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Sommerrot

Sommerrot

Titel: Sommerrot
Autoren: Leah Moorfeld
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sitzend musterte.
    « Terratec GmbH, Lena Blum am Apparat. Mit wem spreche ich?»
    Inst ändig hoffte ich, dass weder Tino noch mein Gesprächspartner das leichte Zittern in meiner Stimme bemerkten. Am anderen Ende meldete sich ein Geschäftsfreund.
    « Ach, Herr Walldorfer! Was kann ich für Sie tun?»
    Ich vertiefte mich in das Gespr äch, während ich Tino zu ignorieren versuchte. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie er etwas auf ein leeres Blatt kritzelte und dann im Büro seines Vaters verschwand. Als mein Gespräch endlich zu Ende war, betrachtete ich das Blatt und staunte. Kein Text, keine Telefonnummer stand darauf. Tino hatte mir etwas mit roter Farbe gemalt – die Konturen zwei sich küssender Gesichter. Die Personen schienen auf dem Boden zu liegen und über ihnen leuchte eine gelbe Sonne. Was Tino mit nur wenigen Strichen aufs Papier gebracht hatte, wirkte so kunstvoll und emotional, dass mein Blick minutenlang darauf haftete. Plötzlich flog die Tür zum Büro meines Chefs auf und Angelus Senior trat zusammen mit seinem Sohn heraus.
    « Frau Sommer, bitte sagen sie alle Termine für heute Vormittag ab! Für dringende Fälle können sie mich auf dem Handy erreichen.»
    « Natürlich, Herr Angelus! Herr Walldorfer hat eben angerufen, er lässt sich sowieso für heute entschuldigen – er ist an Grippe erkrankt. Ich habe den Termin auf nächste Woche verschoben.»
    « Perfekt, das trifft sich gut! Ab drei Uhr bin ich dann wieder im Hause.»
    Als er sich mit seinem Sohn im Schlepptau zum Gehen um wandte, drehte Tino noch einmal den Kopf und zwinkerte mir vielsagend zu. Das war das letzte mal gewesen, als Tino mich freundlich behandelte. Wobei freundlich wohl das absolut falsche Wort schien – liebevoll, zärtlich, leidenschaftlich und innig trafen es wesentlich besser. Fast wären mir bei der Erinnerung daran die Tränen aus den Augen gequollen. Aber nein, ich will auf keinen Fall um ihn heulen, bei allem, was er mir angetan hatte, sollte die Wut in mir die Oberhand behalten. Das Fernsehbild flimmert vor meinen Augen – es läuft ein Sportsender mit einem Bericht über Triathlon – das muss ich mir nun wirklich nicht antun. Da ich mich sowieso auf keine Sendung konzentrieren kann, knipse ich den Fernseher wieder aus und lege stattdessen eine CD mit klassischer Musik auf. Bei Vivaldi und Pachelbel kann ich mich immer am besten entspannen. Gerade will ich mich wieder auf die Couch legen, da schreckt mich das Haustelefon auf. Das kann nur Tino sein! Jeder andere muss annehmen, dass ich auf der Arbeit bin. Wütend greife ich nach dem Hörer und blöke ein unfreundliches «Hallo» hinein.
    «Ä h, Lena, bist du das?», fragt eine unsichere Frauenstimme am anderen Ende. Meine beste Freundin Mirabell! Ich atmete beruhigt durch.
    « Ach, hallo Mira! Schön dich zu hören!»
    « Was war denn eben los? Hast du dich über etwas geärgert?»
    « Ja, aber ist nicht so wichtig? Wie geht es dir?»
    « Lena, ich muss dir unbedingt was erzählen! Ich hab's die ganze Zeit über dein Handy versucht, aber es ist aus. Und da dachte ich, es stimmt etwas nicht mit dir und hab's auf der Arbeit versucht. Huu, war die unfreundlich die Dame! Sie blaffte mich nur an, du seist nicht da und legte wieder auf!»
    « Das war sicherlich Natalie!» warf ich dazwischen, aber Mirabell schien es gar nicht zu hören und redete einfach weiter.
    « Bist du krank, oder weshalb treffe ich dich heute zu Hause an?»
    « Ich bin nicht krank. Aber das Klima auf der Arbeit war einfach nicht mehr auszuhalten!»
    « Tatsächlich? Das klingt ja dramatisch. Du musst mir später alles haarklein erzählen. Aber jetzt habe ich erst einmal eine wichtige Neuigkeit! Ich hab nämlich einen genialen Job in einer renommierten Modefirma ergattern können. Na, was sagst du?»
    « Das klingt fantastisch! Gratuliere!»
    Mirabells überschwängliche Euphorie springt auf mich über und drängt langsam alle trüben Gedanken beiseite. Aber sie ist so weit weg und Treffen kommen nur selten zustande. Dabei benötige ich dringend Freunde, mit denen ich auch mal was unternehmen kann, die mich trösteten, wenn's mir schlecht geht und mit denen ich mich so richtig ausquatschen kann. In unserem Heimatort hatte Mirabell diese Rolle perfekt ausgefüllt, aber hier weit weg von ihr, schien unsere Freundschaft leicht eingeschlafen durch die viele Arbeit und die große Entfernung.
    « Danke, aber das allerbeste kommt noch, Lena! Weißt du, wo diese Firma ihren Hauptsitz hat, und wo
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