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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Moment vorsichtig in die
Erdatmosphäre hinabgelassen wurde. Eigentlich war es ein
breites Band: ungefähr einen Meter breit, aber nur ein
Mikron dick. Und sie hob an zu sprechen.
    »Viele Menschen haben ihre Überraschung zum
Ausdruck gebracht, dass ausgerechnet Australien vom
Skylift-Konsortium als der Standort für den Anker des ersten
Weltraum-Fahrstuhls der Welt ausgewählt wurde. Einmal ist es
jedoch ein weit verbreiteter Mythos, dass man einen Fahrstuhl am
Äquator verankern müsse. Es stimmt zwar, je näher,
desto besser, aber er muss sich nicht direkt auf ihm befinden; zweiunddreißig Grad südlicher Breite sind
nah genug. Zumal dies auch in vielerlei Hinsicht ein idealer
Punkt ist. Hier im Meer müssen wir praktisch nicht mit
Gewittern und anderen unwillkommenen Klimaphänomenen
rechnen. Australien ist einer der stabilsten Orte auf der Erde,
sowohl geologisch als auch politisch. Und wir sind nur einen
Katzensprung von der schönen Stadt Perth entfernt, die sich
schon auf ihre Rolle als Drehkreuz für das neue
Erde-Weltraum-Transportnetzwerk freut…«
    Und so weiter. So war das immer bei Weltraumprojekten, hatte
Bud Bisesa einmal gesagt: eine Mischung aus dummem Geschwätz
und technischen Wundern. Auf dem Boden bot die Raumfahrt immer
Anlass für ›Rasenkriege‹ und
Subventionsgelüste – doch heute sollte ein Kabel
über den Häuptern dieser neugierigen Menge
herabgelassen werden: Heute, am helllichten Tag, würde eine
technische Leistung, die zu der Zeit, als Bisesa ein Kind war,
wie ein Traum erschienen wäre, vollendet.
    Natürlich war der Fahrstuhl erst der Anfang. Die
Pläne für die Zukunft waren erstaunlich: Im Zuge der
Erkundung des Weltraums würden auf den Asteroiden Metalle,
Minerale und sogar Wasser geschürft, und Sonnenkraftwerke
von der Größe ganzer Städte würden im Orbit
montiert werden. Eine neue industrielle Revolution würde
beginnen, und mit dem Fluss kostenloser Energie dort oben im All
waren dem Wachstum der Zivilisation keine Grenzen gesetzt. Und
die Schwerindustrie, die in der Vergangenheit auf der Erde so
großen Schaden angerichtet hatte –
einschließlich Bergbau und Energieerzeugung –,
würde nun vom Planeten ausgelagert. Dieses Mal
würde die Erde als das bewahrt, wozu sie gut war: als Heimat
des komplexesten bekannten Ökosystems.
    Der Schild, das erste große
Weltraumkonstruktionsprojekt, war bereits abgebaut, obwohl
Fragmente in den Museen des Planeten gehegt und gepflegt wurden.
Aber die Zuversicht, die der Erfolg des Projekts vermittelt
hatte, hielt unvermindert an.
    Der Weltraum war aber nicht nur als Standort für Kraft-
und Bergwerke interessant. Der Sonnensturm hatte der Menschheit
fremde neue Welten hinterlassen. Spuren von Leben auf dem Mars,
das seit einer Milliarde Jahren geschlafen hatte, wurden nun
überall auf dieser Welt entdeckt. Eine neue Venus wartete
darauf, dass der erste Mensch seinen Fuß auf sie setzte.
Fast der ganze drückende Luftmantel dieses Planeten war
weggefegt worden, was eine Landung begünstigte. Der Rest war
steril und kühlte sich langsam ab – und war für
eine Terraformung geeignet, wie manche Experten behaupteten. Die
Venus hatte nun die besten Voraussetzungen, eine echte Schwester
der Erde zu werden.
    Jenseits der umgestalteten Planeten lagen natürlich die
Sterne und noch tiefere Mysterien.
    Doch in diesem Moment, an diesem entscheidenden Punkt der
menschlichen Geschichte, erinnerte der pyramidale Kabelanker
Bisesa an den Zikkurat, den sie einmal auf Mir besucht hatte
– in einem alten Babylon, das durch die Zeit biegende
Technologie der Erstgeborenen wieder auferstanden war. Jener Zikkurat war der Prototyp des biblischen Turms zu
Babel gewesen, die ultimative Metapher für die Hybris der
Menschheit, die Götter herauszufordern.
    Siobhan musterte sie. »Einen Cent für Ihre
Gedanken.«
    »Ich fragte mich nur, ob irgendjemand außer mir
hier an den babylonischen Turm denkt. Ich wage es zu
bezweifeln.«
    »Mir lässt Sie einfach nicht los, nicht
wahr?«
    Bisesa zuckte die Achseln.
    Siobhan drückte ihren Arm. »Wissen Sie, Sie hatten
Recht. Mit den Erstgeborenen. Die Augen, die wir an
den Trojanischen Punkten fanden, haben es bestätigt. Aber
was fangen wir mit diesem Wissen an? Die Erstgeborenen ließen die Sonne auflodern, damit sie den Planeten
versengte – und sie haben zugesehen. Was sind diese
Wesen – Sadisten?«
    Bisesa lächelte. »Haben Sie noch
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