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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition)
Autoren: Monika Feth
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er geisteskrank ist?«
    » Jetzt halt doch mal still, Maxim!«
    Björn machte sich an Maxims Verband zu schaffen. Die Gestalt stand jetzt dicht hinter ihm.
    Maxim blinzelte.
    » Das hat sich entzündet. Wir müssen was unternehmen, Maxim, sonst bekommst du eine Blutvergiftung.«
    Maxim warf einen Blick auf seine Wunde. Die Katze hatte ganze Arbeit geleistet.
    » Ich dreh diesem Vieh den Hals um«, stieß er hervor.
    » Hör auf. Das würdest du doch gar nicht fertigbringen«, sagte Björn sanft und schnitt ein sauberes Stück Mull zurecht.
    Maxim antwortete nicht. Erschrocken hatte er festgestellt, dass es ihm sogar Freude bereiten würde.
    *
    Bert spürte, wie das Bier seine Wirkung zeigte. Er betrat seine Wohnung, ohne sich zu wünschen, woanders zu sein, ging ins Schlafzimmer, ohne Licht zu machen, ließ sich auf sein Bett fallen, ohne sich vorher auszuziehen. Er betrachtete die geheimnisvollen Schattenspiele an der Zimmerdecke und versuchte, die Abendgeräusche im Haus zu deuten.
    Irgendwo stand jemand unter der Dusche. Woanders stritten ein Mann und eine Frau. Ein Kind weinte jämmerlich. Bässe klopften gegen die Wände.
    So viel Leben.
    Er drehte sich zum Fenster und versuchte, den nächsten Arbeitstag zu planen. Der Alkohol hatte seine Gedanken träge gemacht. Er hatte jedoch nichts gegen das Gefühl ausrichten können, das ihn unterschwellig schon den ganzen Abend begleitete:
    Sie mussten sich beeilen.
    Er wünschte sich ein Wunder herbei. Obwohl er es besser wusste. Es gab keine Wunder. Nicht bei ihrer Arbeit. Es gab nur Routine, Hartnäckigkeit, Genauigkeit und manchmal ein bisschen Glück.
    Glück…
    Er schaute auf die Leuchtziffern seines Weckers.
    23:15.
    Eine mystische Zeit, nicht mehr richtig Abend und noch nicht Nacht. Da konnte alles passieren. Während er darüber philosophierte, fielen ihm die Augen zu, und er schlief ein, das Handy griffbereit neben sich.
    *
    Björn überlegte, ob er es wagen konnte, auch ohne Maxims Wissen den Notarzt zu verständigen. Wie würde Maxim reagieren? Wie würde er selbst reagieren, wenn Maxim so etwas täte?
    Er würde es ihm übelnehmen.
    Das Fieber war doch wieder gestiegen und die Wunde sah scheußlich aus. Die Entzündung war bereits fortgeschritten, das konnte sogar Björn als Laie beurteilen. Maxims Bein war bis zum Knie hinauf und bis zum Knöchel hinunter knallrot und fühlte sich heiß an.
    Sie saßen im Wohnzimmer. Im Fernsehen lief ein Krimi, doch Björn konnte der Handlung nicht folgen, weil Maxim sich so sonderbar verhielt.
    Er hockte im Schneidersitz auf dem Sofa, zupfte und zog an seinen Fingern und redete leise mit sich selbst. Björn verstand nicht, was er sagte. Er konnte jedoch an Maxims wechselndem Mienenspiel ablesen, dass er aufgeregt war.
    » Nein«, sagte er jetzt. Er boxte in die Luft, als wollte er einen unsichtbaren Gegner treffen. Lautlos bewegten sich seine Lippen. Er schloss die Augen und riss sie wieder auf. Schüttelte den Kopf. » Niemals.«
    » Maxim?«
    Fast hätte Björn nicht gewagt, ihn anzusprechen.
    Maxim drehte sich zu ihm um. Lächelte wie von fern.
    Dann wandte er sich wieder ab. Murmelte weiter, immer weiter.
    Björn hatte Feuer im Kamin gemacht. Dennoch war ihm kalt. Er legte zwei weitere Holzscheite auf. Wenn er nur wüsste, was er tun sollte.
    *
    Die Gelegenheit ist günstig.
    » Ich höre dir nicht mehr zu.«
    Du hörst jedes Wort.
    » Es gibt dich nämlich überhaupt nicht. Du bist bloß ein Produkt meiner Fantasie.«
    Ach. Bin ich das?
    Der Schmerz ließ ihn beinah ohnmächtig werden.
    Kann ein Produkt deiner Fantasie dir so wehtun? Kann es dich TÖTEN ?
    » Tu es doch! Töte mich! Los! Worauf wartest du?«
    Die Stimme lachte. Klirrte wie zerstoßenes Eis.
    MEMME !
    Tief in seinem Innern fühlte er einen anderen Schmerz, einen, der alt war und seit vielen Jahren in ihm schlummerte. Sein Herz sog sich voll mit diesem Schmerz und wurde so schwer, dass es seine Schläge verlangsamte.
    Er ist schuldig.
    » Er ist der beste Mensch, dem ich je begegnet bin.«
    Der beste Mensch? Er hat dich verdorben. Sieh dich an! Wo ist deine Unschuld geblieben? Deine Aufrichtigkeit? Was ist aus dir geworden?
    Er hielt sich die Ohren zu. Schaukelte vor und zurück. Wurde wieder zu dem Kind, das er einmal gewesen war. Das sich wegträumte. Irgendwohin, wo niemand es mehr erreichte.
    *
    » Das halte ich nicht länger aus.« Romy sprang auf. » Ich kann nicht hier rumsitzen und abwarten.«
    Ingo nickte. Er warf einen Blick auf die Uhr. Bald
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