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Sommernachts-Grauen

Sommernachts-Grauen

Titel: Sommernachts-Grauen
Autoren: Susan Mennings
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ich an Claus augenblicklich entdeckte. Sie stachen mir regelrecht ins Auge, denn er hielt seine Füße weit ausgestreckt neben den Tisch, sodass ich beinahe über sie gestolpert wäre, als ich an ihn heran trat.
    „Hi, bist du Claus?“, fragte ich vorsichtshalber.
    Er sah auf und nickte mit dem Kopf. Sehr gesprächig schien er nicht zu sein. Daher setzte ich mich und bestellte ein Bier. Er hatte seins bereits über die Hälfte geleert. Der Aschenbecher auf dem Tisch war voller Kippen und ich wusste, dass sie alle von ihm stammen mussten. Martin, der Wirt, den wir alle nur Ecke nannten, weil die Kneipe ‚Zur Ecke‘ hieß, was wohl ihrem Standort geschuldet war, achtete penibel darauf, dass die Aschenbecher geleert wurden, bevor neue Gäste kamen.
    Martin hatte die Kneipe vor einigen Jahren übernommen und sah keinen Grund, den Namen zu ändern, obwohl er sonst großen Wert darauf legte, den Mief alter Männer, die hier früher ihr Feierabendbier getrunken hatten, herauszubekommen. Ich traf mich regelmäßig mit meinen Freunden hier. Die Kneipe war nur fünf Minuten von meiner Wohnung entfernt und wenn ich einen schlechten Tag in der Boutique hatte, nahm ich gern einen kleinen Umweg in Kauf und ging auf direktem Weg hierher, um das Wochenende einzuläuten.
    Noch immer hatte Claus kein Wort gesagt. Ich wartete auf mein Bier, trank einen tiefen Schluck, als es mir serviert wurde und sah ihn an. Nicht nur die Cowboy-Stiefel passten nicht zu dem, was ich gewohnt war. Claus legte auch offensichtlich keinen großen Wert auf seine Haare, die langweilig an seinem Kopf herunterhingen.
    Unnütz zu sagen, dass er kein Gel benutzte. Seine dunkelblonden Haare sahen so aus, als ob er sie selbst geschnitten hätte. Ohne etwas zu sagen, mich dabei ansehend, nahm er sich eine weitere Zigarette aus der Schachtel. Seine Finger waren dreckig, unter den Nägeln hing dunkles Motoröl und die Haut sah rissig aus. Von dem würde ich mich niemals anfassen lassen, entschied ich. Aber deswegen war er nicht gekommen.
    Mit der Zigarette im Mund beugte er sich zu der auf dem Tisch stehenden Kerze, die in einer Weinflasche steckte und als solche kaum mehr zu erkennen war. Das Wachs unzähliger Kerzen war an ihr herunter getropft.
    „Du weißt aber schon, dass ein Seemann stirbt, wenn du eine Zigarette an einer Kerze ansteckst?“, gab ich zum Besten.
    „Is’ mir doch wurscht“, sagte Claus ohne die Zigarette aus dem Mund zu nehmen, führte sie in die Flamme, sodass sie leicht knisternd Feuer fing, um dann seine typischen Rauchschwaden abzugeben.
    „Du rauchst aber echt viel.“
    „Stört dich das?“
    „Nein, überhaupt nicht, ist mir egal. Wenn du dich an gewisse Regeln hältst.“
    „Von Regeln halte ich nichts.“
    „Das ist aber schade.“
    Claus trank sein Bier aus und ich nahm an, er würde aufstehen und gehen. Aber er bestellte sich ein weiteres.
    „Wollen wir was essen?“, fragte er mich, als das Bier gebracht wurde.
    „Willst du mich einladen?“
    „Wenn es was nützt, dann ja.“
    „Du musst dich nicht einschleimen. Mir würde es reichen, wenn du dir meine Regeln erst einmal anhören würdest.“
    „Kann ich machen, aber ich kann dir gleich sagen, dass ich mich nicht daran halten werde.“
    „Sag mal, willst du denn nun ein Zimmer haben oder nicht?“
    „Klar, ich brauch dringend eine Bleibe, aber ich mach nichts, was mir nicht gefällt.“
    „Aber du arbeitest doch, da wirst du dich auch an Regeln halten müssen.“
    „Eben. In meiner Freizeit mach ich, was ich will und keiner redet mir rein.“
    „Ich will dir nichts vorschreiben.“
    „Doch, du hast Regeln.“
    „Okay, dann umschreibe ich das mal anders. Also, wenn du bei mir wohnen möchtest, gibt es Dinge, die du beachten solltest. Sonst gibt es Ärger mit mir und ich kann dir sagen, das willst du nicht.“
    „Ich glaube, ich will überhaupt nicht bei dir einziehen. Das wird nix mit uns.“
    „Mann, jetzt stell dich doch nicht so dämlich an, du Blödkopp.“
    Zu meinem Erstaunen winkte Claus der Bedienung, die daraufhin an unserem Tisch auftauchte.
    „Was willst du essen?“, fragte er mich.
    Ich war etwas irritiert und überlegte schnell, ob es nicht besser sei einfach zu verschwinden.
    „Ich nehm ‘nen Croque Madam“, entschied ich spontan.
    „Okay, ich nehm dann die Zwiebelsuppe. Ihr habt doch Zwiebelsuppe?“
    „Sicher“, sagte die Bedienung und verschwand wieder.
    Ich nahm einen Schluck Bier, da ich nicht wusste, was ich Claus sagen sollte,
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