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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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nie eine Maus
fangen müssen? Haben Sie noch nie davon gehört, dass
Elefanten in afrikanischen Wildparks abgeschossen werden
müssen? Bricht einem nicht jedes Mal das Herz – aber
man tut es dennoch.«
    Siobhan nickte. »Und man wendet sich nicht ab, wenn man
es tut.«
    »Nein. Man wendet sich nicht ab.«
    »Also haben sie sich in einem Konflikt befunden«,
sagte Siobhan kalt. »Aber sie haben versucht, uns
auszurotten. Reue macht Unrecht nicht zu Recht.«
    »Nein, tut sie nicht.«
    »Und das bedeutet auch nicht, dass wir sie nicht daran
hindern sollten, es noch einmal zu versuchen.« Siobhan
beugte sich zu Bisesa hin und sagte leise: »Wir suchen nach
ihnen. Es gibt ein riesiges neues Teleskop auf der Rückseite
des Mondes - Michail ist maßgeblich daran beteiligt. Selbst
die Erstgeborenen unterliegen den Gesetzen der Physik: Sie
müssen eine Spur hinterlassen. Und natürlich
müssen die Spuren, die sie hinterlassen, auffällig
sein; es kommt nur darauf an, am richtigen Ort zu
suchen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wieso sollten wir annehmen, dass die Erstgeborenen nur hier interveniert haben? Erinnern
Sie sich noch an S-Fornax, Michails auflodernden Stern? Wir
halten es inzwischen für möglich, dass dieses Ereignis
– und etliche andere – auch nicht natürlich
waren. Und dann wäre da noch Altair, wo dieser jupiterartige
Irrläufer herkam. Laut Aussage von Michail hat etwa ein
Viertel der helleren Novae, die wir in den letzten
fünfundsiebzig Jahren beobachtet haben, sich in einem
kleinen Ausschnitt des Himmels konzentriert.«
    »Die Erstgeborenen bei der Arbeit«, sagte
Bisesa und nickte.
    »Auch wenn wir die Erstgeborenen selbst nicht
sehen«, sagte Siobhan, »finden wir vielleicht andere,
die vor ihnen fliehen.«
    »Und was dann?«
    »Dann werden wir nach ihnen suchen. Schließlich
sollen wir nicht hier sein. Es war vielleicht die Tat einer
Splittergruppe von ihnen, die uns durch Sie früh genug
gewarnt hat, sodass wir noch Maßnahmen zu unserer Rettung
ergreifen konnten. Was uns betrifft, so haben die Erstgeborenen ihre Chance vertan. Und eine neue werden sie
nicht bekommen.«
    Ihre Stimme klang zuversichtlich und kraftvoll. Aber es
verursachte Bisesa Unbehagen.
    Siobhan hatte den Sonnensturm erlebt, doch auf Mir hatte
Bisesa aus erster Hand den erstaunlichen Wiederaufbau einer Welt,
einer ganzen Historie erlebt; sie wusste, dass die Macht der Erstgeborenen viel größer war, als selbst
Siobhan sich vorzustellen vermochte. Und sie hatte auch den
Anblick einer in der fernen Zukunft liegenden Erde nicht
vergessen, der ihr auf dem Rückweg von Mir gewährt
worden war – eine Sonnenfinsternis, eine anscheinend durch
Krieg pulverisierte Erde. Was, wenn die Menschheit in einen Krieg
der Erstgeborenen hineingezogen wurde? Die Menschen
wären dann genauso hilflos wie Charaktere in einem
griechischen Drama, die in einem Konflikt zwischen zürnenden
Göttern gefangen waren. Sie hatte so ein Gefühl, dass
die Zukunft vielleicht noch viel komplizierter – und auch
gefährlicher – würde, als Siobhan es sich
vorstellte.
    Aber es war nicht an ihr, diese Zukunft zu gestalten. Sie
schaute auf die Gesichter von Eugene und Myra, die furchtlos dem
Licht der Sonne zugewandt waren. Die Zukunft mit ihrem ganzen
Potenzial und allen Gefahren lag nun in den Händen einer
neuen Generation. Das war der Anfang der Odyssee der Menschheit
im Weltraum, und niemand vermochte zu sagen, wohin sie fuhren
würde.
    Den Leuten stockte der Atem, und ihre Gesichter drehten sich
wie Blumen zum Himmel.
    Bisesa beschirmte die Augen. Und dort am Himmel, inmitten der
schwärmenden Flugzeuge und Hubschrauber, senkte sich ein
schimmernder Strang aus dem All herab.

 
{ 51 }
EIN SIGNAL VON DER ERDE
     
     
    In diesem System eines Dreifachsterns zog die Welt weitab vom
Zentralgestirn ihre Bahn. Gesteinsinseln ragten aus der
schimmernden Eislandschaft wie schwarze Punkte in einem
weißen Meer. Und eine diese Inseln war mit einem frostig
glitzernden Netzwerk aus Kabeln und Antennen überzogen. Es
war ein Horchposten.
     
    Ein Radiopuls streifte die Insel; er war durch die Entfernung
stark abgeschwächt und glich einer Welle, die sich in einem
Teich ausbreitet. Der Horchposten regte sich. Automatische
Routinen setzten ein; das Signal wurde aufgezeichnet, zerlegt,
analysiert.
    Das Signal hatte eine Struktur, eine verschachtelte Hierarchie
von Indices, Verweisen und Verknüpfungen. Ein
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