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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman
Autoren: Daniel Moor
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antwortete ich, «so müssen sich die meisten vor Gericht verantworten.»
    «Wussten sie alle von den Morden?»
    «Nein, wahrscheinlich nicht, aber es gibt genügend andere Anklage punk te. Alle bis auf zwei der neusten Mitglieder waren am Überfall auf ein alternatives Musikfestival vor zwei Jahren beteiligt, bei dem mehrere Konzertgänger spitalreif geschlagen wurden. Und alle waren in irgendeiner Form an den Aktivitäten beteiligt, mit denen Rappolder an das Geld für seine grosse Operation kommen wollte. Drogenhandel, Schmuggel, Erpressung. Wahrscheinlich kann ihnen also mindestens die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nachgewiesen werden. Nur, weil sich eine Gruppe ein politisches Programm gibt, heisst das noch lange nicht, dass sie keine gewöhnliche Verbrecher ban de ist.»
    «Etwas leuchtet mir irgendwie immer noch nicht ein: Wieso hat Rappolder das Geld nicht einfach selber aufgebracht?»
    «Er hatte kein Geld mehr. Sein Vater hat ihn enterbt und ihm auch jegliche Unterstützung entzogen. Markus hat das überprüft.»
    Steiner nickte zustimmend. Ivica wandte sich an ihn. «Und was ist eigentlich mit dir? Kriegst du Ärger wegen der Sache?»
    «Keine Ahnung», antwortete Steiner. «Es ist eine Untersuchung eröffnet worden, aber das ist immer so, wenn im Einsatz geschossen wird. Der Schuss waffen einsatz ist grundsätzlich erlaubt bei Notwehr und Notwehrhilfe. Und unter Um ständen zur Auftragserfüllung. Wobei bei solchen Untersuchungen dieser Punkt immer am meisten Diskussio nen verursacht.»
    «Und was war es in diesem Fall? Auftragserfüllung?»
    «Notwehrhilfe. Das heisst, mein eigenes Leben war nicht unmittel bar bedroht, aber das einer anderen Person. Ihr seid ja beide Zeugen, was den Tathergang anbelangt.»
    « Absolut », sagten Ivica und ich wie aus einem Mund.
    «Es ging nicht anders», ergänzte ich.
    «Ich weiss.»
    Wir bestellten ein zweites Bier. Dann wollte Steiner wissen: «Hast du eigentlich jemals rausgefunden, wer die drei Typen sind, die für den ganzen Spass aufgekommen sind?»
    «Du meinst die Kerle, die meinen Einsatz finanziert haben?»
    «Ja, die.»
    «Nicht so richtig. Kulenović wollte sich dazu nicht äussern. Er hat nur gesagt, dass sie Mujo aus dem Krieg kannten.»
    «Und denkst du, dass da alles koscher war?»
    «Wohl kaum. Einer der Kerle ist anscheinend ein grosser bosnischer Kriegsheld. Die Kroaten und Serben sehen das allerdings ein wenig anders. Heute führt er eine Kette von Fitnesscentern in Sarajevo und Umgebung.»
    Steiner verzog das Gesicht. «Sprich: Geldwäsche.»
    «Wahrscheinlich. Aber ich sage dir ganz ehrlich, das ist mir egal. Kulenović ist ein guter Mann, und wenn er das nötig fand, dann bin ich auf seiner Seite.»
    Steiner schüttelte resigniert den Kopf und seufzte. Dann fragte er: «Und was ist eigentlich mit der Hasanović-Frau?»
    «Jasmina?»
    «Ja, genau. Die Eisprinzessin.»
    «Was meinst du?»
    «Wie geht es ihr? Wie ist sie mit all dem umgegangen? Ich hab sie nur einmal gesehen, als sie ihn identifiziert hat.»
    «Ich hatte den Eindruck, dass sie froh ist, jetzt wenigstens zu wissen, was geschehen ist. Es scheint ihr eigentlich nicht schlecht zu gehen. Weisst du, ich vermute, dass sie und Mahir Kulenović mehr als nur zwei Mitglieder der gleichen Glaubensgemeinschaft sind. Wahrschein lich ist das auch der Grund, wieso es so lange gedauert hat, bis sie mich ein ge schalte t haben.»
    «Du meinst, sie haben ein Verhältnis?»
    «Ich weiss nicht, wie man das nennen soll. Vielleicht ist es nichts Sexuelles.»
    Ivica mischte sich ein. «Im Krieg sind viele Frauen vergewaltigt worden. Oft von Sonderpolizeieinheiten. Vielleicht gehört sie auch dazu.»
    «Das würde einiges erklären», fügte ich hinzu.
    «Zum Beispiel?»
    «Wieso sie nicht zur Polizei gehen wollte. Wieso sie und Mujo anscheinend kein Sexleben hatten. Wieso sie chronisch depressiv ist.»
    «Ja», meinte Steiner nachdenklich, «das kann gut sein. Die arme Frau.»
    Wir bestellten ein drittes Bier. Dann sagte ich beiläufig: «Aber das Beste weisst du ja noch gar nicht, Markus.»
    Ivica grinste breit, während Steiner mich erwartungsvoll ansah. Ich zog die Kopie eines Belgrader Zeitungsartikels hervor, den ich am Vortag elektronisch zugemailt erhalten hatte, anonymisiert und ohne erklärende Notiz. Er war nicht in kyrillischer Schrift geschrieben und ich hatte daher ohne Weiteres in den zwei mit Leuchtstift ange stri che nen Zeilen den Namen Princip erkannt. Der eilig
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