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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld
Autoren: David Kessler
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ging, aber er spürte, dass es etwas Ernstes war. Die Mienen der umherschleichenden Fernsehleute wirkten angespannt. Die Kriminalbeamtin machte einen Schritt auf ihn zu und hielt ihm ihre Marke hin.
    »Elias Claymore?«
    »Ja?«, antwortete Claymore leicht nervös.
    »Detective Riley. Ich habe hier einen Haftbefehl auf Ihren Namen.«
    »Was wird mir vorgeworfen?«
    »Vergewaltigung.«
    Claymore warf dem Produzenten einen panischen Blick zu und schluckte. »Ruf bitte Alex Sedaka an. Sofort!«

Freitag, 5. Juni 2009 – 15.30 Uhr
    »Das ist das beste chinesische Essen, das ich je gegessen habe«, lobte Alex und führte mit seinen hölzernen Essstäbchen gekonnt einen Bissen Hühnchen Chow Mein zum Mund.
    »Das beste zu diesem Preis «, korrigierte ihn Martine, die wegen des Vorfalls beim Snooker-Turnier immer noch angespannt klang. »Wir wollen nicht übertreiben.«
    Sie aßen im Embassy Kitchen gegenüber dem Billardclub, auf der anderen Seite des Parkplatzes. Die Gegend sah ein bisschen heruntergekommen aus, aber Alex war durch seine Arbeit an primitive Verhältnisse gewöhnt. Und für Martine galt vermutlich dasselbe.
    »Hör mal. Was vorhin passiert ist …« Er war nervös, weil er genau spürte, dass Martine immer noch sauer war.
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Lass es einfach in Zukunft.«
    Alex war verunsichert. Er hatte gar nicht vorgehabt, sich zu entschuldigen, aber er wollte die schlechte Stimmung aus der Welt schaffen. »Du solltest dir nicht so einen obszönen Mist anhören müssen.«
    »Und du solltest dich nicht prügeln müssen, um deine Männlichkeit zu beweisen. Du hast zwei Kinder gezeugt, du hast deine Schuldigkeit getan. Du gewinnst Schlachten vor Gericht – was übrigens das Schlachtfeld ist, auf dem intelligente Männerihre Kämpfe austragen. Für mich brauchst du wirklich keinen dahergelaufenen Proleten zu verprügeln.«
    Er fühlte sich geschmeichelt, weil sie »verprügeln« gesagt hatte und nicht »verprügelt werden«.
    »Ich habe nicht versucht, irgendetwas zu beweisen. Aber ich dachte, so wie der sich aufführt, kannst du dich vielleicht gar nicht mehr konzentrieren …«
    »Verschon mich bitte mit der Nummer! Glaubst du, ich kann mich besser konzentrieren, wenn du dich mit ihm streitest? Jetzt versuch dich nicht rauszureden, Alex: Du wolltest den Helden spielen und mir zeigen, dass du kein verweichlichter Anwalt im Anzug bist, sondern ein ganzer Kerl, der für seine Lady sorgen kann – als ob ich die Sorte Frau wäre, die sich von diesem Macho-Blödsinn beeindrucken lässt! Als ob mir dieses Gehabe nicht längst zum Hals raushängen würde!«
    »Na gut, vielleicht habe ich ja überreagiert. Und vielleicht bin ich ein bisschen altmodisch.« Er beugte sich nah an sie heran. »Andererseits glaube ich wirklich, dass es die Pflicht eines Mannes ist, seine Lady zu beschützen.«
    »Vielleicht hast du aber auch nur ein paar unaufgearbeitete Probleme.«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Das soll heißen, dass du immer noch an eine andere Lady denkst, von der du glaubst, du hättest sie beschützen müssen.«
    An seinem Blick erkannte sie, wie verletzt er war.
    »Tut mir leid«, sagte sie leise. »Das hätte ich nicht sagen dürfen.«
    »Nein, es stimmt ja. Du hast recht. Ich war nicht da, als Melody mich brauchte.«
    »Du hättest gar nicht da sein können . Woher hättest du denn wissen sollen, dass ihr auf dem Nachhauseweg so ein Durchgeknallter mit einer Knarre auflauert? Mach dich deswegen nicht fertig.«
    Alex’ Frau Melody war von einem Gangmitglied im Parkhaus der Klinik erschossen worden, in der sie gearbeitet hatte. Melody war Ärztin und hatte Dienst in der Notaufnahme, als in ein und derselben Nacht zwei Bandenmitglieder von entgegengesetzten Enden der Stadt eingeliefert wurden. Sie hatte keine Ahnung, dass der Gangster, den sie behandelte, den anderen Gangster erschossen hatte. Während es ihr gelungen war, den Mann auf ihrem OP-Tisch zu retten, hatte der andere Arzt seinen Patienten verloren. Und die Kumpel des Toten kamen nicht an den Typen heran, der ihren Bruder umgebracht hatte, weil er im Gefängnis saß – in Einzelhaft. Also hielten sie Kriegsrat und beschlossen, dass Melody dafür bezahlen musste.
    Inzwischen wusste sie, dass sie in Gefahr schwebte, aber sie weigerte sich standhaft, die Gefahr ernst zu nehmen. Sie lehnte es sogar ab, sich vom Sicherheitsdienst zum Auto begleiten zu lassen, mit den Worten, in ihrem Alter bräuchte sie nun wirklich kein
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