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Sommerrot

Sommerrot

Titel: Sommerrot
Autoren: Leah Moorfeld
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Damals. Und immer, wenn ich mal einen Vorstoß wagte, um der Beziehung wieder Lebendigkeit zu verleihen, wich mir Marcus aus, bis ich schließlich frustriert jeden Annäherungsversuch aufgab. Sowohl der Austausch von Zärtlichkeiten als auch der Sex erlangten einen ungeahnten Tiefpunkt, indem auf diesem Gebiet einfach überhaupt nichts mehr lief. Eigentlich waren die Vorzeichen deutlich, aber vielleicht wollte ich sie einfach nicht an mich heran lassen. Deshalb traf es mich ganz unvorbereitet, als er dann eines Abends nicht nach Hause kam. Es war in der letzten Zeit oft später bei ihm geworden. 'Stress auf der Arbeit', hatte er nur dazu gesagt. Aber als ich seinen Teil des Bettes am nächsten Morgen leer vorfand, wanderten abwechselnd heiße und kalte Wellen über meinen Körper hinweg. Beim Öffnen seiner Schränke sprang mir eine gähnende Leere entgegen und auch sonst hatte er nichts von sich im Haus zurück gelassen. Da Samstag war, rief ich seinen Chef zu Hause an.
    « Herr Melina ist im Urlaub auf den Bahamas. Wussten sie das nicht?», blökte er missmutig durchs Telefon. Fassungslos legte ich auf.
    'Auf den Bahamas? Wir sparen jeden Cent f ür diese verdammten Raten für dieses verdammte Haus weg und er fliegt ohne eine verdammte Erklärung und ohne Abschied auf die verdammten Bahamas?'
    Ich lie ß mich ins Sofa fallen und starrte vor mich hin – den ganzen Tag lang, bis ich gegen Abend erschöpft in den Schlaf sank. Ich konnte nicht einmal weinen. Die Welt um mich herum wirkte einsam, unwirklich und düster. Als ich mich am nächsten Tag aufraffte, das Haus zu saugen, entdeckte ich dann den Abschiedsbrief unterm Bett. Genau genommen handelte es sich um einen gelben Post-IT-Aufkleber mit der eilig hingekritzelten Aufschrift:
     
    Sorry Schatzi,
    hab mich verliebt. Du kommst sicher alleine klar.
    Viel Glück und alles Gute
    Marcus.
     
    'OK, er hat sich also verliebt. Kann ja passieren!', dachte ich, aber die Wut begann in mir zu sch äumen.
    'Was denkt er sich eigentlich, mich hier alleine sitzen zu lassen? Einfach ohne ein Wort zu verschwinden! Er vergn ügt sich auf den Bahamas mit einer Anderen und ich hänge auf den Raten für das Haus? Ich werde es wohl verkaufen müssen! Dieser elende Mistkerl!'
    Ich verteilte w ütende Boxhiebe gegen das Kissen, bis die Nähte auseinander platzen, Schaumgummiflöckchen herausquollen und sich auf dem Sofa verteilten. Ich malte seinen Namen mit Lippenstift auf den Spiegel und strich ihn wütend immer wieder durch, bis nichts als rote Schmiere davon übrig blieb. Die nächsten Tage verbrachte ich wie in Trance. Mechanisch führte ich alle täglichen Notwendigkeiten durch. Seither war nun schon ein halbes Jahr vergangen und ich hatte mich damit arrangiert. Das Auto musste ich verkaufen, um die Raten fürs Haus weiter bezahlen zu können. Deshalb radelte ich nun täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit und versuchte mir die Situation damit schön zu reden, dass ich mir sagte, dies wäre ja auch besser für die Gesundheit. Weil ich die Raten auf Dauer unmöglich alleine stemmen konnte, stellte ich das Haus zum Verkauf, aber bisher hatte sich nicht einmal ein potentieller Käufer dafür gemeldet und die monatlichen Kosten wuchsen mir langsam über den Kopf. Ich kam auf die Idee, mich nach einem Untermieter umzusehen, aber außer einer Studentin, der die Zimmermiete von 200 EUR dann doch zu hoch war und einem übel riechenden Mann mit braunen Zähnen, hatte sich niemand auf meine Anzeige gemeldet.
     
    Mein Smartphone reißt mich aus den Gedanken. Ich ziehe es hervor und betrachte das Display. Dort blinkt die Nummer meines Chefs. Was bildet er sich eigentlich ein? Erwartet er tatsächlich, dass ich mich noch einmal in seine Nähe begebe? Wütend drücke ich auf 'Anruf abweisen' und versenke das Smartphone wieder in meiner Tasche. Eine Weile herrscht Stille. Die Sonne blinzelt zwischen den sommergrünen Blättern hindurch und wirft ein wandelndes Licht- und Schattenspiel auf mich herab. Ich ignoriere das leise Grummeln meines Magens. Das Frühstück war viel zu dürftig ausgefallen. Ich sollte wirklich mehr auf mich achten, aber meine innere Verfassung lässt das einfach nicht zu. Stunde um Stunde vergeht, ohne dass ich mich vom Fleck bewege. Die Sommersonne breitet immer mehr ihre Wärme über mir aus, so dass ich schließlich meine Jacke ausziehe und die hellen Strahlen auf meinem Gesicht in mich einsauge. Das Smartphone habe ich inzwischen ausgeschaltet, damit es mich nicht
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