Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
gestorben war, war meine Mutter von uns gegangen. Und wenn sie es nicht gewesen wäre, hätte es meinen Vater getroffen. Oder vielleicht einen der Insassen des anderen Autos. Wie man es auch drehte und wendete, es lief immer darauf hinaus, dass ich am Leben war, obwohl ich hätte tot sein sollen, und meine Mutter den Preis dafür bezahlt hatte.
„Also … geliehene Zeit?“ Ich zog den Topf vom Herd und drehte die Temperatur runter. Es war pure Routine, denn eigentlich war ich starr vor Schock. „Ich lebe also das Leben meiner Mutter. Ist es das, was Tante Val gemeint hat?“
„Ja.“ Mein Vater lehnte sich zurück und gab mir damit mehr Raum. „Du wirst so lange leben, bis ihr Todestag kommt. Aber mach dir darüber keine Sorgen. Ich bin mir sicher, dass sie ein sehr langes Leben vor sich hatte.“
In diesem Moment brach ich in Tränen aus.
Ich hatte es bisher nur geschafft, sie zurückzuhalten, weil meine Schuldgefühle stärker gewesen waren als die Trauer. Ich war schuld am Tod meiner Mutter. Die Frage danach, wie lang ihr Leben hätte sein können, war zu viel für mich.
Nash räusperte sich. „Sie war sich des Risikos bewusst, nicht wahr, Mr Cavanaugh?“ Er durchbohrte meinen Vater mit einem unverhohlen fordernden Blick. „Kaylees Mutter hat gewusst, was sie tat. Ist es nicht so?“
„Natürlich.“ Dad nickte bestimmt. „Ihr ist wahrscheinlich gar nicht klar gewesen, dass ich den Austausch selbst durchführen wollte. Sie war bereit, den Preis zu zahlen, sonst hätte sie niemals für dich gesungen. Ich wollte … sie einfach auch retten.Es hätte mich treffen sollen, doch in dieser Nacht habe ich euch beide verloren! Und dich habe ich nie wieder zurückbekommen, oder?“
Ich unterdrückte das Schluchzen und strich mir mit den Handflächen die Tränen von den Wangen. So langsam wurde ich richtig gut darin, nicht zu weinen. „Ich bin die ganze Zeit hier gewesen, Dad.“ Ich stellte ein Sieb in den Ausguss und schüttete die Pasta hinein. Den leeren Topf pfefferte ich auf den Tresen. „Du bist gegangen!“
„Das musste ich.“ Er schüttelte seufzend den Kopf. „Zumindest habe ich das damals geglaubt. Er war hinter dir her, Kaylee. Der Reaper hat vor Wut gerast, weil wir dich gerettet hatten! Erst hat er sich deine Mutter geholt, und dann ist er zwei Tage später zurückgekommen. Ins Krankenhaus. Ich hätte es nie gemerkt, wenn deine Großmutter nicht nach dem Unfall aus Irland angereist wäre. Wir haben damals jede freie Minuten in deinem Krankenzimmer verbracht, und sie hatte eine Vorahnung. Von deinem Tod.“
„Soll das etwa heißen, ich sollte ein zweites Mal sterben?“ Ich verharrte mitten in der Bewegung und hielt die Hand über dem Sieb.
„Nein.“ Mein Vater schüttelte den Kopf. „Nein! Wir hatten den Reaper verärgert, als wir dich gerettet hatten. Er ist nur aus Boshaftigkeit noch einmal zurückgekommen. Deine Mutter ist bei dem Unfall nicht verletzt worden, und du hattest ihre Zeit. Es ist unmöglich, dass sie zwei Tage nach dir hätte sterben sollen. Als er also zum zweiten Mal gekommen ist, habe ich ihn zur Rede gestellt.“
„Hat er sich gezeigt?“, fragte Nash. Er hing genauso fasziniert an den Lippen meines Vaters wie ich.
Dad nickte. „Er war ein arroganter kleiner Bastard.“
„Was ist dann passiert?“, fragte ich.
„Ich habe ihn geschlagen.“
Einen Augenblick lang sagte niemand etwas. „Du hast den Reaper geschlagen?“, fragte ich und stützte mich auf die Spüle.
„Ja.“ Er lachte bei der Erinnerung daran, und ich musste auch lächeln. Es war lange her, dass ich meinen Vater zuletzt hatte lächeln sehen. „Ich habe ihm die Nase gebrochen!“
„Wie ist das möglich?“, fragte ich Nash, der mit Todd ja quasi befreundet war.
„Ein Reaper muss eine körperliche Form annehmen, um mit einem Menschen oder anderen körperlichen Wesen in Kontakt zu treten“, sagte er und beschäftigte sich mit der Käseverpackung. „Man kann sie nicht töten, aber man kann ihnen definitiv Schmerzen zufügen.“
„Und woher weißt du das?“ Ich fragte das, obwohl ich die Antwort bereits ahnte.
Nash grinste frech. „Todd und ich streiten manchmal.“ Dann wandte er sich mit ernster Miene an meinen Dad. „Warum hatte der Reaper es ein zweites Mal auf Kaylee abgesehen?“
„Das weiß ich nicht, aber ich hatte Angst, dass er es immer wieder versuchen könnte.“ Er schwieg kurz. Dann hörte er auf zu lächeln und sah mich bedauernd an. „Ich habe dich zu Brendon
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