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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)
Autoren: Michael Winterhoff
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sorgen würde, dass falsche Handlungen gar nicht erst begangen werden. Anders gesagt: Der Fünfjährige, der die Bonbons der Schwester nimmt, weiß zwar bereits, dass er etwas Verbotenes tut, verbindet das jedoch noch nicht mit dem Bewusstsein, es daher sein zu lassen. Er wird lediglich abwägen, ob die Bonbons den möglichen Ärger mit den Eltern wert sind. Ihnen möchte das Kind gefallen. Deshalb wird es ihre Einwände, dass das Aufessen der Bonbons falsch war, eher verinnerlichen als die Tränen der Schwester.
    Ganz wichtig in dieser Zeit ist für die Psyche die Möglichkeit, Abläufe und Strukturen zu erkennen, sich an Regeln orientieren zu können. Das verleiht Sicherheit und Stabilität, die sich auch im Erwachsenenleben bemerkbar machen. Vermittelt und verkörpert werden müssen diese Strukturen indes immer durch die bekannten Bezugspersonen, denn Struktur allein fördert keine Entwicklung. Eine enge Begleitung durch Bezugspersonen im Kindergarten etwa ist daher keine Einengung, sondern eben gerade die Voraussetzung dafür, sich später umso freier entfalten zu können. Doch dazu später mehr.
    Durch die Orientierung an sich immer wiederholenden Abläufen und am verlässlichen Verhalten der Bezugspersonen lernt das Kind auch soziales Verhalten. Alles, was es macht, macht es dabei für die entsprechende Bezugsperson. Der Fünfjährige hilft im Kindergarten beim Aufräumen nicht, weil er plötzlich seinen Sinn für Ordnung entdeckt hätte. Der Grund ist die Erzieherin, die ihn darum bittet. Sie ist für ihn die natürliche Autorität, die ihm Halt und Orientierung verleiht.
    Zu dieser Feststellung möchte ich zwei Anmerkungen machen, da bestimmte Dinge immer wieder in der Kritik auftauchen:
Wenn die Erzieherin dem Kind sagt, es solle aufräumen, und das Kind folgt dieser Aufforderung, hat das nichts mit dem Einüben von Gehorsam und Disziplin zu tun. Es kann auch nicht erwartet werden, dass ein Fünfjähriger in jeder Situation einer solchen Aufforderung sofort nachkommt. Er wird es bei altersgemäßer Entwicklung allerdings in der Regel tun.
Es spricht nichts dagegen, wenn die Erzieherin dem Kind erklärt, dass es aufräumen solle, damit andere Kinder die Spielsachen wiederfinden oder niemand über die herumliegenden Dinge stolpert und sich verletzt. Es ist jedoch ein immer weiter verbreiteter Irrglaube, das Kind räume anschließend auf, weil es die Erklärung rational verstanden habe. Es ist noch überhaupt nicht in der Lage, die Folgen seines Handelns abzuschätzen und sich dementsprechend zu verhalten. Es möchte seiner Erzieherin eine Freude machen. Die Erklärung tut also nicht weh, sie fruchtet aber auch nicht in dem vom Erwachsenen vorausgesetzten Sinn. Der Fünfjährige räumt also nicht auf, weil er möchte, dass seine Spielkameraden schnellstmöglich die Dinge finden, sondern weil er in Beziehung zu seiner Erzieherin steht und dieser eine Freude machen möchte. An jeder dieser kleinen Freuden und Situationen wächst die kindliche Psyche und ist bereit für die nächsten Entwicklungssprünge.
    Der nächste große Sprung: Das Kind ist schulreif
    Der Kindergarten ist ein ausgeprägter Schutzbereich, jedenfalls sollte er das sein. Es hilft, sich das immer mal wieder in Erinnerung zu rufen, wenn über Konzepte und Methoden in diesem Bereich philosophiert wird. Das Kind im Alter zwischen drei und sechs Jahren übt sich in sozialem Verhalten, es kann sich unbelastet und ohne Verantwortung für »große« Themen oder die Folgen seines Handelns zu tragen ausprobieren. Dabei benötigt es jedoch immer die Anleitung und Orientierung durch die Erzieherin oder den Erzieher.
    Natürlich besitzt das sechsjährige Kind bereits viel mehr soziale Kompetenzen als das dreijährige. Diese erweiterte Kompetenz führt auf natürliche Weise zur Schulreife. Der große Sprung im Rahmen der Entwicklung, der nun geschehen ist, zeigt sich auch am lebendigen Interesse des Kindes an den Kulturtechniken. Ein altersgemäß entwickeltes sechs- oder siebenjähriges Kind geht nicht in die Schule, weil es muss , sondern weil es lesen, schreiben und rechnen lernen will.
    Das Kind erkennt nun auch den Lehrer oder die Lehrerin als Bezugsperson, an der es sich orientiert und für die es viele Dinge ausführt. Das äußert sich in den grundlegenden, scheinbar banalen Dingen, die eine Grundschulklasse überhaupt erst funktionsfähig machen und es dem Kind ermöglichen, Wissen zu erwerben: Ein altersgemäß entwickelter Grundschüler spürt
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