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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)
Autoren: Michael Winterhoff
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Und zwar nicht im Sinne der Wahrnehmung von Natur oder Gebäuden, sondern im Sinne der Wahrnehmung anderer Menschen: Wie wirke ich auf sie? Wie wirken sie auf mich? Warum verhalten sie sich mir gegenüber so, wie sie sich verhalten? Warum verhalte ich mich so, wie ich mich verhalte?
    Das sind komplexe Fragen, die von der Ethik bis zur Verhaltensbiologie unterschiedliche Bereiche berühren und unterschiedliche Antworten bereithalten. Das soll an dieser Stelle nicht ausdiskutiert werden, wichtig ist hier nur die Erkenntnis, dass unser Verhalten immer und überall etwas damit zu tun hat, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Diese kann bedrohlich wirken oder freundlich gesinnt. Sie kann belastend und anstrengend wirken oder entspannend und aufbauend.
    Wie ein Kind die Welt wahrnimmt, das also gilt es zu verstehen. Dazu gehört auch, sich klarzumachen, dass ein Kind die Welt komplett anders wahrnimmt als ein Erwachsener. Diese Feststellung beinhaltet keine Abwertung des Kindes, sondern beschreibt den Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern, der beim Verhalten gegenüber Kindern berücksichtigt werden muss.
    Die ersten Monate: Schutz total
    Die Spitze der Pyramide markiert also den Zeitpunkt der Geburt. Das Neugeborene ist vollständig auf die Mutter angewiesen, sein Sehvermögen unterscheidet gerade mal hell und dunkel, es herrscht das nicht aufschiebbare Bedürfnis nach körperlicher Nähe und danach, sein Hungergefühl zu stillen.
    Zu diesem Zeitpunkt ist das Gehirn des Kindes vollständig und aufnahmebereit. Es sind unzählige Nervenzellen vorhanden, die jedoch zum größten Teil noch keine spezifischen Aufgaben haben. Sie warten gewissermaßen darauf, durch äußere Einwirkung für ihren speziellen Einsatz »programmiert« zu werden.
    Die äußere Wahrnehmung, die das Gehirn in diesem diffusen Zustand zulässt, ist die Unterscheidung in »angenehm« und »unangenehm«. Wird das Kind gewickelt, spürt es, dass es kühl ist. Nimmt die Mutter es anschließend auf den Arm und kuschelt mit ihm, fühlt es wiederum die Wärme. Der unangenehme, weil kühle Zustand beim Wickeln kann als Reaktion Weinen oder Schreien hervorrufen, bis sich der Zustand durch die Wärme und Nähe beim Kuscheln in »angenehm« ändert.
    Etwa für die ersten acht bis neun Monate lässt sich sagen, dass der Säugling in einem paradiesischen Zustand lebt und leben muss. Das Kind schreit, die Brust der Mutter kommt. Die Wahrnehmung des Kindes ist dementsprechend maßgeblich auf diesen Umstand fixiert. Seine »Welt« besteht vor allem aus der Mutter, ihrer Nähe und ihrer Fähigkeit, den Hunger zu stillen und für Nähe und Wärme zu sorgen. In dieser Zeit bildet sich das sogenannte Urvertrauen, sie ist deshalb so enorm wichtig. Nicht gebildetes Urvertrauen begleitet Menschen durch ihr ganzes Leben.
    Im zweiten Halbjahr des ersten Lebensjahres, genauer gesagt im Alter von acht bis neun Monaten, erweitert sich die Wahrnehmung, die Pyramide öffnet sich ein Stück weit. Das Kind macht immer noch mit Nachdruck auf sich aufmerksam, wenn es Hunger hat, der Mutter ist es jetzt jedoch möglich, den Sprössling einen kurzen Moment lang warten zu lassen. Jede Mutter spürt das intuitiv und bleibt ruhig dabei. Eine Mutter, die einen schreienden Säugling auf Nahrung warten ließe, bekäme sofort Schweißausbrüche. Diese Spontanreaktion fällt jetzt zunehmend weg, die Mutter fühlt, dass das Kind sich auch mal einen Moment lang gedulden kann.
    Dies ist der erste Moment leichter Fremdbestimmung, den das Kind jetzt aushalten kann. Die Welt reagiert nicht mehr sofort, und darüber hinaus fängt das Kind nun an, sich diese Welt zu erschließen, denn mit ungefähr neun Monaten beginnt die Krabbel- und die Laufphase. Der Aktionsradius erweitert sich, und damit auch die Wahrnehmung der eigenen Umgebung. Kinder stoßen an Stühle, Tische oder Türen, werden von Hindernissen aufgehalten oder von den Eltern zurückgeholt.
    Was passiert in dieser Phase mit den Nervenzellen? Sie erkennen zunächst noch nicht, dass der Raum begrenzt ist. Kleine Kinder krabbeln oder laufen daher häufig mehrfach gegen Gegenstände oder sogar Wände. Die Wiederholung dieses Vorgangs macht das Hindernis mit der Zeit als solches erkennbar.
    Der besondere »Gegenstand«
    Im Alter von etwa zehn bis sechzehn Monaten erfährt das Kind auch, dass sich nicht alle Gegenstände gleich verhalten. Vor allem ein Gegenstand lässt sich nicht uneingeschränkt verschieben, sondern reagiert auf Berührung.
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