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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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ihre Mutter, aber sie wirkte dennoch elegant. Sie trug heute
sogar einen Rock, was völlig untypisch für sie war:
eine lange, bauschige Creation, die sie nicht einmal behinderte,
als sie aus dem Hubschrauber kletterte.
    Ein roter Teppich zog sich über die stählerne
Oberfläche der Bohrinsel zu einer Ansammlung von
Gebäuden und unidentifizierbaren Maschinen. Nebeneinander
gingen Mutter und Tochter auf diesem Pfad entlang. Reporter mit
Kameras auf den Schultern standen am Teppich Spalier.
    Am anderen Ende des Teppichs wurden sie von einer kleinen,
rundlichen Frau erwartet: der Premierministerin Australiens und
der ersten Ureinwohnerin, die dieses Amt bekleidete. Ein Adjutant
murmelte der Premierministerin etwas ins Ohr; offensichtlich
informierte er sie, wer diese eigenartig aussehenden Leute waren.
Sie begrüßte sie herzlich.
    Bisesa wusste nicht, was sie sagen sollte, doch Myra machte
ungezwungen Konversation und betörte mit ihrem Charme jeden
in der Runde. Myra wollte unbedingt einen Beruf auf dem Gebiet
der Astronautik ergreifen – und sie hatte auch alle
Chancen, das wahrzumachen; die Astronautik war eine der
größten Wachstumsbranchen der Welt. »Und ich
finde den Weltraum-Fahrstuhl so faszinierend«, sagte sie.
»Ich hoffe, dass ich ihn eines Tages benutzen
werde!«
    Bisesa schenkte indes niemand große Aufmerksamkeit. Sie
war heute als Gast von Siobhan Tooke, geb. McGorran hier, aber
niemand wusste, wer sie war oder in welcher Beziehung sie zu
Siobhan stand. Das war ihr auch nur recht. Denn die Kameras
liebten Myra, und Myra machte – ein bisschen kokett –
das Beste daraus. Myra hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem
schmutzigen dreizehnjährigen Flüchtlingskind in jener
schrecklichen Nacht nach dem Sonnensturm. Sie hatte sich zu einer
sehr intelligenten und optimistischen jungen Frau entwickelt
– ganz zu schweigen von einer geschmeidigen Schönheit,
die Bisesa nie vergönnt gewesen war.
    Bisesa war stolz auf Myra, aber sie selbst hatte das
Gefühl, auf der falschen Seite einer virtuellen
Altersbarriere gestrandet zu sein. Nach den vielen Schocks, die
sie erlitten hatte – das Erlebnis auf Mir, der Sonnensturm
selbst und die darauf folgenden Jahre des langsamen und
mühsamen Wiederaufbaus – hatte sie alles versucht, ihr
Leben neu zu ordnen und Myra eine stabile Grundlage für die
Zukunft zu bieten. Aber sie war innerlich noch immer
aufgewühlt und würde es wahrscheinlich auch
bleiben.
    Irgendwie hatte der Sturm für die Jugend der Welt aber
auch sein Gutes gehabt. Diese neue Generation schien durch die
Herausforderungen, vor denen die Menschheit stand, gestählt
worden zu sein. Das war aber nicht unbedingt ein beruhigender
Gedanke.
    Weitere Gäste kamen, begleitet vom Rattern der Rotoren,
in Hubschraubern an, und die Premierministerin ging weiter.
     
    Adjutanten führten Bisesa und Myra zu einem Festzelt mit
Getränkebuffets und Blumenarrangements, das auf dieser Insel
der Technik fast unwirklich anmutete.
    Es hatten sich hier erstaunlich viele Leute eingefunden,
einschließlich Prominenz rund um den Erdball wie Alvarez,
die frühere Präsidentin der Vereinigten Staaten, der
britische Thronfolger – und, wie Bisesa vermutete, auch
viele von dieser feigen, übersättigten Sippschaft, die
den Sonnensturm im Schatten von L2 abgeritten hatte, während
alle anderen durchs Feuer gingen.
    Kinder schlüpften zwischen den Beinen der Erwachsenen
hindurch; auf den Rückgang der Geburtenziffern vor dem
Sonnensturm war ein regelrechter Babyboom gefolgt. Wie immer
hatten diese kleinen Leute nur Interesse an ihresgleichen, und
Bisesa fand es entzückend, dass unter den Augen der
Erwachsenen eine separate gesellschaftliche Veranstaltung
ablief.
    »Bisesa!«
    Siobhan bahnte sich einen Weg durch die Menge. Ihr Mann -Bud
– war an ihrer Seite. Er trug die Galauniform eines
Generals der amerikanischen Luft- und Raumstreitkräfte und
grinste bis über beide Ohren. In ihrer Begleitung waren
Michail Martynov und Eugene Mangles. Michail ging am Stock; er
lächelte Bisesa herzlich an.
    Aber Myra hatte nur Augen für Eugene, womit Bisesa auch
hätte rechnen müssen. »Wow. Wer hat das denn bestellt?«
    Eugene war nun Ende zwanzig oder vielleicht auch Anfang
dreißig, ermittelte Bisesa überschlägig,
wahrscheinlich über ein Jahrzehnt älter als Myra. Er
sah noch immer unverschämt gut aus; und die durch das Alter
etwas härter gewordenen
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