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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen
Autoren: Jasmin Ramadan
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dass er sich nicht wirklich umbringen wollte?«
    »Er hätte sein Leben nicht weggeworfen.«
    Pavese machte die Musik aus und sagte, er müsse jetzt schlafen. Er bestand darauf, Zinos nach Hause zu fahren, obwohl es nur ein paar Straßen weiter war.
    Am nächsten Tag betrat Zinos die Küche, band sich die Schürze um und stieg die Stufen zum Büro hinunter. Pavese tippte gerade etwas in einen riesigen Taschenrechner und brummte, Zinos solle ihn jetzt nicht stören.
    »Ich wollte nur sagen ... Ich erzähle niemandem, was du mir erzählt hast, du kannst mir vertrauen.«
    »Was ... was erzählst du niemandem?«
    Pavese sah ihn nicht an, fuchtelte wild herum und sagte nur:
    »Hast du nichts zu tun?«
    Zinos rannte die steile Treppe wieder nach oben und begann mit der Arbeit. Nie war so viel los wie an diesem Tag. Niemand machte eine Pause. Nicht mal Olli schlich sich hinter die Müllcontainer im Hof, um eine zu rauchen.
    In den nächsten Tagen blieb es so. McDonald’s wurde renoviert, und das Kneipenrestaurant in den Colonaden war geschlossen worden. Pavese richtete kein persönliches Wort an Zinos. Er schien noch undurchschaubarer als zuvor.
    Es war an einem dieser Tage, als Bogdana unten vor der Kellertür auf Zinos wartete. Sie selber hatte ihn nach einer Kiste Montepulciano geschickt. Und nun versperrte sie ihm den Weg zur Treppe. Zinos stellte den Wein ab und wusste nicht, wohin mit seinen Armen. Ganz dicht stand sie vor ihm auf der ersten Stufe, ihre Brüste auf Augenhöhe. Zinos hob den Kopf, um etwas zu sagen.
    Sie stieg zu ihm runter und schob ihre große weiche Zunge in seinen Mund. Zinos dachte an nichts mehr – nicht einmal ans Küssen. Die große Liebe war so, wie Prince sie besang: versaut. Das Herz schlug in seinem ganzen Körper, vor allem in seinem Schwanz. Er wollte niemals kommen. Als sie seinen Hintern packte, war es vorbei.
    »Nach der Schicht gehen wir aus, hast du Lust?«
    »Ja«, sagte Zinos.
    »An der Tür steht mein Cousin Dragan. Sag, dass du ein Kollege von mir bist – das Codewort lautet: Little Red Corvette .«
    »Okay.«
    »Und das hier eben bleibt unter uns!«, sagte sie, drehte sich um und stieg die Treppe hoch. Zinos ließ die Kiste Wein vor der Kellertür stehen und ging auf die Toilette. Kaum war er wieder oben, brüllte Olli von der Bar aus durch das noch leere Lokal.
    »Ich hab gehört, wir lassen es heute Nacht krachen. Schön, dass du dabei bist! Das Jamhouse ist schärfer als Paveses Arrabiata.«
    Von einem Moment auf den anderen war Zinos ein Cliquenmitglied geworden. Er genoss die Zeit, obwohl er wegen des vielen Feierns ständig müde und verkatert war. Auch sein Herz litt, denn Bogdana behandelte ihn bloß wie einen Kumpel. Einmal, als sie die ganze Nacht zusammen getanzt hatten, verschwand sie sogar, ohne sich zu verabschieden. Olli sagte, das wäre eben ihr Stil. Zinos solle sich besser ’ne kleine Süße suchen.
    Nach einigen Monaten richtete Pavese in der Küche das Wort nur noch an Eric, den Ghanaer, der erst seit zwei Monaten in Deutschland lebte. Eric verstand kein Deutsch, kein Italienisch, und Pavese sprach kein besonders englisches Englisch. Pavese erzählte Eric trotzdem von jedem blöden Artikel, den er morgens in der Zeitung gelesen hatte. Dabei legte er ihm ab und zu freundschaftlich die Hand auf die Schulter, so wie er es sonst bei Zinos gemacht hatte. Zinos war sich sicher: Das alles machte Pavese nur, um zu verdeutlichen, dass er Zinos nicht beachtete. Eric grinste rüber zu Zinos, zuckte mit den Schultern und tippte sich an die Stirn, wenn Pavese sich nach einem Redeschwall wieder der Zubereitung des Essens widmete. Zinos verstand nicht, warum Pavese sich so kindisch verhielt.
    Er strengte sich an. Er wollte mehr als Salat waschen, Dressing anrühren und Pizza belegen. Eric hatte ihn schnell überholt, denn der war ein richtiger Koch, so wie Pavese. Schon nach zwei Monaten als Geschirrspüler stand Eric erst am Pizzaofen, dann am Grill.
    Es war an einem Samstag, als Zinos entschied, nicht mit den anderen loszuziehen. Die Küche bot genug Mitternachtsbeschäftigung. Zinos sortierte die vorgeschnittenen Salatzutaten in den nebeneinanderstehenden Schälchen nach Farben. Sogar die grünen, gelben und roten Paprikawürfel trennte er in den Schälchen voneinander. Zu putzen gab es nicht mehr als sonst, da Pavese jede Nacht nach der Schicht auf Gründlichkeit bestand.
    Aber irgendwann war im Jamhouse eine Prince-Party. Bo klopfte, schaute durchs Fenster der
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