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Titel: Sonderauftrag
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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oder unzureichende Ernährung zurückzuführen sind. Sport und körperliche Arbeit hinterlassen auch Spuren an den Gelenken, und das Alter lässt sich anhand der Knochenverwachsungen, der Degeneration und auch der Zähne gut bestimmen. Da die Hinterhauptfraktur prämortaler Art ist, deutet alles auf sie als Todesursache. Habt ihr sonst noch Fragen?« Vorsichtig nahm er die heiße Tasse, um einen Schluck zu trinken.
    »Was kannst du uns zur Todeszeit sagen?«
    »Nichts! Ich kann nicht einmal die Liegezeit konkretisieren. Es gibt zurzeit keine Methode, die eine halbwegs genaue Datierung der Liegezeit bei knöchernen menschlichen Überresten der letzten 100 Jahre zulassen würde.«
    »Nicht mal ansatzweise?«
    »Nein.« Der Gerichtsmediziner schüttelte sein ergrautes Haupt. »Wir können sagen, ob es 10 000 Jahre sind oder 100 000 Jahre, aber nicht auf das Jahrzehnt genau. Selbst bei Funden von ein und demselben Friedhof ist das nicht möglich. Wenn ihr zwei eine Methode entwickeln solltet, die Wissenschaft wäre euch dankbar.«
    »Leider müssen wir da passen, Herr Doktor.« Vollert hatte diesen Satz gesprochen, denn Kröger war völlig in Gedanken versunken.
    »Der Meister denkt wohl?« Dr. Hüpenbecker sprach leise, so als wollte er Kröger nicht stören.
    »Ja. Er probiert öfter neue Sachen aus. Heute mal das Denken.« Vollert grinste, als hätte er einen besonders guten Witz gerissen.
    »Ich werd’ euch gleich …! Ich glaube, ich muss dich an dein Unterstellungsverhältnis erinnern, Kollege.« Und zum Gerichtsmediziner gewandt: »Und du trink deinen Kaffee, sonst wird er noch kalt.« Dann griff er sich das Telefon und rief im Labor der Spurensicherung an. Das Gespräch war kurz. Viel konnten die Mitarbeiter der Spusi noch nicht sagen. Kröger musste seinen ganzen Charme aufbieten, um überhaupt einige Antworten zu bekommen. Als er auflegte, hatte er die Stirn krausgezogen.
    »Die vom Labor sagen, die Stoffreste und die Knöpfe gehören zu einer SS-Uniform. Viel mehr haben sie noch nicht. Außer, dass sie noch eine Kartentasche unter den Stoffresten gefunden haben. Der Tote muss direkt darauf gelegen haben.« Er nahm sich ein Blatt Papier. »Die Kollegen von der Spusi geben an, dass diese Art von Uniform 1937 eingeführt wurde. Wenn wir davon ausgehen, dass niemand Anfang Mai 1945 mehr so rumlief, dann haben wir acht Jahre. Acht Jahre, auf die wir uns konzentrieren können, oder hast du als Arzt eine andere Meinung?«
    Dr. Hüpenbecker setzte die Tasse ab, überlegte einen Augenblick und schüttelte den Kopf. »Ich kann dir nur ein Zeitfenster nennen.«
    »In Ordnung!« Kröger nickte. Er hatte Verständnis für Hüpenbeckers Vorsicht und achtete die Meinung des Rechtsmediziners. »Wir setzen dann den Zeitraum von 1937 bis Mai 1945 als Arbeitshypothese an.«
    »Ich würde den Zeitraum nach September 1939 legen, bis Kriegsende.« Vollert schaute von einem zum anderen.
    »Begründung?« Kröger hatte den Stift, mit dem er sich Notizen machte, weggelegt.
    »Nun, ich stelle mir vor …, also wenn 1937 ein SS-Mann verschwand, das muss doch aufgefallen sein.«
    »1939 nicht?«
    »Da war Kriegsbeginn!«
    »Richtig, aber trotzdem verschwanden auch schon vorher Menschen, und dass es sich um einen SS-Mann handelt, ist auch nur hypothetisch. Wir haben zu wenige Anhaltspunkte, und ich glaube nicht, dass die Staatsanwaltschaft uns mit weiteren Ermittlungen beauftragt. Also, wir nehmen als Hypothese den Zeitraum von 1937 bis Kriegsende. Dein Einspruch wird abgelehnt, Carsten.«
    Der nickte und fragte dann den Arzt: »Der Zahnstatus, würde der uns weiterhelfen?«
    »Wenn ich Vergleichsmaterial hätte, dann schon, aber so? Wobei …«
    »Ja?«
    »Die stomatologischen Arbeiten waren von hoher Qualität. Da wurde Gold verwendet und die Zähne sind in einem sehr guten Zustand. Die wurden gepflegt!« Er stand auf, gähnte herzhaft und verabschiedete sich.
    »Viel konntest du ja noch nicht sagen.« Kröger sah enttäuscht aus.
    »Du wirst es überleben, Horst. Wenn du heute Feierabend machst, dann schalt ab und lass dich von deiner Frau mal so richtig verwöhnen.«
    Vollert lachte kurz auf: »Oh ja, das wird unserem Strohwitwer richtig guttun!«
    »Wieso Strohwitwer?« Der Gerichtsmediziner schaute von einem zum anderen.
    »Meine Frau ist seit gestern in Schweden, mit ihrer Schulklasse. Sonst noch Fragen?« Krögers Lächeln wirkte gequält.
    Vollert, der um den Gemütszustand seines Kollegen wusste, versuchte ihn aufzuheitern:
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