihm klar, dass er es falsch angepackt hatte. Er durfte
nicht passiv bleiben. Die Gruberin hatte den Ordner weggelegt und stellte ihm
Fragen. Er blieb zunächst still sitzen und gab ausweichende Antworten.
Vermutlich, dachte er sich, hat sie das so ausgelegt, als sei er schüchtern
oder deppert oder als habe er etwas zu verbergen. Deshalb gab er sich einen
Ruck. Sie würde nicht lockerlassen, bevor sie die Antworten auf ihre Fragen
bekommen hatte. Er überlegte, was sie wohl gern von ihm hören wollte. Was
höchstwahrscheinlich in das psychologische Profil passte, das sie von ihm
hatte. Zunächst fing er an, knappe und harmlose Antworten zu geben. Dann setzte
er sein Pferdegrinsen auf und erfand kleine Geschichten. Zum Beispiel die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher