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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen
Autoren: Alison Barnard
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Berühmtheit – nicht in demselben Ausmaß wie sie. Ich werde nicht unerlaubt für Klatschmagazine in meiner Unterwäsche fotografiert, und ich gehe auch nicht auf Filmpremieren.«
    »Stimmt, aber du kannst auch nicht einfach in einer Flughafen-Lounge auf deinen Abflug warten, im Kaufhaus einkaufen gehen oder als gewöhnliche Zuhörerin ein klassisches Konzert besuchen, ohne einen Tumult zu verursachen.«
    »Stimmt, aber doch nicht, weil ich eine Lesbe bin. Sie muss das Ganze doch zehnmal so schlimm kennen, also muss sie dafür keine Zeit mit mir verbringen. Die Beweisaufnahme ist damit abgeschlossen.«
    »Jessa, es geht doch nicht nur um dein Lesbischsein, sondern auch um deinen Terminkalender: Reisen, Proben, Öffentlichkeitsarbeit, gesellschaftliche Verpflichtungen und Aufnahmen. Sie möchte alle diese Dinge zusammen mit dir erleben, anstatt sich nur vorzustellen, wie es ist.«
    Jessa seufzte. »Wie soll das denn praktisch funktionieren? Sie bucht ein Hotelzimmer, wo immer ich auch bin, und dann muss ich mich vom Frühstück an mit ihr herumschlagen?«
    Zum ersten Mal schaute Lisa unbehaglich drein. »Nicht so ganz.«
    Jessa kniff die Brauen zusammen. Sie ahnte, dass ihr Lisas Antwort nicht gefallen würde. »Also, wie denn dann, so ganz?«
    »Sie wird bei dir wohnen –«
    »Nein! Auf keinen Fall. Mein Wohnraum ist für meine Arbeitsweise äußerst wichtig. Ich kann mich nicht auf meine Übungen, aufs Schreiben oder Lesen konzentrieren, während eine verwöhnte Egomanin sich die Nägel lackiert und herumnörgelt. Nie im Leben.«
    »Jessa, es geht aber doch nur so. Es wird auch nicht so schwierig werden. In New York wohnst du in Stephans Loft, und der ist riesig und hat zwei Schlafzimmer. In Toronto haben sie dir ein Penthaus gemietet, in dem es auch zwei Schlafzimmer gibt, und in Berlin bist du in der Gästewohnung in der Meinekestraße untergebracht – und da werdet ihr euch ganz sicher auch nicht gegenseitig auf die Zehen treten.«
    »Lisa, ich schreibe mitten in der Nacht und dulde dabei keine Ablenkungen. Die meisten Menschen, bei denen es sich nicht mal um verwöhnte Schauspielerinnen handelt, können es nicht aushalten, dieselben sechs Takte immer wieder auf einem Klavier vorgespielt zu bekommen, während ich die letzten Macken aus einer Komposition herausarbeite – vor allem nicht um zwei oder drei Uhr morgens!«
    »Genau das ist es doch, was sie wissen muss, wenn sie dich in einem Film spielen soll.«
    »Die ganze Idee ist total lächerlich.«
    »Der Film wird dadurch stimmiger werden.«
    »Ich meinte, die Idee einen Film zu drehen, das ist lächerlich. Ich lebe doch noch, zum Teufel. Wenn die Leute wissen wollen, wie ich bin, dann können sie zu einer Vorstellung kommen; ich bin in dieser Saison wirklich ausgesprochen erreichbar – außer sie leben zufällig in Asien. Nächsten Februar bin ich sogar in Argentinien. Und wenn sie mehr über mich erfahren wollen, dann können sie das Programm durchlesen. In diesem verfluchten Buch steht mehr über mich, als mir lieb ist.«
    »Aber die meisten Leute lesen nicht.«
    »Und genau da liegt heutzutage die Welt im Argen«, spottete Jessa. »Uns ist doch beiden klar, dass mein Leben einfach nicht interessant genug ist, um irgendwen im dunklen Kino am Einschlafen zu hindern.«
    »Es sei denn, sie sind von Shara Quinn gefesselt«, scherzte Lisa.
    »Und das ja auch noch: Die Frau könnte mir nicht unähnlicher sein, wenn sie’s versuchte! Ich habe sie im Fernsehen gesehen: Sie ist zierlich, hat lange Haare und graue Augen.«
    »Sie sind grünbraun – aber darum geht’s ja gar nicht. Sie ist eine Schauspielerin. Ihr Haar wird für die Rolle geschnitten, und sie freut sich schon richtig darauf, einen Frack zu tragen, und auch darauf, dass die Aufnahmewinkel sie größer erscheinen lassen, als sie ist.«
    »Oh Gott. Sechs Wochen zusammen mit einer Schauspielerin. Weiß sie überhaupt, was ich mache? Hat sie schon mal eine Symphonie gehört?«
    Jetzt war es an Lisa zu seufzen. »Jessa, du musst wirklich deine Vorurteile überwinden. Sie mag symphonische Musik aus der Klassik, zieht aber Kammermusik den Werken vor, die für ein großes Orchester geschrieben wurden – allerdings mag sie Oper am liebsten. Glaubst du wirklich, dass ich dich darum bitten würde, mit einer Person zu leben, die sich nichts aus Musik macht?«
    »Ich hatte nicht gedacht, dass du mich bitten würdest, mit überhaupt jemandem zusammenzuleben«, antwortete Jessa leise.
    »Sie ist
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