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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis
Autoren: Melissa Marr
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sich eingeredet hatte. Er war weder so schlimm, wie Niall glauben wollte, noch so freundlich, wie er zuerst gewirkt hatte. Er verdient es trotzdem nicht, in ihrer Nähe zu sein.
    Inzwischen hatten sich noch andere Sterbliche zu Leslie gesellt. Einer von ihnen sagte etwas, woraufhin sie laut auflachte.
    Niall stellte sich vor den König der Finsternis. »Sie ist von dir befreit. Wenn du …«
    »Entspann dich, Junge.« Er lachte leise. »Glaubst du wirklich, ich wollte ihr wehtun?«
    »Du hast ihr wehgetan.«
    »Ich habe sie ihrer Wahlfreiheit beraubt, als ich sie vor dem Tintentausch nicht gewarnt habe. Ich habe sie benutzt. Ich habe dasselbe getan, was wir beide schon immer mit Sterblichen getan haben.«
    »Das ist …«, begann Niall.
    » Genau das Gleiche wie das, was dein letzter König mit seiner hübschen Königin und allen seinen vormals sterblichen Gespielinnen gemacht hat.« Irial hielt inne. Er hatte eine seltsam feierliche Miene aufgesetzt. »Aber das wirst du ja bald selbst herausfinden.« Er schaute an Niall vorbei zu Leslie und ihren sterblichen Freunden hinüber und fuhr fort: »Ich habe dich einst vor die Wahl gestellt, mir entweder die Sterblichen zu überlassen, die du süchtig gemacht hattest, oder dich mir selbst auszuliefern. Du hast dich selbst ausgeliefert. Das ist genau das, was ein guter König tut, Gancanagh – er trifft auch unbequeme, schmerzhafte Entscheidungen. Du weißt, was wir sind, und trotzdem hast du unsere Geheimnisse bewahrt. Du stellst deine Liebe zu Leslie zurück, weil es zu ihrem Besten ist. Du wirst ein hervorragender König sein.«
    Und bevor Niall reagieren konnte, presste Irial seinen Mund auf die lange Narbe, die Gabriel einst auf seine Erlaubnis hin in Nialls Gesicht geschlagen hatte. Niall spürte, wie seine Knie nachgaben, spürte, wie eine beunruhigende neue Energie in seinen Körper strömte, spürte, wie sich das Bewusstsein zahlloser Dunkelelfen mit ihm verband, als knüpften sich Fäden zu einem riesigen Gewebe.
    »Sorge gut für den Hof der Finsternis. Er hat es verdient. Er hat dich verdient.« Irial verneigte sich. »Mein König.«
    »Nein.« Niall stolperte rückwärts, taumelte über den Gehsteig und wäre beinahe zwischen die fahrenden Autos gestürzt. »Ich will das nicht. Ich habe dir schon gesagt …«
    »Der Hof braucht neue Kraft, Gancanagh. Ich habe uns durch Beiras Regierungszeit geführt, habe Wege gefunden, uns zu stärken. Ich bin müde – Leslie hat mich mehr verändert, als ich je zugeben würde, selbst dir gegenüber. Mag ja sein, dass du unsere Verbindung gekappt hast, mich aus ihrer Haut herausgebrannt hast, aber das macht diese Veränderungen nicht ungeschehen. Ich bin nicht mehr stark genug, um diesen Hof zu regieren.« Irial lächelte traurig. »Mein Hof – der jetzt dein Hof ist – braucht einen neuen König. Du bist die richtige Wahl. Du warst schon immer dazu bestimmt, der nächste König der Finsternis zu sein.«
    »Mach es rückgängig!« Niall spürte, dass seine Worte kindisch waren, aber etwas Besseres fiel ihm gerade nicht ein.
    »Wenn du nicht willst …«
    »Ich will nicht.«
    »Dann such selbst jemanden aus, den du für würdig erachtest, König zu werden.« Irials Augen leuchteten ganz leicht auf. Die verführerische Energie, die immer wie ein Dunst um ihn schwebte, hatte nun etwas von ihrer überwältigenden Intensität verloren. »In der Zwischenzeit biete ich dir etwas an, das ich noch nie jemandem angeboten habe – meine Gefolgschaft, Gancanagh, mein König.«
    Er kniete mit gesenktem Haupt nieder, direkt dort auf dem überfüllten Gehsteig. Einige Sterbliche verrenkten sich die Hälse, um nichts zu verpassen.
    Als ihm klarwurde, was gerade passiert war, starrte Niall ihn entgeistert an – Irial, den letzten König der Finsternis. Er würde sich einfach den nächstbesten Dunkelelfen schnappen, den er sah, und … seine Macht irgendeinem zufällig ausgewählten Elfen übertragen ? Einem Dunkelelfen? Er dachte an Bananach und die Söldnerelfen, die umherzogen, um Krieg und Gewalt zu verbreiten. Irial war, verglichen mit Bananach, sehr gemäßigt. Niall konnte den Hof nicht einfach irgendjemandem überlassen, nicht guten Gewissens, und Irial wusste das.
    »Das Oberhaupt des Hofs der Finsternis wurde schon immer aus dem Kreis der ungebundenen Elfen ausgewählt. Nachdem du abgelehnt hattest, habe ich lange nach einem anderen gesucht. Doch dann wurde mir klar, dass ich darauf wartete, dass du Keenan verlässt.
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