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Sozialdemokratische Zukunftsbilder

Sozialdemokratische Zukunftsbilder

Titel: Sozialdemokratische Zukunftsbilder
Autoren: Eugen Richter
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der Arbeitszeit herleiten. Die Arbeitszeit währte vor der Umwälzung durchschnittlich noch nicht 10 Stunden und würde bei einer ruhigen, friedlichen Fortentwicklung ohne Schädigung der Produktion von selbst eine allmähliche Verkürzung erfahren haben. Nicht so seht der Zeitumfang der Arbeit, als die Verschlechterung derselben; mit einem Wort, die jetzt überall eingerissene Faulenzerei (Oho! rechts) trägt die Schuld an dem Rückgang der Produktion. Die Arbeit wird jetzt wieder, wie in früheren Jahrhunderten, nur als Frondienst, als Sklavendienst betrachtet. Der gleiche Lohn für verschiedene Leistung, die Aussichtslosigkeit, durch Fleiß und Geschicklichkeit zu einer Verbesserung der eigenen Verhältnisse gelangen zu können, alles dies wirkt zerstörend auf Arbeitslust und Arbeitskraft.
    Auch deshalb ist die Arbeit nicht mehr so produktiv, wie früher, weil mit dem privaten Unternehmer jener sorgsame Leiter der Arbeit fehlt, der eine Vergeudung von Material und Kräften verhindert und die Produktion den Bedürfnissen und der Nachfrage anpasst. Ihren Betriebsleitern fehlt jedes eigene Interesse, fehlt die Aufstachelung, welche früher auch dort, wo Staatsbetriebe bestanden, die Konkurrenz der Privaten mit sich brachte. Ihnen predigt jetzt das Milliardendefizit, dass der Unternehmer kein Ausbeuter und auch keine überflüssige Drohne war, und dass selbst fleißige Arbeit, wenn sie nicht zweckentsprechend ausgeführt wird, Kraft- und Stoffvergeudung sein kann. Auch der Großbetrieb, wie Sie Ihn schablonenmäßig überall eingeführt haben, selbst dort, wohin er gar nicht passt, beeinträchtigt den Überschuss der Produktion.
    Wohin sind wir geraten? In dem Bestreben, die Nachteile der sozialdemokratischen Produktionsweise auszugleichen, kommen Sie zu Beschränkungen der persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit, welche Deutschland nur noch als ein einziges großes Zuchthaus erscheinen lassen. (Großer Lärm rechts, Beifall links und auf den Tribünen. Der Präsident droht, bei weiteren Kundgebungen der Tribünen dieselben sofort räumen zu lassen. ) Gleiche Arbeitspflicht, gleiche Arbeitszeit, zwangsweise Zuteilung zu bestimmten Arbeiten, dergleichen kannten wir früher nur in den Strafanstalten. Selbst dort aber gönnte man dem fleißigen und geschickten Arbeiter, noch einen Extraverdienst. Gleich den Gefängniszellen in Strafanstalten werden die Wohnungen jetzt den Einzelnen angewiesen. Das fiskalische Inventar, welches hinzukommen soll, wird die Ähnlichkeit noch steigern. Die Familien sind auseinandergerissen. Müssten sie nicht das Aussterben der Sozialdemokratie befürchten, Sie würden Mann und Frau vollends voneinander trennen, wie in den Gefängnissen.
    Ebenso wie zur Arbeit, so hat in dieser sozialdemokratischen Gesellschaft Jedermann zur vorgeschriebenen Ernährung in den dafür bestimmten Tageszeiten anzutreten. Plötzensee rief ich mit Recht, als der Herr Reichskanzler seinen Küchenzettel beschrieb. Der Küchenzettel in dieser Strafanstalt ist seinerzeit vielleicht besser, jedenfalls nicht schlechter gewesen. Damit die Ähnlichkeit mit den Strafanstalten vollständig wird, kommt nunmehr auch der gleiche Anzug hinzu. Aufseher haben wir ja schon in den Kontrolleuren, auch Schildwachen, welche das Entweichen der zur Sozialdemokratie Verurteilten über die Grenze verhüten. Zu unsern Zuchthäusern bestand nur ein zehnstündiger, nicht ein zwölfstündiger Maximalarbeitstag. Die Prügelstrafe, welche Sie zur Durchführung dieses zwölfstündigen Normalarbeitstages jetzt einzuführen genötigt sind, würde seinerzeit selbst in manchen Zuchthäusern für entbehrlich angesehen. Aber im Zuchthaus war wenigstens eine Begnadigung möglich, welche auch für lebenslänglich Eingesperrte den Weg zur Freiheit öffnen konnte. Ihrem sozialdemokratischen Zuchthaus aber ist man lebenslänglich verfallen, da führt nichts hinaus als Selbstentleibung. (Bewegung. )
    Sie suchen alles dies aus Übergangsverhältnissen zu erklären. Mitnichten, die Zustände werden immer schlimmer werden, je länger die Sozialdemokratie die Herrschaft führt. Sie haben erst die obersten Stufen zurückgelegt, welche zum Abgrunde führen. Noch erhellt Sie das Licht des Tages, von welchem Sie sich abwenden. Alle Bildung, alle Übung, alle Geschicklichkeit für die Arbeit verdanken Sie noch den früheren Zuständen. In den sozialdemokratischen Bildungsanstalten aber verlottert jetzt die Jugend, nicht weil es ihr an Zeit und Bildungsmitteln
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