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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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regulieren. Turbinen erzeugten künstliche
Winde. Mit den Kondensstreifen von Flugzeugen vermochte man das
Sonnenlicht über ausgewählten Teilen der
Erdoberfläche auszublenden. Und so weiter.
    Natürlich stieß das auch auf große Skepsis.
Sogar in diesem Moment, als Eugene seine Arbeit erläuterte,
sagte Michail ostentativ: »Jemand stiehlt eine Regenwolke,
und einem anderen verdorrt das Korn auf dem Feld! Woher wollen
Sie wissen, dass Ihre Manipulationen keine nachteiligen
Auswirkungen haben?«
    »Wir berechnen alles.« Eugene schien es zu
irritieren, dass Michail solche Einwände erhob. Er tippte
sich an die Stirn. »Es ist alles hier drin.«
    Michail war unglücklich. Aber das hatte nichts mit der
Ethik der Wetterkontrolle zu tun, wie Bisesa sah: Michail war
eifersüchtig; eifersüchtig wegen des Kontakts, den ihre
Tochter mit Eugene geknüpft hatte.
    Bud legte Michail den Arm um die Schulter. »Lassen Sie
sich von diesen jungen Leuten nicht verwirren«, sagte er.
»Ob zum Besseren oder Schlechteren, sie sind anders, als
wir es waren. Ich glaube, der Schild hat ihnen Flausen in den
Kopf gesetzt – sie neigen zum Größenwahn. Aber
es ist ihre Welt! Kommen Sie, wir gehen ein Bier
trinken.«
    Die kleine Gruppe löste sich auf.
     
    Siobhan kam zu Bisesa. »Dann ist Myra also schon
erwachsen.«
    »O ja.«
    »Der Junge tut mir fast Leid – obwohl ich nicht
glaube, dass diese neue Generation auf das Mitleid von Leuten wie
uns angewiesen ist.« Sie warf einen Blick auf Eugene und
Myra, die beide groß gewachsen, gut aussehend und
zuversichtlich waren. »Bud hat Recht. Wir haben sie durch
den Sonnensturm gebracht. Doch nun ist alles anders.«
    »Aber sie sind hart, Siobhan«, sagte
Bisesa. »Zumindest gilt das für Myra. Für sie war
die Vergangenheit, die Zeit, die durch den Sturm beendet wurde,
eine Abfolge von lauter Verlusten. Ein Vater, den sie nie kennen
gelernt hat. Eine Mutter, die sie zu Hause sitzen ließ und
die als Verrückte zurückkehrte. Und dann ist die Welt
selbst um sie herum zusammengebrochen. Gut, sie hat das alles
hinter sich gelassen. Sie interessiert sich nicht mehr für
die Vergangenheit, weil sie sie im Stich gelassen hat. Aber es
liegt in ihrer Hand, die Zukunft zu gestalten. Sie sehen
Zuversicht in ihr. Ich sehe eine diamantene
Härte.«
    »Aber so muss das auch sein«, sagte Siobhan sanft.
»Das ist eine neue Zukunft, mit neuen Herausforderungen und
neuer Verantwortung. Sie, die Jungen, werden diese
Verantwortung tragen müssen. Während wir
danebenstehen.«
    »Und uns Sorgen um sie machen«, sagte Bisesa
kläglich.
    »O ja. Das werden wir immer tun.«
    »Ich könnte es nicht ertragen, sie zu
verlieren«, entfuhr es Bisesa.
    Siobhan berührte ihren Arm. »Das werden Sie nicht.
Egal, wie weit sie entfernt ist. So gut kenne ich euch beide
inzwischen. Es gibt Dinge, die sind sogar noch wichtiger als die
Zukunft, Bisesa.«
    »Ich glaube, dass die Zeremonie gleich beginnt«,
sagte Thales Bisesa ins Ohr.
    Siobhan seufzte. »Das wissen wir schon«, sagte sie
unwirsch. »Vermissen Sie auch manchmal Aristoteles? Thales
hat diese lästige Angewohnheit, Banalitäten zu
verkünden.«
    »Aber wir sind trotzdem froh, dass wir ihn haben«,
sagte Bisesa.
    Siobhan hakte sich bei Bisesa unter. »Kommen Sie. Sehen
wir uns die Show an.«

 
{ 50 }
FAHRSTUHL
     
     
    Bisesa und Siobhan gingen durchs Festzelt in einen Bereich im
Zentrum der Bohrinsel. Die Kinder eilten ihnen voraus; endlich
hatten sie etwas Interessanteres gefunden als ihre
Spielkameraden.
    Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand ein Objekt wie eine
gedrungene Pyramide, mit einer Höhe von vielleicht zwanzig
Metern. Die Oberfläche war mit Marmorplatten verkleidet, die
in der Sonne glänzten. Diese schlichte Struktur sollte die
Verankerung des Weltraum-Fahrstuhls sein, eines Strangs aus
nanogefertigtem Kohlenstoff, der von der Erde über
dreißigtausend Kilometer in den geosynchronen Orbit
führen würde.
    »Schauen Sie sich das an.« Siobhan zeigte nach
oben. Der klare blaue Himmel füllte sich mit Flugzeugen und
Hubschraubern. »Ich würde hier nicht mehr
rumfliegen wollen, wenn ein tausende Kilometer langes
Buckminster-Fulleren-Kabel sich in die Atmosphäre
abwickelt…«
    Die australische Premierministerin erklomm etwas ungelenk eine
Treppe zu einer Bühne auf der Höhe des
plateauförmigen Abschlusses der Pyramide. Sie hielt ein
Muster des Kabels hoch, das in diesem
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