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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen
Autoren: Alison Barnard
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sie selbst zu sein? Sich berufsmäßig ständig für jemand anderen auszugeben, kann doch nicht gesund sein!«
    »Du kennst Shara doch gar nicht. Sie ist emotional stabil, und ihr Leben ist nicht ihre Arbeit. Sie ist nicht mit ihrer Karriere gleichzusetzen.«
    »Ach, jetzt ist es schon ›Shara‹? Woher weißt du denn so viel darüber, wie sie so ist?«
    »Weil ich sie schon ein paarmal getroffen habe.«
    »Oh.« Jessa wandte sich ab, aber Lisa konnte zuvor noch den Schmerz auf ihrem Gesicht sehen.
    Wenn Jessa sich inmitten von anderen Musikern und Partituren befand, dann war sie äußerst selbstsicher. Aber ihr Innerstes war von Unsicherheit beherrscht, seit sie im jungen Alter von sechzehn Jahren von ihren Eltern im Stich gelassen worden war. Danach hatte sie zwar gelernt, sich durchzuschlagen und sich nach außen hin hart zu geben, aber selbst bei den Menschen, denen sie erlaubte, ihr nahe zu kommen, lag sie immer auf der Lauer, um die ersten Hinweise auf einen möglichen Verrat nicht zu übersehen.
    »Jessa, ich würde dich nie darum bitten, mehrere Wochen – noch dazu so entscheidende – mit einer Person zu verbringen, die schlecht für dich sein könnte. Außerdem konnte ich die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, auf diesen Film Einfluss zu nehmen. Um dir eine gute Managerin – und eine gute Freundin – sein zu können, musste ich mich einfach mit Shara Quinn treffen. Ich wollte sehen, ob sie die Art Person ist, die es wert ist, dass du deine Zeit auf sie verwendest, und ob Du ihr erlauben solltest zu beobachten, wie es ist, du zu sein. Sie hat schon mal mit dem Regisseur gearbeitet, und er hat den Ruf, seinen Schauspielern Mitsprache bei seinen Projekten zu gewähren, besonders solchen Schauspielern, deren Urteil er vertraut. Wenn du Shara erlaubst, einen ungeschminkten Blick auf dein Leben und deine Karriere zu werfen, könnte das den entscheidenden Unterschied machen. Allerdings nur, wenn sie intelligent und aufmerksam genug ist, um über den Zauber und die Belastung hinwegzusehen, die mit deinem Terminplan einhergehen. Nachdem ich mit ihr mehrere Male und für längere Zeit gesprochen habe, kann ich dir ohne Vorbehalte versichern, dass sie es in der Tat wert ist.«
    »Wie oft hast du sie denn getroffen?« Jessa war beunruhigt, dass Lisa von mehreren Malen gesprochen hatte, da sie berüchtigt dafür war, Leute sehr schnell und genau einzuschätzen. Sie fragte sich, ob Lisa vielleicht anfänglich Bedenken gegen diese Frau gehabt hatte, was kein gutes Zeichen wäre.
    »Dreimal.«
    Jessa hob fragend ihre Augenbrauen.
    »Das erste Mal haben wir uns mittags zum Essen getroffen, zusammen mit ihrem Partner, einem Mann namens Derek Finch, der genauso aufmerksamkeitsbedürftig ist wie ein kleines Kind. In seiner Gegenwart war es unmöglich, mehr zu besprechen als eine grobe Skizze dessen, was sie vorhat, zumal er überhaupt nicht davon begeistert war, dass sie sechs Wochen lang unterwegs sein würde. Also bat sie mich um ein weiteres Treffen. Beim nächsten Mal aßen wir in meinem Büro zu Mittag, und sie sprach eine Gegeneinladung zu sich nach Hause aus, zum Abendessen. Weil wir uns wirklich gut verstanden, nahm ich an.«
    »Und jetzt? Geht ihr jetzt fest miteinander?« Jessa war sauer, und sie wusste, dass ihre Eifersucht übertrieben war, aber Lisa war berüchtigt für ihre Ungeselligkeit. Sie musste so viele Geschäftsessen über sich ergehen lassen, dass sie sehr darauf achtete, ihre freie Zeit mit ihrem Partner und ihrer Familie zu verbringen. Dieses Gefühl der Geschwisterrivalität, das Jessa in bezug auf die unbekannte Schauspielerin verspürte, die es geschafft hatte, Lisa zu einem privaten Abendessen zu ködern, war kindisch und traurig, aber sie konnte sich nicht dagegen wehren.
    »Jessa, sei nicht albern. Hetero Frauen gehen nicht ›fest miteinander‹, wir haben Essen unter Freunden.«
    »Bist du sicher, dass sie hetero ist? Erinnerst du dich an die Mode-Designerin, die wollte, dass ich ihre Hemden trage, und die dann bei der Anprobe wortwörtlich die Gelegenheit ergriff –?«
    »Jessa, sie ist hetero. Ich habe ihren Partner getroffen. Das ist übrigens zum Teil der Grund, warum sie dies tun will und in deiner Welt leben möchte. Ihre beste Freundin ist zwar lesbisch aber eine Privatperson. Shara möchte gern den zusätzlichen Druck verstehen, den die Berühmtheit und das Lesbischsein auf dein Leben als Musikerin, Komponistin und Dirigentin ausübt.«
    »Ich bin keine
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