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Spargelkult offiziell als Religion anerkannt: Die schrägsten Meldungen aus Deutschlands seriösestem Nachrichtenmagazin

Spargelkult offiziell als Religion anerkannt: Die schrägsten Meldungen aus Deutschlands seriösestem Nachrichtenmagazin

Titel: Spargelkult offiziell als Religion anerkannt: Die schrägsten Meldungen aus Deutschlands seriösestem Nachrichtenmagazin
Autoren: Bernhard Pöschla
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„Fahrgasting” fahren sie mit der S-Bahn.
    Es ist wohl die Suche nach einem Nervenkitzel, die die Anhänger des Fahrgasting immer wieder in S-Bahn-Züge steigen lässt. Dass sie sich dabei größten Gefahren aussetzen, nehmen sie in Kauf: „Du weißt nie, ob der Zug nach der nächsten Kurve aus dem Gleis springt, ein Baum auf den Waggon fällt oder eine kaputte Abteilheizung dein Blut zum Kochen bringt”, sagt etwa „Bomba“ (16). Die Szene hat wie jede Subkultur ihre ganz eigenen Riten und Regeln. So gehört es zum Ehrenkodex, keinerlei Proviant auf eine Fahrgasting-Tour mitzunehmen: „Dann ist nämlich der Thrill noch krasser, wenn der Zug nach einem Kabelbrand tagelang auf offener Strecke steht.”
    Die Risikobereitschaft wird durch das Internet noch befeuert: Auf Webseiten wie „extreme-fahrgasting.net” oder „kurzstrecken-survival.com“ brüsten sich die Fahrgaster mit erfolgreichen Umrundungen des S-Bahn-Rings und teilen Fotos und Videos. Zudem denken sie sich immer drastischere Varianten ihres Sports aus: etwa das hochriskante „Umsteigen“ von einer Linie auf eine andere oder – besonders leichtsinnig – der Verlass auf pünktliche Anschlusszüge. „Für die zählt halt nur der Adrenalin-Kick”, weiß Aussteiger Rocco, der letzten Winter bei einer zwölfstündigen Schleichfahrt zwischen zwei 900 Meter entfernten Stationen fast verdurstet wäre. Zudem spiele oft auch Alkohol eine Rolle: „Die saufen sich jede Hemmung weg, und dann steigen sie in eine S-Bahn, obwohl Wind oder Nieselregen vorhergesagt sind.”
    Einmal dabei, bleiben viele Fahrgaster auch als Erwachsene ihrem riskanten Hobby treu: „Seit Jahren baue ich jeden Morgen eine S-Bahn-Tour in meinen Arbeitsweg ein”, gesteht etwa Szeneveteran Albert Schlotz (48). Dabei will er schon „unzählige Grenzerfahrungen“ gemacht haben: „Da kann dich im Alltag nichts mehr schocken!“
    Die Verantwortlichen der S-Bahn sehen unterdessen kaum Möglichkeiten, die Gefahrensucher an ihrem „Spiel“ zu hindern. „Dennoch werden wir Vorkehrungen treffen”, sagt ein Unternehmenssprecher: noch unwirtlichere Bahnhöfe, Linienstreichungen und wochenlange Einstellung des Zugverkehrs sollen die unerwünschten Fahrgaster in Schach halten.
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