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Sonne über Köln (German Edition)

Sonne über Köln (German Edition)

Titel: Sonne über Köln (German Edition)
Autoren: A. Schneider
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hob schlaumeierisch den Zeigefinger:
"Ich sag dir eins: Alles, hick ... Quatsch! Mit Ehrlichkeit kommst du
nicht weit! Hick ..."
    "Du
musst die Luft anhalten, bis dreißig zählen und dann runterschlucken",
sagte Toni.
    "Das
probiere ich jedes Mal.–Klappt aber nie", sagte der Mann.
"Okay, ich versuch's noch mal."
    Für
dreißig Sekunden herrschte Ruhe, dann ein Schlucken und ein tiefes Luftholen.
"Ich glaube, das hat geklappt", sagte der Mann und steckte sich eine
Zigarette zwischen die Lippen. Beim Anzünden brauchte er einige Versuche um sie
mit der Flamme zu treffen.
    Toni
klappte den Aschenbecher auf.
    Der
Mann winkte ab: "Ich nehme den Großen!" Er lachte über seinen Witz
und versuchte, die Asche aus dem halb geöffneten Fenster abzustreifen. Dabei
fiel ihm der Glimmstängel aus der Hand. "Oh! Wo ist sie denn hin?",
sagte er und tastete seinen Schoß ab.
    Toni
blickte verärgert zu ihm hinüber: "Heb das verdammte Ding auf! Ich will
hier keine Brandlöcher haben."
    Der
Mann beugte sich nach unten, suchte und fand die Zigarette: "Nix
passiert." Er lachte und deutete auf das Taxameter: "Kannst die Uhr
ruhig ausmachen." Er zwinkerte Toni zu: "Dann kannst du dir das Geld
selbst einstecken. Kriegt dein Chef sowieso nicht mit."
    "Erstens kann ich das Taxameter nicht ausmachen wegen der Sitzkontakte
und zweitens bin ich mein eigener Chef", sagte Toni.
    Der Mann wandte sich ihm erstaunt zu: "Das ist dein Taxi? Du siehst so
jung aus."
    "Manchmal täuscht der Eindruck", sagte Toni.
    Der Mann las das Schild am Armaturenbrett: "'Taxiunternehmen Jakobs.
Es fährt Sie A. Jakobs.'–Tatsächlich. Ich dachte du bist ein Student, der
sich was dazuverdient. Wofür steht das A? Andreas?"
    "Anton", sagte Toni.
    "Und wie lange fährst du schon Taxi?"
    "Schon viel zu lange", sagte Toni.
    "Macht's dir keinen Spaß?", fragte der Mann.
    "Die Taxikonzession ist 'ne Hinterlassenschaft von meinem Vater. Ich
hätte mir nie träumen lassen, dass ich selbst irgendwann mal fahre."
    "Was hast du denn gelernt", fragte der Mann.
    Toni schaute misstrauisch zu ihm hinüber.
    "Ich will dich nicht aushorchen ... nur ein bisschen Konversation
betreiben", sagte der Mann und zog an seiner Zigarette. Er schwieg eine
Weile. Dann versuchte er erneut eine Unterhaltung in Gang zu bringen: "Wieso hast du Sitzkontakte, wenn's dein eigener
Wagen ist?"
    "Ich
will einen Fahrer anheuern. Und damit der mich nicht bescheißen kann, hab ich
die einbauen lassen."
    Der
Mann machte eine triumphierende Geste: "Siehst du! Genau wie ich's dir
eben gesagt habe. Auf dieser Welt bescheißt jeder jeden. Nur so kommt man
vorwärts." Er konzentrierte sich auf die Straße: "Noch fünfzig Meter,
dann kannst du mich rausschmeißen."
    Toni
fuhr rechts ran und bremste.
    "Oder
bescheißt du das Finanzamt nicht?", sagte der Mann, während er sein
Portemonnaie suchte.
    Toni
beantwortete die Frage mit einem Schmunzeln. "7,40!", sagte er und
drückte das Taxameter aus.
    Der
Mann gab ihm einen Zehner: "Stimmt so!" Er kramte weiter in seinem
Portemonnaie und gab Toni eine Visitenkarte: "Du bist in Ordnung, Andreas!
Wenn du mal was brauchst, melde dich. Ich kann alles besorgen–sogar 'ne
Panzerfaust." Er imitierte das Abfeuern des Geschosses: "Bäng!"
Dann stieß er die Tür auf und hievte sich aus dem Wagen.
    Toni
las die schlichte Visitenkarte: Der Typ hieß Franz Wickert und war "Einzelhändler".
Er wollte die Karte aus dem Fenster werfen, doch dann entschied er sich um und
legte sie in die Ablage.

 
    Usama
ging in seinem Zimmer auf und ab. Irgendwann ließ er sich auf die Couch fallen
und machte den Fernseher an. Nach einer Weile schaltete er den Fernseher wieder
aus und ließ seinen Blick durchs Zimmer schweifen. Ein beeindruckendes Poster
beherrschte die gegenüberliegende Wand. Es zeigte den riesigen, mit schwarzer,
goldbestickter Seide verhüllten Granitquader der Kaaba, umgeben von hunderten
in Weiß gekleideten Gläubigen. Darunter stand in goldener Schrift " Es
gibt keinen Allah außer Allah" .
    Dieser
Anblick wirkte beruhigend auf ihn. Er dachte an seine Pilgerfahrt nach Mekka.
Es waren die schönsten Tage seines Lebens gewesen. Er dachte an die leuchtenden
Farben des Paradieses, an die Gärten der Wonne, an den Genuss von Früchten,
Fleisch, Milch, Honig und Wein, der nicht berauscht, und es erfüllte ihn mit
Freude. Schon bald würde er dort sein. Er würde Goldschmuck tragen und Gewänder
aus Brokat und Seide und sich von Jungfrauen verwöhnen lassen. Es würde
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