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Sommerzeit

Titel: Sommerzeit
Autoren: Mari Jungstedt
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ihn zwischen die Augen. Der Knall ließ die Möwen mit ängstlichem Geschrei von der Wasseroberfläche auffliegen.

    K riminalkommissar Anders Knutas war in der geräumigen Bauernküche seiner Schwiegereltern beschäftigt, während die übrige Familie schlief. Er wollte sie mit seinem Spezialfrühstück überraschen, Pfannkuchen mit Ahornsirup, wie es sie in den USA gab. Sie schmeckten fast wie Zuckerkuchen, und wenn sie warm waren, zergingen sie auf der Zunge. Knutas war kein Meisterkoch, aber zwei Spezialgerichte beherrschte er zur Perfektion – Makkaroniauflauf und Pfannkuchen.
    Nachdem er den Teig angerührt hatte, ließ er ihn eine Weile ruhen. Nahm seine Kaffeetasse und setzte sich auf die Vortreppe. Das Haus lag auf einer Landzunge am Rand eines kleinen Fischerortes auf Fünen, auf allen Seiten von Meer umgeben. Seit ihrer Ankunft hier hatte ununterbrochen die Sonne geschienen. Zuerst hatte Knutas nur mäßig begeistert reagiert, als Line zwei ganze Wochen in Dänemark vorgeschlagen hatte. Er hätte den Urlaub lieber genutzt, um an ihrem eigenen Sommerhaus in Lickershamn auf Nordgotland herumzupusseln. Aber Line hatte ihn überreden können. Ihre Eltern waren ausnahmsweise einmal verreist, und sie hatten das Haus ganz für sich. Außerdem hatte sie oft Heimweh nach Dänemark.
So gern sie auch in Schweden lebte, ihr Herz war in ihrer Heimat geblieben.
    Nach einer Woche auf Fünen war Knutas dankbar für Lines Unnachgiebigkeit. So entspannt hatte er sich seit vielen Jahren nicht mehr gefühlt. Ein ganzer Tag konnte vergehen, ohne dass er an seine Arbeit dachte. Und das Wetter war fantastisch, viel besser als zu Hause. Sie hatten gebadet, geangelt und raue Mengen an Meeresfrüchten vertilgt, die hier viel besser schmeckten. Abends schlenderten sie durch die Stadt, saßen am Meer und tranken Wein, spielten nach Einbruch der Dunkelheit auf der Veranda Karten. Die Zwillinge Petra und Nils waren begeistert. Die Kinder hatten in den vielen Sommern, in denen sie die Großeltern hier besucht hatten, etliche Freundschaften geschlossen, und tagsüber ließen sie sich kaum blicken. Sie wurden bald sechzehn, und Zeit mit den Eltern verbringen stand nicht gerade ganz oben auf ihrer Wunschliste.
    Im Moment kam denen das nur gelegen. Knutas und Line brauchten Zeit für einander. Er liebte seine Frau, aber seit dem Frühling war ihre Beziehung ins Stocken geraten. Nach einem weiteren komplizierten Mordfall war er müde und erschöpft, fühlte sich schuldig und zerbrach sich noch lange danach den Kopf. Seine Kraft reichte nicht, um sich auch noch um Line zu kümmern.
    Sie beklagte sich darüber, dass er abwesend und gleichgültig sei, was natürlich auch stimmte. Sie hatten beide erwartet, dass die Liebe wieder aufglühen würde, jetzt, wo sie endlich gemeinsam Urlaub machen konnten. Aber so war es nicht gekommen. Sie lebten beide weiter nebeneinander her, mit ihrem Sexualleben war nicht mehr viel los, aber keiner von beiden hatte großes Interesse daran, die Initiative zu ergreifen.

    Nicht, dass er Line unattraktiv gefunden hätte, das nun wirklich nicht. Sie war so schön wie immer, mit ihren feuerroten langen Haaren, ihrer sommersprossigen Haut und ihren warmen Augen. Aber sie war wie ein Möbelstück geworden, ein bequemer Sessel, den man zu Hause stehen hat. Ruhe und Geborgenheit schenkend, behaglich, aber nicht sonderlich spannend. Line arbeitete im Krankenhaus von Visby als Hebamme und liebte ihre Arbeit sehr. Sie erzählte dieselben Geschichten über die Mütter und deren Leiden mit demselben glühenden Enthusiasmus und brennenden Interesse wie immer. Er hatte diese Geschichten schon tausendmal gehört. Früher hatte er sie unterhaltsam und interessant gefunden, jetzt hörte er höflich zu und dachte dabei an etwas anderes. Seine Gleichgültigkeit beunruhigte ihn. Vielleicht machte er einfach nur ein Tief durch. Es war nicht so, dass er anderen Frauen nachguckte, das nun wirklich nicht. Sein Sexualtrieb war eingeschlafen, Sex erschien ihm kaum der Mühe wert. Manchmal fragte er sich, ob das etwas mit seinem Alter zu tun haben könnte. Aber er war erst zweiundfünfzig.
    Das Frühjahr war in jeder Hinsicht anstrengend gewesen. Das Wetter kalt und regnerisch. Bei der Arbeit hatte er sich um eine Menge Papierkram und Verwaltung kümmern müssen, die er verabscheute. Er hatte das Gefühl, immer im Rückstand zu sein. Mit Karin Jacobssons Beförderung zu seiner Stellvertreterin war er jedoch zufrieden. Karin stand ihm nicht
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