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Spiel der Herzen

Spiel der Herzen

Titel: Spiel der Herzen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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was?«
    Gertis Antwort entbehrte der Präzision.
    »Verschiedenes.«
    Naja, dachte Helga, ›verschiedenes‹ haben schon viele studiert, ehe sie dann die Finger doch von allem gelassen haben. Dein Studium wird, wenn man dich so ansieht, vornehmlich den Männern gelten. Oder andersherum, das Studium der Männer wird dir gelten.
    »Und wieder heiraten, wie steht's damit, Gerti?«
    »Dazu«, lachte Gerti, »muß ich erst einmal geschieden sein.«
    »Aber ein grundsätzliches Interesse, wäre das vorhanden oder nicht?«
    »Kein gesteigertes.«
    Helga guckte ungläubig. Das kam daher, daß sie selbst eben überaus glücklich mit ihrem Frank verheiratet war. Sie konnte sich nichts Besseres für eine Frau vorstellen.
    »Weißt du«, fuhr Gerti fort, »den nächsten sehe ich mir vorher ganz genau an. Unter keinen Umständen darf er wieder älter sein als ich.«
    Stille breitete sich aus. Die letzten Häuser der Stadt lagen schon ziemlich weit hinter den beiden. Nur die Vögel zwitscherten. Das Gesumme der Bienen, von dem man in Schilderungen der Heide so oft lesen kann, fehlte noch. Die Voraussetzungen dazu, das Meer der Blumen, war nämlich erst im Entstehen begriffen in diesen Tagen.
    »Köstlich, der Friede hier«, sagte Helga, und Gerti nickte beifällig.
    Beide sahen den Bussard über sich kreisen, ergötzten sich an seinem stolzen, herrlichen Flug, und beide dachten, wie alle Menschen, nicht daran, für wie viele Mäuse jeden Tag solche Flüge mit dem Tod verbunden sind. Beide sahen den Sperber ›rütteln‹, für den ähnliches galt. Beide dachten nicht an den Fuchs in seinem Bau, der schlief und einen Fasan verdaute. Beide vergaßen die vielen, vielen Ameisen, die sich ständig auf kleine Lebewesen stürzten und sie töteten, Lebewesen, die noch kleinere Lebewesen im Magen hatten. Beide bewunderten das Spinnennetz im Geäst eines Strauches als ›Kunstwerk‹, das als Inbegriff des Mörderischen in der Welt der Fliegen gelten muß.
    Friedliche Natur …
    Eine Birke, die sich in Kniehöhe über dem Boden in zwei Stämme teilte, zog die Aufmerksamkeit Gertis auf sich. Der Baum stand etwas abseits des Weges am Rand einer kleinen, wannenartigen Vertiefung des Geländes. Auf ihn zeigend, sagte Gerti mit einem belustigten Ausdruck im Gesicht: »Den erkenne ich wieder.«
    »Die Birke?«
    »Ja, an der lehnten damals unsere Räder.«
    »Eure Räder?«
    »Ja, das meine und das vom Walch.«
    Helgas Interesse erwachte jäh.
    »Soll das heißen, daß es hier passiert ist zwischen euch beiden?«
    »Ja«, lachte Gerti mit der ihr eigenen Frivolität. »Zum ersten Mal. Die kleine Mulde siehst du ja. Sie kam mir damals vor wie ein Bett. Inzwischen schätze ich ›Liebe im Freien‹ nicht mehr so sehr. Die Ameisen, weißt du …«
    »Dazu kann ich nichts sagen«, meinte Helga.
    »Willst du damit sagen, daß dir einschlägige Erfahrungen absolut fehlen?«
    »Ja«, erwiderte Helga, angesteckt von Gertis Offenheit. »Ich habe dazu bisher immer vier Wände um mich herum gebraucht – und ein Bett oder zumindest eine Couch. Habe ich dadurch etwas versäumt?«
    »Gewiß nicht, meine Liebe. Ich sage dir ja, die Ameisen …«
    Ameisen sind, lernt man in der Schule, staatenbildende Tiere. Was man im Schulunterricht nicht lernt, sondern sich außerhalb der Schule, in der freien Natur, selbst aneignen muß, ist, daß es also zum Wesen der Ameisen gehört, der menschlichen Liebe entgegenzuwirken.
    »Kehren wir um?« fragte Helga.
    Gerti nickte.
    In der Stadt gingen sie einen anderen Weg als vorher und kamen an einem kleinen Modegeschäft vorüber, das mit der Zeit ging und sich deshalb ›Boutique‹ nannte. Es war die einzige am Ort. Ihre Besitzerin war vor zwei Jahren aus Celle zugezogen, um ihren Unternehmungsgeist sozusagen auf jungfräulichem Boden ins Kraut schießen zu lassen. Sie hatte immer noch zu kämpfen. Den Heidenohlerinnen war nicht so leicht etwas Neues schmackhaft zu machen.
    Im Schaufenster lag ein Pulli, der Gerti ins Auge stach.
    »Hübsch«, sagte sie.
    »Finde ich auch«, meinte Helga. »Ich bin hier Kundin.«
    Durchs Schaufenster konnte man über eine halbhohe Blende hinweg ins Ladeninnere sehen. Kein Betrieb. Nur eine einzelne Dame war dabei, Briefe zu öffnen. Wohl Geschäftspost. Anscheinend die Besitzerin.
    »Der Umsatz hält sich wohl in Grenzen«, meinte Gerti.
    »Leider«, sagte Helga. »Vielleicht muß die wieder zumachen. Das wäre schade.«
    Auf dem Schild an der Ladenfront, das den Namen der Firma auswies,
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